Die Aktualität der Negativen Dialektik

8. Mai 2023 um 2:27 Uhr von ur

Adorno hat sich zeitlebens in Diskussionen und Texten darum bemüht, der materialistischen Dialektik eine verbindliche Gestalt zu geben. Erst im Spätwerk ist ihm ein grosser Wurf gelungen, unter dem abweichenden Titel Negative Dialektik. Die materialistische gehört spätestens seit da nun ganz zu Marx, wo sie, wenn denn eine ausgearbeitete materialistische Dialektik ernst genommen werden soll, als Philosophie zurückgewiesen wird.

Die Geschichte kennt viele Philosophen und Philosophinnen, und es existieren unzählige Texte von ihnen zur Philosophie im allgemeinen und zu speziellen philosophischen Fragen. Aber Philosophien, die alle ihre Fragen in einem durchgehenden Zusammenhang und im Horizont des Allgemeinen darstellen, gibt es erst sehr spät in der Geschichte, weil die Idee der Geschichte, zweifellos das Zentrum jeden Umgangs des menschlichen Bewusstseins mit der Welt, erst sehr spät als Fragestellung in Erscheinung tritt.

Kurz vor der Etablierung der Idee einer allgemeinen Geschichte wird Kants Philosophie veröffentlicht und im deutschsprachigen Raum schnell anerkannt. Wie aus einem Guss steht das Riesenwerk da, eine allgemeine Erkenntnistheorie, die klar die Grenzen beschreibt, bis wohin das Zusammenspiel von Verstand und Vernunft eines Jedesmenschen Erkenntnisse produzieren kann (die Grenzen erscheinen für unsere heutige Erfahrungswelt als sehr eng gezogen), was im allgemeinen für den Menschen gut zu tun ist und was nicht (viel Freiheit ist für die konkreten Einzelnen der politischen Gesellschaft nicht vorgesehen) und welche Fähigkeiten vorausgesetzt werden, wenn das Zusammenspiel zwischen den Erkenntnisprozessen und ihrer Realisierung im Gesellschaftsleben gelingen soll. Der Anerkennungsprozess schafft sehr schnell, gerade weil der Begriff der Geschichte in dieser Philosophie noch erst eine Randerscheinung ist, ihre inneren Unstimmigkeiten zutage. Sie ist ein imponierendes System, aber alles in ihr ist so sehr formalistisches System und also ignorant gegenüber der Flexibilität der substantiellen gesellschaftlichen Sprache, dass im Zuge dieser Kritik eine Philosophie herauswachsen muss, die sich ihr als Ganzes entgegenstemmt.

In Hegels Philosophie, der zweiten totalen erst in der gesamten Geschichte der Philosophie, sind alle Kategorien und formalen Bestimmungen Kants durch einen einzigen Begriff ersetzt: durch den Begriff selbst oder den reinen Begriff. Was erkannt wird, ist immer Begriff und das komplexe Erkannte begrifflich. So rein der Begriff in der Philosophie dasteht, ist er immer auch noch in einen Zusammenhang eingebunden. Dieser Zusammenhang, in dem der Begriff in Hegels Denken verankert ist, hat die Besonderheit, dass man mehr versteht von dieser Philosophie, wenn man sie weniger wie bei Kant als Erkenntnistheorie denn, erweitert, als Wissenschaftstheorie betrachtet. Die Philosophie breitet nichts weniger aus als eine Theorie, die beschreibt und begründet, wie das wissenschaftliche Wissen in der Geschichte der Menschheit entstehen, sich entwickeln und in materiellen oder immateriellen Technologien und Techniken gesellschaftlich realisieren konnte.

Erkenntnis geschieht nur durch das vernünftige Subjekt. Der Akt der Erkenntnis ist die Identifikation. Was erkannt wird, ist die Identität eines Objekts oder ein identisches Objekt in einem Zusammenhang, der aus unendlichen Massen von Nichtidentitäten besteht. Der Zusammenhang ist äusserst zentral, auch wenn er zunächst immer abstrakt und unzugänglich erscheint: als reiner Gegensatz zum Erkannten. Ist die Erkenntnis vollzogen und gelungen, hat man es mit einer dialektischen Identität zu tun: mit einer Identität der Identität und Nichtidentität (die hier eben der Zusammenhang selbst ist). Ein solches Objekt steht immer schon in der Geschichte und ist nicht wirklich stabil, sondern Moment einer vorerst abstrakten Dynamik. Als nicht mit absoluter Gewissheit Gewusstes hat es den Drang, über sich hinauszuweisen. An dieser Stelle ist Hegels spekulative Dialektik besessen und kennt nur eine Lösung: das, was weiter treibt und zur Korrektur der mengelbehafteten „Erkenntnis“ führt, ist immer nur wieder der identifizierende Akt des vernünftigen Subjekts.

