Archiv für den Monat Januar, 2011

Linpus und „Schreibrechte“

Sonntag, 9. Januar 2011

Ich bin seit drei Tagen stolzer Besitzer eines Acer Aspire One mit Linpus Lite, der drei Jahre ungeöffnet in einem Schrank vor sich hindämmerte. Ich will ihn als Notizblock einsetzen, weil er schnell startet und ziemlich ruhig ist. Hauptsächlich morgens um Drei soll er die Zettelarbeit ersetzen. Gestern machte ich während der Puccinioper einen Haupttest, der wegen eines Problems in die Hosen ging, das wenigstens auf Deutsch nirgends beschrieben wird. Nach dem Schreiben kopierte ich die Datei auf einen 150MB USB-Stick, ebenfalls geschenkt, als Occasion. Fast zehnmal wiederholte ich diesen Vorgang, weil auf dem PC so lange die Datei fehlerhaft oder überhaupt nicht erschienen war. Heute Morgen früh und nach dem Heimkommen abends untersuchte ich das Verhalten des Computers mit diesem Stick und einem CompactFlash-Medium an einem Kartenleser, ständig am PC herumgooglend (keine Wlan-Verbindung hier). Es gelang nie, etwas auf diesen externen Medien zu schreiben oder zu löschen – ab und zu gelang das Schreiben, also Copy & Paste, niemals aber das Löschen. Da ich selbst nie einen eigenen Computer mit Win2000 hatte, einen solchen aber eine gewisse Zeitlang andernorts betreute, brauchte es einen Moment, bis mir in den Sinn kam, dass bei Windows 2000 immer eine Meldung ausgegeben wurde, wenn man ein Wechselträgermedium vom Computer abzog, ohne es vorher regelkonform abzumelden. Genau das muss bei dieser Linux-Version berücksichtigt werden: dass der Wechseldatenträger vor dem Ausstecken unter rechter Maustaste abgemeldet werden muss, mit „Datenträger aushängen“. Mit den komplizierten Schreibrechten, Passwörtern und Administratorenmeldungen hat das Problem nichts zu tun.

Zusatz: Vor diesem Problem musste noch am ersten Tag ein anderes gelöst werden, die normale Anzeige eines externen Mediums überhaupt, die Reparatur des sogenannten Automounts. Dateimanager/Bearbeiten/Einstellungen/Fortgeschritten/Datenträger aktivieren Ja, dann von hier weiter zu Verwaltung/Wechseldatenträger und alle Kästchen aktivieren. Dateimanager schliessen und Terminal starten,

sudo mousepad /usr/bin/xfcepost

Es öffnet sich eine Datei, hier die Zeile sleep 10 suchen. Auf eine neue Zeile darüber ist hoffnungsvoll zu schreiben: „killall Thunar“ (ohne Händehochzeichen). Nun den Computer neustarten. So einfach geht das mit Linpus. Die Quelle der Information: http://linpus-starter.blogspot.com/2008/12/automount-reparieren.html

Puccini live von New York

Sonntag, 9. Januar 2011

Gestern auf Bayern 4 (und auf sehr vielen anderen Radiostationen…): Giacomo Puccini, „La fanciulla del West“, Minnie – Deborah Voigt, Dick Johnson – Marcello Giordani, Jack Rance – Lucio Gallo, Chor und Orchester der Metropolitan Opera, Leitung: Nicola Luisotti

Ich hätte nicht gedacht, dass mich Puccini dazu verleiten könnte, eine Notiz zu deponieren, ein musikalisch farbloser Unterhaltungskomponist zwischen Mahler und Strauss. Aber der zweite Akt hat es unverhofft in sich, die Musik ist spannend und sehr abwechslungsreich, und das Gebaren auf der Bühne erinnert nicht schlecht an die Spaghettiwestern der 1970er Jahre. Trotz ernsthaft gewachsenem Interesse verzichtete ich auf den dritten Akt, denn auch wenn die Newyorker verdienstvoll das Werk als Matinee-Oper ins Werk setzen und es so wegen der Zeitverschiebung hier zu den gewohnten abendlichen Konzertzeiten live genossen werden kann, müssen die alten Werktätigen EurOpa’s früher ins Ruhebett als die Jungspunds der Neuen Welt.

