Archiv für den Monat Mai, 2014

ICE Ensemble New York

Mittwoch, 28. Mai 2014

Soeben live auf WDR 3 Acht Brücken | Musik für Köln vom 8. Mai: International Contemporary Ensemble (ICE), Ensemble Garage, Leitung Duncan Ward.

John Zorn, The Tempest für Flöte, Klarinette und Schlagzeug // Maria Stankova, Variables für Ensemble // Felipe Lara, red für Flöte, Fagott und Klarinette mit Elektronik // Benedict Mason, Animals and the Origins of the Dance für Instrumentalensemble und Elektronik // Nathan Davis, Ghostlight für Klavier // George Lewis, Shadowgraph für Ensemble // Rick Burkhardt, Neues Werk für Violine, Viola, Violoncello und 2 Schlagzeuger, Uraufführung // John Zorn, Baudelaires für Ensemble

Nichtssagende Unterhaltungsmusik.

Qin, Shuya, Tiensuu, Wei, Eötvös

Montag, 26. Mai 2014

Soeben live auf France Musique concert enregistré le 16 mai à la Cité de la Musique (Paris) dans le cadre du cycle Made in China, du 16 au 23 mai 2014. Ensemble Intercontemporain, Matthias Pintscher, direction.

Wenchen Qin (né en 1966), The Sun Shadow VIII (L’Ombre du soleil) – création française.

Xu Shuya (né en 1961), San.

Jukka Tiensuu (né en 1948), Hehkuu – commande de l’Ensemble intercontemporain, création mondiale.

Wu Wei (né en 1970), Dragon Dance.

Peter Eötvös (né en 1944), Chinese Opera.

Ich wage leider nicht, eine redliche Kritik zu formulieren, aus Angst, die Website unter der Leitung von Maunzidong könnte noch einmal in China für weitere fast zehn Jahre gebannt werden. (Aber zugehört habe ich gerne, klar.)

Zimmermann, Die Soldaten

Sonntag, 25. Mai 2014

Soeben direkt live aus München auf Bayern 4 Bernd Alois Zimmermann: „Die Soldaten“, Bayerisches Staatsorchester, Marie: Barbara Hannigan, Leitung: Kirill Petrenko.

Ein grosses Werk, das ich trotz seinen Aufführungsschwierigkeiten nun schon oft habe hören können, dieses Jahr mit einem schlanken Bühnenbild, dem ich ebenso gerne gefolgt wäre wie der diskret und im Detail also ausserordentlich präzis aufgenommenen musikalischen Interpretation. Eine phänomenale Durchsichtigkeit ist es vielleicht, was diese Aufführung innen wie aussen auszeichnet.

Claudio Monteverdi, Marienversper

Sonntag, 25. Mai 2014

Soeben auf SRF 2 Claudio Monteverdi, VESPRO DELLA BEATA VERGINE MARIA 1610, Concerto Italiano, Rinaldo Alessandrini, Leitung, 2004.

Eine umwerfende Aufnahme, als ob man erst heute zu lernen verstünde, wie lebendig Monteverdi zu interpretieren sei, radikal entschlackt.

Pierre Boulez, … explosantefixe …

Donnerstag, 22. Mai 2014

Soeben live auf WDR 3 vom Festival Acht Brücken | Musik für Köln: Emmanuel Pahud, Flöte, Experimentalstudio des SWR, SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Leitung François-Xavier Roth, Aufnahme aus der Kölner Philharmonie vom 11. Mai 2014.

Pierre Boulez, … explosantefixe … für MIDI-Flöte, 2 Soloflöten, Orchester und Elektronik.

Aus den ursprünglichen zwei Partiturseiten von 1971 ist in den achtziger und neunziger Jahren ein grosses verbindliches Stück mit einer Dauer von über einer halben Stunde geworden. In dieser Fassung in Köln mit Auswahl und Kombination der Teile von Roth ist das Werk eindeutig auf der Seite von Répons der achtziger Jahre und in weiter ästhetischer Distanz zu Strawinsky, über den es einmal ein Tombeau oder Memorial hätte gewesen sein sollen. Es war eine lange, dunkle Zeit der Musikgeschichte, als man bedauerte, dass Boulez nur wenige Stücke geschrieben hätte. Heute scheint es, als ob auf lange Zeit hin die neuesten Stücke darüber ins Zittern geraten müssen, ob sie neben den Boulezschen bestehen können, denn dieselben zeigen nach wie vor keine Spuren von Altersschwäche. (Nur die Tonabnahme der Flöte untersteht der MIDI-Technologie, die weitere Elektronik ist die heutige.)