Wie aber, wenn das mangelhaft Erkannte und nur schlecht Begriffene, das zu einem wirklichen Moment in der wirklichen Gesellschaft geworden ist, sich zwar weiter entwickelt, in dieser Entwicklung aber entschiedener Massen, also zweifelsfrei, zu einem solcherart neuen Objekt wird, das noch schlechter als das vorangegangene beurteilt werden muss? Woher kommt das Schlechte auch in denjenigen Objekten, die doch in einem wissenschaftlichen Umfeld geschaffen wurden?

Hegel war in seinen Ansprüchen gefangen. Wenn der Geist in den Formen des Wissens zu sich selbst kommen soll, muss der Philosoph, der ihn beschreiben will, diesem eigentümlichen Logizismus nachgeben und die Wirkungsweise des Nichtidentischen in der Geschichte der Welt, das Nichterkannte, Diffuse, Irrationale, letztlich überhaupt den beschreibbaren Zusammenhang, in dem ein Objekt steht, verleugnen. Eine dialektische Philosophie ohne Totalität, in der das Ganze als das Wahre erscheinen kann, ist für Hegel nicht denkbar. Die Philosophie zeigt ungehemmt den Werdegang zum Ganzen oder zum absoluten Wissen auf, auch wenn es im System nichts Weiteres ist als eine Annahme.

Diese Idee, dass Dialektik einen Begriff der geschichtlichen Totalität immer schon mit sich bringt, sieht Adorno auch bei Marx. Er weist die Marxsche Lösung deswegen von sich, weil seine Analysen ohne Programm der Planwirtschaft unstimmig würden. Aber die Planwirtschaft hinter dem Eisernen Vorhang nach der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts sieht klarerweise nicht so aus, als könne man sie als Alternative zur kapitalistischen Produktionsweise ins Auge fassen. (Steht die Frage nach der Möglichkeit einer eigentlichen Philosophie heute nicht im Zentrum, ist die Kritik an Marx auch weniger rigide. – Sartres Dialektikverständnis ist auch in seiner ausufernden Darstellung zu sehr auf Gruppenprozesse fixiert und ohne gesamtgesellschaftliche Grundierung, als dass man seine Kritik der dialektischen Vernunft anders als einen unter den vielen anderen Texten in der Philosophie begreifen könnte.)

Wenn einer ein Leben lang ausgefeilte Texte zu philosophischen sowie gesellschafts- wie musikphilosophischen Fragen publiziert hat und sich dann fragt, ob eine Philosophie heute noch möglich sei, ist das Werk, das er als Antwort darauf verfasst, eine Besonderheit. Man darf mit Fug also die Negative Dialektik als Philosophie ablösen von der Art und Weise, wie Adorno seine intensiven, nur schwer zu referierenden Texte verfasst hat. Auf diese Weise fällt einem das Leichte und Schlagende zu, also das, was in ihr als Philosophie mit der heutigen Wirklichkeit in Korrespondenz steht. Man darf vielleicht staunen, wie sehr die erlebte Wirklichkeit Gehalte der Philosophie eines der sperrigsten Philosophen widerspiegelt, die in ihr noch quasi als anmassende, chancenlose Forderungen angelegt wurden.

Adorno stellt Hegels Dialektik nicht vom Kopf auf die Füsse, sondern sprengt den Mechanismus, der ihre Entwicklung zu garantieren scheint. Hegels Behauptung ist leer, es wäre objektiv in der Geschichte immer das Subjekt, das die Entwicklung vorantreibt. Dieser Vorrang des Subjekts, der in der kantischen Philosophie so immens progressiv war und aus dem blinden Rationalismus hinausführte, ist erschütterbar, sobald die Geschichte (aber natürlich immer auch schon: die Gesellschaft) in den Blick genommen wird. Es erfolgt eine subtile, aber äusserst folgenreiche Drehung im Verhältnis von Identität und Nichtidentität.

Erkenntnistheoretische und ontologische Philosophien lassen sich nicht miteinander vergleichen. Trotzdem darf man an dieser Stelle die Fundamentalontologie Heideggers zur Seite nehmen. Adornos Akt der leichten Drehung in der Dialektik heisst bei ihm Kehre, und sie ist nichts anderes als die Forderung, die Beschreibung des Seins aus der Anspruchssphäre des Subjekts zu lösen und das Sein ohne die Übergriffigkeiten des Subjekts aufscheinen zu lassen, letztlich das im Denken Sprache oder Wirklichkeit werden zu lassen, was nicht Sprache sein kann. Aber man ist da in einem Bereich des Ungefähren, der der negativen Dialektik mitnichten eigentümlich sein soll.