Sonnensfinsternis

Dienstag, 4. Januar 2011

Sonne soeben in Bümpliz um 9.00 Uhr, links der Aussichtsturm des Gurten:

Nach 45-minütigem ergebnislosen Absuchen der Walliser und Bündner Webcams war die Verblüffung zu gross, die Sonne fast zum idealen Zeitpunkt (9.15 Uhr statt 9 bis 9.07 Uhr) vor dem Haus zu haben, um untätig zu bleiben, die Vorbereitung umgekehrt zu schlecht, um im Bilde zu sein, was für eine brauchbare Ablichtung des Tatbestands der Verfinsterung zu tun wäre. Immerhin hatte ich nicht vergessen, dass grosse Brennweiten gefährlich werden. Der Mond käme von links oben, so dass man schon jetzt nur eine Gondel sehen sollte. Ob die Abdeckung oben von der Wolke oder vom Mond stammt? KB 70mm, ISO 100, F5, 1/3200s, kleiner Ausschnitt.

Holliger, Nono, Dallapiccola, Mochizuki, Billone

Montag, 3. Januar 2011

France Musique, 17 novembre 2010 à l’Amphithéâtre de l’Opéra Bastille.

Heinz Holliger, Rosa Loui (2009), quatre chants pour chœur a capella en dix versions, sur des poèmes en dialecte bernois de Kurt Marti, SWR Vokalensemble Stuttgart. – Berner Dialekt, von Deutschen in Paris gesungen, dem Namen nach im Hinblick auf die Schlucht am Ostfuss des Eigers gedichtet, der Rosa Loui und also ohne Bezug auf einen rosaroten Louis, und in Bümpliz près Berne von einem Nichtberner gerne gehört.

Luigi Nono, Donde estas hermano? (1982) pour quatre voix de femme avec Johanna Zimmer et Eva-Maria Schappé sopranos, Sabine Czinczel et Ulrike Becker altos, Marcus Creed direction musicale. – So kurz und mit so eingeschränkten Mitteln gemacht, und doch gleichzeitig so nah bei der (politischen) Sache der Wirklichkeit und im Aufscheinen der besseren Möglichkeit.

Luigi Dallapiccola, Tempus destruendi, tempus aedificandi (1971) pour chœur a cappella, I. Ploratus, II. Exhortatio (sur des vers de Paulin d’Aquilée et de Dermatus), Barbara van den Boom soprano, Ulrike Becker alto, SWR Vokalensemble Stuttgart. – Leicht hübsch und gewöhnlich erscheinend, nach Nono aufgeführt, eher zu Berio passend.

Misato Mochizuki, I. Halai (2009/10), pour trois voix de femmes, II. Musubi (2009/10), pour chœur a cappella (création, commande du SWR Vokalensemble et du Festival d’Automne), Wakako Nakaso et Kirsten Drope sopranos, Maria van Eldik mezzo-soprano, Ute Wille alto, Alexander Yudenkov ténor, SWR Vokalensemble Stuttgart. – Frivole Repetitionen, Wiederholungen und Anspielungen im Kontext eines Religiösen & Weltmusikhaften. Näher bei Parsifal als bei Nono, eher fern des Witzes & Esprits von Holliger und Marti. Das Spiel mit der Wiederholung ist immer gefährlich, katastrophisch. Stockhausen redivivus?

Pierluigi Billone, Muri IIIb pour Federico de Leonardis (2010), pour quatuor à cordes (création française), Quatuor Arditti. – Dynamische Quartettklänge, auf Wiederholungen so aufsetzend, dass sie aus dem Gleichgewicht geraten. Obwohl keine Gerichtetheit auszumachen ist und kein grösserer Verlauf als Intention kenntlich wird, lässt man sich von der Spannung im Detail ins grosse Voran treiben. Musik wie hingekritzelt, passt gut in die Disco, jedenfalls in diese hier.

Am besten hat mir das Stück von Nono gefallen, weil es trotz seiner Bescheidenheit an das grosse Werk Prometeo-Tragedia dell’ascolto erinnerte und die ganze intensive Stimmung wieder zu erzeugen vermochte, dem Publikum eindeutig die zwei Stücke der Japanerin Misato Mochizuki. Holligers Stück hatte einen unnötig schweren Stand, weil es am Anfang plaziert seine Eigenheiten noch nicht gegen die der anderen Stücke deutlich machen konnte: zwischen Halai-Musubi und Muri IIIb, wo dem Namen nach der neunzigjährige Dichter wohnt, hätte auch Rosa Loui noch mehr gefunkelt.