Moguillansky, Heiniger, Schubert, Papalexandri, Finnendahl

Mittwoch, 21. Mai 2014

Soeben live auf WDR 3 Acht Brücken | Musik für Köln, Johanna Falckner, Sprecherin, ensemble mosaik, Leitung Enno Poppe, Aufnahme aus The New Yorker | Dock.One, 3. Mai 2014

Eduardo Moguillansky, zaehmungen #2 bogenwechsel für Streichtrio, Ensemble und Zuspiel. – Der Aufführung des Stückes ging ein längeres Zitat von Stanislaw Lem voraus, nach dem es sich empfiehlt, den Komponisten sich noch vollkommener vorzustellen als die von ihm gebaute Komposition. Widerspricht man Lem, kann man guten Gewissens sagen, dass die Musik bestens angekommen ist, weil in ihr Regeln befolgt und gleichzeitig leicht gestört werden, die gute Musik ermöglichen.

Wolfgang Heiniger, Sehnsucht für Keyboard und 5 elektromechanische Schlaginstrumente. – Musik auf Grossvaters Orgel aus der Bierzeltkapelle. Vielleicht bei Rudi Carell anfragen, für einen Show-Auftritt? Das Publikum ist bewundernswert, kein Buuher stört.

Alexander Schubert, point ones für erweiterten Dirigenten, kleines Ensemble und Live-Elektronik. – Die gefälligen Effekte kommen allesamt gut an. Da man die Dinge auf Anhieb versteht, ist der Drang nicht gross, das Stück ein zweites Mal hören zu wollen.

Marianthi Papalexandri-Alexandri, Operator für präpariertes Ensemble. – Eine feine, etwas zögerliche und eindimensionale Klangkomposition.

Orm Finnendahl, Gegenüberstellung für 5 Solisten, Roboter und Live-Elektronik. – Eine ziemlich unpräzise Musik, die ihre Materialien nur deswegen produziert, um sie verwischen zu können. Der Komponist verhält sich ignorant und gelangweilt gegenüber seinen eigenen musikalischen Gestalten – eine Rabenvatermusik.

Fujikura, Messiaen, Srnka, Staud

Montag, 19. Mai 2014

Soeben live auf France Musique concert enregistré le 8 avril au Lycée Turgot (Paris) avec l’Ensemble Prague Modern, Pascal Gallois, direction.

Daï Fujikura (né en 1977), Vanishing Point. – Eine sehr farbige und gleichzeitig ausgewogene Musik, ohne aufdringliche Eigenwilligkeiten.

Olivier Messiaen (1908-1992), Sept Haikaï – Introduction, Le Parc de Nara et les lanternes de pierre, Yamanaka-Cadenza, Gagaku, Miyajima et le torii dans la mer, Les oiseaux de Karuizawa, Coda, Dimitri Vassilakis, piano. – Neben dem Quatuor das erste Stück von Messiaen, das ich vor fast 40 Jahren zu hören bekam.

Miroslav Srnka (né en 1975), Les Adieux. – Der musikalische Grossvater erzählt. Schönberg? Nein: Respighi.

Johannes Maria Staud (né en 1974), Par ici ! – Das interessanteste Stück des Abends.

Tschernobyl heute

Montag, 19. Mai 2014

Soeben auf DVD geschaut Warm-Glow, ein Film von Marina Belobrovaja, 2013.

Der 45minütige Film zeigt photographisch nicht viel von der Umgebung und den ruinösen Objekten rund um Tschernobyl, auch nicht viel von den immer noch „dort“ tätigen „hochspezialisierten, weltweit gefragten“ Arbeitern oder von der ansässigen Bevölkerung. Er informiert nicht. Er informiert so wenig wie es die Reportagen seit 28 Jahren wahrhaftig tun, und ein Journalist in diesem neuen Film scheut sich nicht, diese gewohnte Verfälschung eins zu eins zu performen: da die Verstrahlungswerte in ihren lokalen, ja äusserst engen lokalen Unterschiedlichkeiten schwierig darzustellen sind, spricht er in seinem live übermittelten Artikel besser von einer allgemein hohen Verstrahlung. Der Film zeigt politisch engagierte, organisiert geführte Schweizer Besucher und Besucherinnen und gibt ihnen von der Zeit des Eintreffens in die gefährdete Zone bis zum Austritt ein paar Tage später aus ihr Gelegenheit zur Äusserung. Es handelt sich also um eine radikal unfrontale Reportage von der Seite her, absolut vermittelt durch eine Reihe von Subjekten, die gerade nicht als Spezialisten in Erscheinung treten, sondern als Fragende wie der Zuschauer selbst. Mich dünkt, ich hätte in diesen 45 Heulminuten nicht nur einige wichtige Fragen zu Tschernobyl endlich beantwortet bekommen, sondern auch die Einsicht gefestigt erhalten, dass gewöhnliche Pressereportagen aus schwer zugänglichen Welten nicht tel quel ernst zu nehmen wären. Was die Fragen im einzelnen betrifft, halte ich sie für so wichtig, dass man sie im Film selbst aufsuchen sollte. Auch Hartgesottene werden arg ins Staunen geraten.