Das Nichtidentische ist alles, was noch nicht identifiziert ist, zu dem auch das gehört, was möglicherweise gar nicht identifizierbar ist. In einer reinen Erkenntnistheorie kann es einem unwohl werden mit so viel Irrationalem, Unbekanntem, Unendlichem. Situiert man den Erkenntnisprozess aber in der Gesellschaft mit ihren pädagogischen Institutionen und den Systemen der Transformation und Verwertung von Erkenntnissen, wird das Nichtidentische griffig. Wissenschaftstheoretisch bildet der Begriff des Nichtidentischen nichts anderes als den ganzen Komplex der Randbedingungen ab, die einer Theorie und allen Technologien zugeordnet werden können. Aus dem progressiven Vorrang des Subjekts in Kants kritischem Rationalismus wird die Ideologie des Logizismus bei Hegel und als Antwort darauf endlich der Vorrang des Objekts in der Negativen Dialektik, die in ihrer Besonderheit nichts anderes tut als hinter jeder Theorie herzurufen: Vorsicht in der Anwendung!

Wikipedia zeigt unter „Deepwater Horizon“ die Katastrophe im Golf von Mexico mit Start am 20. April 2010. Die Besitzerin der Plattform, die in Zug domizilierte Transocean, (sie vermietet bis 2013 die Bohrinsel für eine halbe Million Dollar pro Tag an BP), schreibt dazu nur kurz auf ihrer Website (3. 5. 2023): „A reminder of the over-arching importance of safety: the Macondo tragedy brought the loss of 11 crewmembers on the Deepwater Horizon on April 20 in the U.S. Gulf of Mexico. We will never forget our lost colleagues.“ Dank dieser Schweiz-Verbundenheit kam es zu einem aufschlussreichen Interview in der Wochensendung Samstagsrundschau des Schweizer Radios. Gesprochen wurde mit einem Professor der Eidgenössischen Technischen Hochschule von Zürich (ETH).

Das Statement des ETH-Vertreters kam wie aus dem Zentrum der spekulativen Dialektik geschossen: Alle Anlageteile des Bohrlochs und der Ventile würden dem aktuellen Stand der Technik entsprechen und gelten als State of the Art; keiner Bau- oder Konstruktionsfirma wäre etwas vorzuwerfen. Die materiellen Stücke am Bohrloch, im Loch selbst, auch die des Bohrers und natürlich der Plattform wären zu keiner Zeit in Frage zu stellen gewesen. Das ist es, was einem negativen Dialektiker den Magen umdreht und ihn an der Vernünftigkeit der Welt zweifeln lässt. Die ETH funktionierte im Jahre 2010 wie ein Verein selbstgenügsamer Hegelianer: Wir vermitteln die Theorien der Grundlagen der Wissenschaften, die Einzeldisziplinen selbst, die Verfahren ihrer Umsetzung in Techniken und Technologie, dazu auch ganze Lehrgänge für die Tricks der Kontrolle. Wenn dann noch etwas schief geht, hat man es mit höherer Gewalt oder schlechtem Willen zu tun. Aber das Wissen, das vermittelt wird, ist institutionell garantiert und könnte nur in Akten der Irrationalität infrage gestellt werden.

Die Frage ist, ob das skandalöse Statement des Professors auch tatsächlich der Wirklichkeit entspricht. Ist es wirklich so, dass die Umwandlungsprozesse des Wissens in isolierten Abteilungen geschehen, und ist es wirklich so, dass die Kontrolle erst am Schluss der ganzen Kette in Eigenregie organisiert wird? Mathematisch-metrische Grundlagen, Physik, Chemie, Biologie, Erdwissenschaften, Computerwissenschaften, technische Wissenschaften, Ökonomie und Politik: Werden die Kontrollprozesse erst auf den Feldern der Ökonomie und der Politik organisiert? Oder haben die Technischen Hochschulen wie die ETH nicht längst schon eingesehen und sich dahingehend organisiert, dass die Notwendigkeit von Kontrollwissen schon auf den ersten, abstrakten Ebenen des Wissens gegeben ist?