Ausgleichende Wettergerechtigkeit

Montag, 3. Januar 2011

Ha! Das ganze Wallis unterm Nebelmeer – und Bümpliz allein im goldenen Sonnenschein!

Cage, Varèse, Xenakis, Zappa, Saariaho, Holliger

Sonntag, 2. Januar 2011

Wie fast immer am Sonntag Abend ein gutes Mehrfachkonzert auf Espace 2, Cage leider mit einer Sirene, die eklige Schulzeiten wachrief und schlechte Träume auslösen wird, Varèse superbe, Xenakis als wie man gerne den ganzen Abend lang darin gebadet hätte und Zappa … genauso gut!

John Cage, Credo in Us mit Julien Annoni, Olivier Membrez, Vincent Membrez. Edgard Varèse, Ionisation mit Julien Annoni, Olivier Membrez, Serge Vuille, Christoph Brunner, Ivan Manzanilla, Michel Zbinden, Vincent Boillat, Lucas Gonseth, Louis-Alexandre Overney, Luc Hemmer, Johannes Knopp, Baptiste Grand, Manuel Linder. Iannis Xenakis, Les Pléïades, (extrait), Peaux mit Julien Annoni, Olivier Membrez, Alexandre Overney, Pascal Pons, Luc Hemmer, Johannes Knopp. Frank Zappa, The black page mit Julien Annoni, Olivier Membrez, Manuel Linder. (16. März 2008, Bevilard)

Kaija Saariaho, Nymphea (Jardin secret III), pour quatuor à cordes et live-electronic (1987/2001), Quatuor Asasello mit Rostislav Kojevnikov, Barbara Kuster, Justyna Sliwa, Andreas Müller, Elektronik Alessandro Ratoci. (27. Oktober 2008, Lausanne) Kaum eine halbe Stunde, die ersten zwei Drittel im Zuhören mit dem Kiefer auf den Knien, das letzte in fahrigen Passagen erlebt, als ob eine akute Unlust zu komponieren direkt komponiert worden wäre.

Holliger Heinz, Beiseit, pour contre-ténor, accordéon, contrebasse, clarinette et clarinette basse mit dem Nouvel Ensemble Contemporain und Daniel Gloger. (1. April 2009, Neuchâtel) Ich gewöhne mich wohl kaum je an Walser und die Countertenöre, nur die Musik dazwischen überwuchert wenigstens die Clownerien, ernsthaft.

Pelléas & Mélisande in New York

Samstag, 1. Januar 2011

Pause zwischen dem dritten und vierten Akt der Oper Pelléas et Mélisande von Claude Debussy, live aus New York (Matinée), Chor und Orchester der Metropolitan Opera, Leitung: Simon Rattle. Das ist die vierte oder fünfte Version dieser Oper, die ich höre. Es hat lange gedauert, aber jetzt kapiere ich langsam, wie sie gebaut ist, wie antiwagnerisch, und wie man sie in vollen Zügen geniessen kann. Bei den ersten zwei Anhörungen hätte ich mir nicht einreden lassen, dass sie spannend ist. Sie ist es in jedem Moment, spannend, und alles andere als geschwätzig.

Der Fehler früher war, den Text nicht im voraus ernsthaft zur Kenntnis genommen zu haben. Man muss ein Verhältnis zu ihm einnehmen, ihn verstehen, um der Musik Debussys vertrauen zu können: sie folgt dem Text, der aus Aussparungen in gesellschaftlich und extistentiell stark gestörten Kommunikationsverhältnissen besteht, und führt eben diese unterdrückten Reden aus. – Eine Sehnsucht nach dem Bühnendekor besteht im übrigen nicht, da die bekannten Inszenierungen auf DVD in schlechter Erinnerung sind, die New Yorker Bilder auf Bayern 4 denselben entsprechen und die Musik in Tat & Wahrheit so stark ist, dass jeder Bilderschwulst nur stört und falsche Fährten legt.