Nono Streichquartett

Dienstag, 13. Mai 2014

Soeben live auf Bayern 4 Minguet Quartett, Aufnahme vom 8. März 2014 im Bürgerpalais Stutterheim in Erlangen im Rahmen der Reihe „unerHört!“

Johannes Ockeghem: Vier Chansons // Giuseppe Verdi: „Ave Maria“ // Ludwig van Beethoven: Streichquartett a-Moll, Molto Adagio, op. 132 // Luigi Nono: „Fragmente – Stille, An Diotima“

Spricht man von Nono wie gestern in Paris, so kommt er, und so hätte man die Bezüge zur Vergangenheit gerne gesehen wie im Konzert heute.

Gianvincenzo Cresta

Montag, 12. Mai 2014

Soeben live auf France Musique EN DIRECT du Temple de l’Annonciation (Paris), Gianvincenzo Cresta (né en 1968), Alle guerre d’amore (création), Christophe Desjardins, alto solo, Ensemble L’Amoroso, Guido Balestracci, direction.

I – T’ho cercato, Luzzasco Luzzaschi (c.1545-1607), Cor mio deh non languire (poème de Giovanni Battista Guarini, 1538-1612) // II – Il tempo del canto, Sigismondo d’India (c.1582-1629), Alla guerra, alla guerra d’amore, Salomone Rossi (c.1570-c.1630), Corrente quarta, Giovanni Girolamo Kapsberger (c.1580-1651), Sonino Scherzino // III – Come vagabonda, Tarquinio Merula (1595-1665), Su la cetra amorosa // IV – Come si gillo, Claudio Monteverdi (1567-1643), Ohimè dov’è il mio ben (poème de Bernardo Tasso), Giovanni Girolamo Kapsberger (c.1580-1651), Arpeggiata // V – Apri la porta, Sigismondo d’India (c.1582-1629), Cor mio, deh non languire, Jacob Arcadelt (c.1507-1568), Il bianco e dolce cigno, Domenico Mazzocchi (1592-1665), Chiudesti i lumi Armida // VI – Ai suoi occhi

Die Konzertankündigung hat mich gefreut, das wirkliche Konzert dann leicht enttäuscht. Die Richtung der Auseinandersetzung zeigt nicht in die Zukunft, sondern profitiert vom misteriösen Alten und bleibt ein skandalöser Effekt. Die Arpeggiata zwischen IV und V scheint mir doch ziemlich dilettantisch geschrieben, geradezu blöd und ein kompositorischer Hohn auf die Musik der Alten. Cresta hat sich so lange mit Nono abgemüht und schläft noch immer? – Die letzten Zeilen der Viola versöhnen…

Daverson, Manoury, Pelzel, Tenney, Murail

Sonntag, 11. Mai 2014

Soeben live auf WDR 3, Wittener Tage für Neue Kammermusik 2014.

Steven Daverson, Filonov’s Microscope für 8 Instrumente, Uraufführung, ensemble recherche . – Ein Kompositionsdesaster und eine fast perfekte Unbeholfenheit.

Philippe Manoury, Le temps, mode d’emploi für 2 Klaviere und Live-Elektronik, Uraufführung, GrauSchumacher Piano Duo, Experimentalstudio des SWR, Aufnahme vom Sonntagmorgen aus dem Festsaal. – Zwar mit viel Aufwand hergestellt, in seinem Gehalt aber doch etwas unterkomplex, dem Publikum zusehr entgegenkommend. Stockhausens Mantra war radikaler und gleichzeitig unterhaltender (Mantra ist allerdings auch unter Stockhausens Werken eines der besten).

Michael Pelzel, Sculture di suono – in memoriam Giacinto Scelsi für großes Ensemble, Uraufführung. – Sagt mir nichts.

James Tenney, ‚Scend for Scelsi für Kammerensemble mit Altsaxofon. – Zum Gähnen, aber schön.

Tristan Murail, Un Sogno für Ensemble, Uraufführung, Klangforum Wien, Leitung: Emilio Pomàrico. – Das Stück weckt einen auf und lässt einen mitdenken, und es ist ziemlich schön.

Hosokawa, Iannotta, Pauset

Samstag, 10. Mai 2014

Soeben direkt live auf WDR 3, Wittener Tage für Neue Kammermusik 2014.

Toshio Hosokawa, Vertical time study 1, Trio Catch. – Gutes Stück mit Vielfalt, aber es fehlen zwei zusätzliche Sätze.

Clara Iannotta, The people here go mad. They blame the wind für Bassklarinette, Violoncello, Klavier und 12 Spieluhren, Uraufführung, Trio Catch. – Eine feine Musik, poetisch und unterhaltend.