Mitte der 1960er Jahre erschienen die normativen Implikationen der Negativen Dialektik neu und dunkel, vielleicht sogar wissenschaftsfeindlich. Aber sie korrespondierten mit gesellschaftlichen Impulsen, die langsam, aber stetig von einer grösseren Allgemeinheit wahrgenommen wurden: Warnungen vor dem autoritären Staat, vor der ökologischen Katastrophe (oder, besser: vor den verschiedenen ökologischen Katastrophen) und vor dem militärischen Aufrüstungswahn wurden allenthalben in verschiedenen Gruppen immer lauter. Nun explodiert das in allen Winkeln der Weltgesellschaft, und man erkennt die Negative Dialektik als nichts anderes denn die Philosophie, die ihre Zeit in Gedanken fasst; ihre Aussergewöhnlichkeit besteht einzig darin, dass sie ungleich der Eule der Minerva so früh erschienen war.

ur I und II gratulieren ur III

11. Januar 2023 um 3:32 Uhr von ur

Viel Glück zum grossen runden zehnten Geburtstag, mit den besten Dankeswünschen an die Teams von Matthias Zumstein und Charles Dumont an der Insel 2013! Die Schulter ist optimal, die rechte Beckenregion mit Oberschenkel und Knie mieser denn je.

Ein Geschenk braucht nicht der Jubilar – aber es geht eines an die grossartigen Ärzte: die „Best of“ CD vom Mai 2022 mit Stücken von Strawinsky, Mahler, Debussy, Hendrix, Boulez, Zappa und Milachra (ur III spielt Alphorn und das Geröll, Marie Ork jodelt).

Anzeige

22. Oktober 2022 um 1:44 Uhr von ur

Polizist: GutenTag.
ur: Guten Tag.
Polizist: Wie kann ich helfen?
ur: Ich möchte eine Anzeige machen.
Polizist: Worum geht es?
ur: Ich möchte mich selbst anzeigen.
Polizist: Warum?
ur: Ich habe nicht aufgepasst in der Schule

ur I und III gratulieren ur II

15. Juli 2022 um 3:50 Uhr von ur

Grosses Jubiläum heute: Herzliche Gratulation zum Zwanzigsten! Mit den besten Dankesgrüssen an Ralph Hertel und Uli Seidel mit den Teams 2002 zuerst in der Insel, dann in Montana!

Ein Geschenk braucht nicht der Jubilar – aber es geht eines an die grossartigen Ärzte: die „Best of“ CD vom Mai mit Stücken von Strawinsky, Mahler, Debussy, Hendrix, Boulez, Zappa und Milachra.

Gustav Freudmann: Dr Halo Halbmondnacht

13. Februar 2022 um 14:01 Uhr von ur

Der Kaumberger Dichter Gustav Freudmann hat einen besonderen Weg gefunden, seine Texte musikalisch vorzutragen.
https://drhalo.at/

Es werden ganze Stücke als Materialien für eigenes Playback eingesetzt, in denen jeweils ein Gedicht quasi als Liedtext vorgetragen wird. Da die Musikstücke extra dafür hergestellt werden, dass sie frei verwendet werden, ist es möglich, dass mit derselben Musik von verschiedenen KünstlerInnen unterschiedliche Songs produziert werden.

Die meisten Musiken benutzt Freudmann vom Multiinstrumentalisten Jason Shaw auf https://audionautix.com . Einige sind von sogenannten Silent Partner, das sind diverse anonyme Produzenten von „No Copyright Music“.

Freudmanns Produktion gibt es auch gedruckt mit zwei CDs, allerdings nicht als käufliche Ware. Das Kosdtnix-Produkt aus dem Soned-Studio in Kaumberg (westlich von Wien) muss entweder dortselbst dingfest gemacht werden – oder kann hier in aller Ruhe eingesehen werden:
https://drhalo.at/fb-halbmondnacht/

ur I und II gratulieren ur III

11. Januar 2022 um 4:40 Uhr von ur

Viel Glück zum neunten Geburtstag, mit den besten Dankeswünschen an die Teams von Matthias Zumstein und Charles Dumont an der Insel 2013! Die Schulter ist gut, die rechte Beckenregion schlechter denn je.

Mitte August 2021 gab es im Moment des Niederkniens einen internen, wohl nur halluzinierten Knall. Seither gibt es keine Spaziergänge mehr, auf denen länger als eine Stunde herumgeschlurft würde. Jetzt ist auch das Treppensteigen eine Variante des Russischen Rouletts, insbesondere aufwärts.

Die mandarinengrosse, halbweiche Ausbuchtung 5 cm unter der Gürtellinie ist in den letzten drei Jahren im rechten Bein von vorne links fast 5 cm nach hinten rechts gewandert. Sie selbst ist schmerzlos, scheint aber – neben dem Zerfall des Beckenknochens – dafür verantwortlich zu sein, dass der m. quadriceps femoris seit dem 8. 9. 2015 stetig schwächer wird und sich durch keine Physioübung mehr stärken lässt.

Cubase: its types of users

9. November 2021 um 15:02 Uhr von ur

Adorno beginnt die Vorlesungen zur Musiksoziologie mit einer Skizzierung von sieben Idealtypen des Hörens von Musik: das Hören der Experten, der guten Zuhörer, der Bildungskonsumenten, der Emotionalen, der scheinbar Nonkonformistischen, der Unterhaltungssuchenden und der Antimusikalischen.

Eine aktuelle Musiksoziologie hätte an ähnlicher Stelle die Typen der User von Cubase zu präsentieren. Hier eine Liste von heute:

Didem Coskunseven und Rebecca Saunders in Donaueschingen

17. Oktober 2021 um 11:10 Uhr von ur

Soeben direkt live auf SWR 2 aus Donaueschingen Noa Frenkel (Kontra-Alt) und das Ensemble Nikel:

Didem Coskunseven, Ext.The Woods.Night für Saxofon, E-Gitarre, Keyboard und Schlagzeug (UA).

Rebecca Saunders, Us Talk Dead Love für Stimme, Saxofon, E-Gitarre, Keyboard und Schlagzeug (Text: Ed Atkins) (UA).

Der Grosse Mark von Facebook beliefert mich seit über einem Monat mit täglich mindestens 10 Grusel-, Grüsel- oder Horrorfilmen, die ich mir ohne mit der Wimper zu zucken reinziehe – mitsamt sehr viel anderem Trash aus der Video-, Film- und Videogameszene. Beide Musikstücke hier gehören bestens in dieses ästhetische Universum. Ich fühle mich ganz zuhause. Also da, wo der Horror den Alltag, besser die Allnacht ohne jede Behinderung grundiert. Aber gute Musikstücke, die ich gerne nochmals hören und via Youtube sehen werde, sind sie beide.

https://www.youtube.com/watch?v=dDYlM1Ez6-I

ur III: Die Fünfundzwanzigste. Hendrix, Mahavishnu Orchestra, Zappa, Marie Ork, Milachra

15. Oktober 2021 um 3:33 Uhr von ur

CD: Milachra in Rocky Spaces

Alle Noten (ausser einzelnen Improvisationen)

1 Technische Pause
2 Jimi Hendrix: Star Spangled Banner, 2021
3 Mahavishnu Orchestra: Meeting of the Spirits, 2021
4 Milachra: Etude pour Espace
5 Status Quo: Allemann on Rock
6 Frank Zappa: Shut Up ‘n Play Yer Guitar
7 Mahavishnu Orchestra: Hope
8 Milachra: Down in The Stoned Rehearsal Cellar
9 Mahavishnu Orchestra: Birds of Fire
10 Marie Ork & Milachra: Hauts Cries des Alpes
11 Mahavishnu Orchestra: Sanctuary, 2021
12 Milachra: The Suspenders Flew Over My Ears

Hardware
PC mit Windows 10, 32 GB.
MIDI Keystation 49 (MK3, M-Audio)
Yamaha EW 310 (tägliches Übungspiano und Controller Keyboard in Nr. 12)

Software
MuseScore 3.5.
Diverse Instrumente und Presets auf UVI Falcon 2, UVI Workstation und
Cubase 11 Artist.
A) True Keys Italian Piano
B) Guitar, Bass, e-Piano und Drums aus UVI Jazzistic
C) Alter/Ego Marie Ork von Plogue Art Technologie
D) Minimoog aus Synth Anthology 3
E) Gitarren Strategy und Sunbird von acousticsamples
F) Drum Kit aus Groove Agent
G) Star Drums von acousticsamples
H) Guitar Hellrazer und Bass von Amplesound

ur I und III gratulieren ur II

15. Juli 2021 um 3:27 Uhr von ur

Herzliche Gratulation zum Neunzehnten! Mit den besten Dankesgrüssen an Ralph Hertel und Uli Seidel mit den Teams 2002 zuerst in der Insel, dann in Montana!

Der Schultergürtel ist optimal. Seit drei Monaten spiele ich täglich Klavier, auf einer MIDI Keystation, die mit dem Computer verbunden ist. Da ich seit 2002 im Sinne von Physiotherapie sehr häufig auf der Tischplatte Fingerübungen machte, bin ich trotz Verdrehung der Arme und Hände gar nicht so schlecht im Spiel (wenn auch Läufe nicht möglich sind). Und da die neuen Softwarlösungen fast 100% realistische Spielweisen ermöglichen, durchgehend von pppp bis ffff und mit dem Pedal 80 Stimmen gleichzeitig ausklingen lassend, bin ich ein ordentlich süchtiger Spieler. Der Flügel ist ein Fazioli: VI Labs True Keys Italian. (Italian Side, Tone 14, Reverb dry 100 wet 40 Spacious Church, Velocity Curve -6, Polyphony Max.)