Brice Pauset, Schwarzmärkte für Ensemble mit Live-Elektronik, Uraufführung, ensemble recherche; Experimentalstudio des SWR. – Die Brucknerzitate mögen wohl das Beste am Ganzen sein, ansonsten ist das Stück so gebaut, dass an einer Schnur Ereignisse aufgeknüpft sind, die allesamt als absolut austauschbar erscheinen. Kein Übergang nirgends, der künstlerisch auszugestalten wäre. Zum Zuhören nicht unangenehm, denn die Einzelmomente sind einigermassen dicht gefügt.

Prins, Bedrossian, Gedizlioglu, Mitterer, Manoury

Freitag, 9. Mai 2014

Soeben direkt live auf WDR 3: Witten 2014, Donatienne Michel-Dansac, Sopran; Klangforum Wien, Leitung: Emilio Pomàrico.

Stefan Prins, I’m your body für Ensemble und Elektronik, Uraufführung. – Anthony Braxtons Spielsachen vom Dachboden geholt: ja, das tönt uns verstaubt.

Franck Bedrossian, Epigram II für 11 Instrumente und Sopran, Text von Emily Dickinson, Uraufführung. – Eine angenehme, nicht sonderlich beunruhigende Unterhaltungsnummer.

Zeynep Gedizlioglu, Jetzt mit meiner linken Hand für Ensemble, Uraufführung. – Kaum angefangen, hört das Stück schon wieder auf, anderswo.

Wolfgang Mitterer, scan 1 für Ensemble und Elektronik, Uraufführung. – Nicht jede Musik muss eine Richtung verfolgen, dieser hier würde es aber gut tun.

Philippe Manoury, Melencolia, Quatuor à cordes No. 3, Deutsche Erstaufführung, Arditti String Quartet . – Eine vertrautere Musik, die mich dazu bringt, nach Neuem Ausschau zu halten, auch dann, wenn sie von solchem gar nicht viel enthält. Es ist der Dreh in ihr, der es ausmacht.

Ferneyhough, Cendo, Borowski, Reich

Montag, 5. Mai 2014

Soeben live auf France Musique concert enregistré le 12 avril à la Cité de la Musique (Paris) dans le cadre du troisième et dernier week-end Turbulences.

Brian Ferneyhough (né en 1943), Cassandra’s Dream Song pour flûte seule, Emmanuelle Ophèle, flûte.

Raphaël Cendo (né en 1975), Badlands pour percussion, commande de l’Ensemble intercontemporain, création mondiale, Gilles Durot, percussions.

Johannes Boris Borowski (né en 1979), Concerto pour basson et ensemble, commande de l’Ensemble intercontemporain, création mondiale, Pascal Gallois, basson, Ensemble Intercontemporain, Bruno Mantovani, direction.

Steve Reich (né en 1936), Music for Eighteen Musicians, pour ensemble, Synergy Vocals, Micaela Haslam, Amy Haworth, Rachel Weston, sopranos, Heather Cairncross, contralto, Ensemble Intercontemporain.

Eines der Konzerte, wo alles stimmt: die Programmierung, die Stücke in den Details und die Interpretation.

Vladimir Tarnopolski, Martin Matalon

Freitag, 2. Mai 2014

Gestern Abend live zeitverschoben vom selben Tag auf WDR 3, Asko/Schönberg Ensemble, Leitung, Reinbert de Leeuw, ACHT BRÜCKEN Festival Köln 2014.

Vladimir Tarnopolski, Foucault’s Pendulum (2004), für Orchester.

Martin Matalon, Spirals, loops, lines (2014), Kompositionsauftrag von ACHT BRÜCKEN, Musik für Köln, Uraufführung.

Zwei sehr gute und interessante Stücke mit einer Besonderheit, wie sie seit langem nicht zu beobachten war. An der Ästhetik und an der Kompositionsweise gibt es bei beiden nichts zu kritisieren, wenn mich auch das russische Stück mehr gefangen nahm und ich es als einen ausserordentlich grossen Wurf empfinde. Doch etwas stärker als beim argentinischen gibt es in der grossen, einsätzigen Form eine Passage, die ich als komplett überflüssig, aufgesetzt und künstlerisch falsch empfinde. Wie wenn dem kompositorischen Subjekt die Vernünftigkeit und das Kontrollbewusstsein abhanden gekommen wäre und es unbedingt etwas in das Werk hineinpacken wollte, das eindeutig nicht dazugehört, ist man für ein paar Minuten einem musikalischen Ereignis ausgesetzt, das stört. Bei beiden Werken kann ich mir keinen Reim darauf machen, wie so etwas geschehen konnte, denn um einen Fehler oder um eine Schwäche, wie sie in der gegenwärtigen Musik üblich wäre, handelt es sich nicht.