Die Frühvergreisung des rechten Beines nimmt ihren Lauf. Es gibt drei Schmerzquellen mit einer gewissen Eigenständigkeit. a) Das Enchondrom, das 1962 als erstes behandelt wurde, scheint sich zu bewegen, schon seit fünf Jahren. Das führt zu einer Überempfindlichkeit, der durch Hosen mit hohem Bund, zuhause versehen mit Hosenträgern begegnet wird. Drucke mit Fingern lösen aber keinen Schmerz aus. b) Im Schlepptau des Gluteus ist der Piriformis äusserst schwach, bewirkt seit drei Jahren ein peinliches Hinken und auf der Innenseite des Oberschenkels starke Schmerzen, rund um die Uhr. c) Der Ischiasnerv ist immer irgendwie in eine Ecke gedrückt oder sonstwie eingeklemmt. Die von ihm ausgelösten Schmerzen kommen unverhofft, zuweilen als wilde Stromschläge bis in den Fuss hinab. – Alle drei Quellen beeinträchtigen sowohl das Liegen, das Sitzen und das Gehen. Nur die ständige Selbstmassage bewirkt eine Linderung, die sich aber schnell wieder verflüchtigt. Seit 18 Monaten habe ich keine Bus- oder Zugreise mehr unternommen (ein Fahrzeug habe ich keines). Ob ich mit dem Zug weit über die Grenzen von Bern hinaus- und wieder zurückgelange, scheint mir ziemlich unsicher. Aber vielleicht ist ja das Rumpeln in den Zügen gar nicht so unheilsam…

Multi auf UVI Workstation mit leeren Midispuren

4. Juni 2021 um 13:56 Uhr von ur

Eine ungewöhnliche Konstellation: es gibt einen Multi in der UVI Workstation (1) auf Cubase, und es gibt mehrere MIDI-Tracks ohne Instrumente (2), die mit Noten anzeigen, wo und wie die Automationsspuren gezeichnet werden müssen (3). Der Multi benimmt sich wie gestört. In diesem Fall hier wird die zweite Gitarre, die den langen Ton halten sollte, Sustain, abgewürgt. Lösung (nach langem Experimentieren): die tonlosen MIDI-Tracks müssen gemutet werden (gelbes M).

Morphing mit VST-Instrumenten

20. Mai 2021 um 18:33 Uhr von ur

Morphing ist der kaum wahrnehmbare Übergang vom Spiel des einen Instruments in das Spiel eines anderen. Hier wird aus einem lange angehaltenen Ton der Gitarre einer der Orgel. Ein akustisch gesampeltes Instrument wie die Stratokaster „Strategy“ von accousticsamples wird unter der Hand eine Keith Emerson Orgel – es könnte auch ein nackter Sinuston sein.

Strategy läuft nur auf der UVI Workstation, nicht auf dem luxuriösen Falcon. Das Instrument lässt sich nicht weiter editieren als es das einfache User Interface erlaubt. Es können keine Modulationen hinzugefügt werden, keine LFOs, keine Hüllkurven.

Ohne zusätzliche Hüllkurven gibt es aber kein lange andauerndes Sustain, wie es bei John McLaughlin bekanntlich verlangt wird. Aus Strategy wird ein Multi: hinzugefügt wird die Overdrive-Gitarre aus Jazzistic, versehen mit einer langen Sustain-Hüllkurve.

Es wird mit Strategy auf dem midi Keyboard eine Phrase gespielt, mit einem langen Endton. (Ganz am Schluss des Prozesses wird er an derjenigen Stelle abgeschnitten, wo es am passendsten ist.)

Hier schon das akustische Resultat als Ganzes:

https://soundcloud.com/ueli-raz/morphing-from-guitar-to-organ

Der lang anhaltende Ton darf nicht abrupt aufhören, sondern muss verklingen. Es wird der Sustainregler automatisiert.

Ich habe sowohl den Sustain- wie den Lautstärkeregler automatisiert. Entscheidend ist ein weiches Ausklingen.

Nun spielt man die Phrase der Orgel, beginnend mit demselben langen Ton der Gitarre, dann normal musikalisch weiter spielend. Ihr Einsatz muss genau gleich weich geschehen wie das Verschwinden der Gitarre.


1. Der Attack-regler wird automatisiert und steht am Anfang für eine gewisse Zeitlang auf 100, noch während des langen Tons geht er auf Null, damit der erste vom neuen Instrument wahrgenommene Ton normal klingt.


2. Die Orgel hat einen Percussionsregler, der ebenfalls automatisiert wird und dessen Spur gleich verläuft wie die Einschwingungskurve Attack. (Es ist ein on/off- oder true/false-Regler, bei dem einen die Position nicht irritieren sollte.)

Die ganze Automatisation für eine Stelle mit Morphing in Cubase sieht dann so aus (man kann sie live spielen oder mit Noten zum Klingen bringen, schwierig ist die Sache so oder so…):

Zusatz: Gut möglich, dass es in den meisten Fällen genügt, die Lautstärke-Automation zu benutzen. Das erste Instrument wird ausgeblendet, das zweite nach dem Einsatz des Tones eingeblendet, ohne Problem mit dem Attack.

Verbesserung der UVI Falcon IRCAM-Violine

20. Mai 2021 um 16:52 Uhr von ur

In the normal, classical play, the strings in Falcon’s IRCAM solo instruments are boring. You can make them more realistic. I use a multi of three presets. 1. Ordinario KS (KeySwitcher), 2. Fortepiano, 3. Sforzando. Number two and three have less volume. The sound is still insufficient, too little dirty, still not exactly alive. Where to add a little overdrive? I put it on the layer of the second instrument. Finito. – In order to use the whole spectrum of loud and quiet, I increase the velocity amount, but still < 100%.

ur III: Die Vierundzwanzigste. Milachra Quartet, Jazz from Mill

19. Mai 2021 um 8:08 Uhr von ur

CD: Milachra: Jazz from Mill

1 Technische Pause
2 Marie talks about the band & its members
3 The Battlefield of the Wallistarkus
4 Devil’s Paradise
5 End is Coming
6 In Search of Larry Young (& Al Di Meola)
7 From Mill to Hell

Diverse Instrumente und Presets auf UVI Falcon 2, UVI Workstation und Cubase 11 Artist, alle gespielt mit der MIDI Keystation 49 (MK3, M-Audio).
A) True Keys Italian Piano mit Ringmodulator wie in Mantra von Karlheinz Stockhausen (in 3-5)
B) Bass und Drums aus UVI Jazzistic (in 3-5)
C) Alter/Ego Marie Ork von Plogue Art Technologie (mit sanftem Feedback).
D) Hammond Orgel aus UVI Retro Organ Suite (in 6-7)
E) Gitarre Strategy von accousticsamples (in 6-7)
F) Drum Kit aus Groove Agent (in 7: notierter repetitiver Part)

Der Milachra ist eine Landschaft bei Ausserberg, in der man sich in dieser Jahreszeit bewegen sollte, und nicht wie gefesselt verharren Tag und Nacht in der Mühle, d.h. am Indermühleweg.

Der 18. Brumaire

8. Mai 2021 um 21:36 Uhr von ur

Traum soeben: Knorrli muss eine Seminararbeit schreiben, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. Er ist schlau und macht auf Gruppenarbeit. Er lässt die Arbeit von der Mitstudentin schreiben. Nach Abgabe ist er sein Studium los, der Dozent hat eine neue Assistentin.

ur III: Die Dreiundzwanzigste. Electricities in Negative Dialectics

4. April 2021 um 5:20 Uhr von ur

CD: ur III: Electricities in Negative Dialectics

Gesamtpartitur

1. Solo (mit Ursprung der Negativen Dialektik: ca. 1:46 – kein Mensch kann dieses „Thema“ im Gedächtnis behalten…)
2. Granular mit erster Hälfte aus Adornos Streichquartett, Variationensatz
3. Klang (das beste Stück…)
4. Granular mit Captain Beefheart (Safe as Milk)
5. Zerfall der Motivik (Rock-Stones-Granular-Zerfall-Nichtidentität…)
6. Granular mit zweiter Hälfte aus Adornos Streichquartett, Variationensatz
7. Zusatz mit quasi Liveverarbeitungen:
7.1 Polyphonie
7.2 Granular der Polyphonie
7.3 Electricity
7.4 Granularsynthese der Synthiklänge
7.5 Drums
7.6 Granular der Trommeln

Dauer: 20 Minuten

Keine Hardware (ausser PC), kein Keyboard, keine Tonaufnahmen.

UVI Instrumente: Flöte und akustische Gitarre IRCAM, e-Gitarren Jazzistics, Augmented Piano, Synthesizers aus Synth Anthology 3. – Schlagzeug selbstgebastelt auf Cubase mit Groove Agent SE.

Electricities in Negative Dialectics ist ein Missionsstück, das die verschiedenen Musikprogramme diskutieren will, kein Kunstwerk. (Musescore, Cubase, UVI Falcon)

Man sieht, dass der Granularsynthesizer im häufigen Gebrauch allzu ähnliche Resultate produziert, als dass man ihn wirklich interessant nennen könnte. Alle Regler des Synthesizers sind zwar mit der Automation verbunden, lassen sich aber nicht speichern. UVI hat bei diesem Gerät noch einiges zu tun…

Den Granular gibt es im UVI Falcon als VST-Presets, die nur leicht angepasst werden können aber sehr vielfältig klingen; was gesampelt ist, lässt sich nicht erkennen, ersetzen oder verändern. In Cubase heisst die vergleichbare Instrumentensammlung Padshop. Falcon enthält den Granular noch als Oszillator. Nur dieses „Gerät“ lässt sich mit umfassenden Sampels füttern, und nur dieser Granularoszillator wird hier als Multigranular verwendet. Die Granularsynthese wurde in den späten 70er Jahren im IRCAM entwickelt; die Berichte über sie waren jeweils Highlights meiner musikwissenschaftlichen Lektüre.

ur I und II gratulieren ur III

11. Januar 2021 um 4:01 Uhr von ur

Viel Glück zum achten Geburtstag, mit den besten Dankeswünschen an die Teams von Matthias Zumstein und Charles Dumont an der Insel 2013! Die Schulter ist gut, die rechte Beckenregion schlecht. Hauptschmerzpunkte sind da, wo der Ischiasnerv wirkt (hauptsächlich bis knapp über dem Knie, vorne und hinten, selten auch bis zum Fuss hinunter), mehr noch direkt die Ansatzpunkte des Piriformismuskels, im Iliasakralgelenk (hier an der Oberkante, ein Höcker eher beim Sacrum als beim Ilium) und am Oberschenkelhalskopf. Der rechte Fuss kann beim Sitzen nur dann über den linken Oberschenkel hinaus gelegt werden, wenn die rechte Oberschenkelmuskulatur mit beiden Händen er- und umgriffen wird. Nach dem zwanzigminütigen Einkaufen im Quartier ist solches schon wieder nicht mehr möglich, weil die Schmerzen durch die Hebebewegung des Beines zu stark werden (solche Schmerzen traten bis vor fünf Jahren erst nach über zwölfstündigem Wandern inklusive Reisen in Bergschuhen auf). Am besten geht es nach den ersten Physioübungen morgens um drei Uhr. Darauf hin Sitzen am Computer, dann ab acht Uhr die üblichen Oberschenkelschmerzen mit Zwangsschlurfen. Insbesondere wenn wetter- oder gar eisbedingt kein Spaziergang durch den Könizbergwald gemacht werden kann (die Grenzen von Bümpliz habe ich ein Coronajahr lang nur wenige Male gestreift), gibt es täglich mehrere Akte von Physioübungen, wenn auch nur noch schwächere als vor einem Jahr: hoolahoopartige, Kniebeugen in die Hocke hinab und auf die Tischplatte hinauf, Selbstmassage stehend mit Bein angewinkelt auf Stuhl (Oberschenkel vorne, hinten und seitwärts, zusätzlich mit den Fingernägeln den Piriformis knapp oberhalb des Ansatzes beim Oberschenkelhalskopf in der Tiefe anreizend), Kurdenhuren, Indianersitz. Der Einsatz des Novafons hilft immer, aber ich weiss nicht, wie häufig und wie lange man dieses Ultraschallgerät anwenden soll: unter meinen Ollierfriends weltweit gibt es solche, denen davon abgeraten wurde, in der Nähe von Enchondromen intensiv zu massieren, sei es mit oder ohne Gerät (es befindet sich eine fast 60-jährige Mehrfachoperationsstelle über dem Piriformis). Insgesamt ist dieses vorzeitige Altersgebrechen nicht viel anders, als wäre ein Jungspund gestern am Schluss der ersten ernsthaften Frühjahrswanderung aufs Gärsthorn nach einem passiven Winter die 2000 Höhenmeter nach Eggerberg in Windeseile runtuntergestolpert – als Sisyphusqual jeden Tag von neuem. In der kurzen Nacht hilft zuweilen die Blackroll, eingeklemmt in die Rimaye beim Oberschenkelhalskopf, den Hauptschmerzpunkt zu besänftigen, also den unteren Ansatz des Piriformis, bis zur Entspannung auf dem Rücken endlich ein paar Runden Velo gefahren werden können.

Zusatz 1: Die zentralen Übungen für den Gluteus und den Piriformis sind nicht nur wegen der Schulter unmöglich, sondern auch wegen den Zehen links, wo bei der Fibulaentnahme 2002 ein Nervereignis es noch heute verhindert, dass sie sich normal beugen lassen, wenn das Knie den Boden berühren soll.

Zusatz 2: Das Piriformissyndrom ist alt. Walther von der Vogelweide, um 1200: Ich saz ûf eime steine und dahte bein mit beine: dar ûf satzt ich den ellenbogen: ich hete in mîne hant gesmogen daz kinne und ein mîn wange. Der Ellenbogen auf dem Oberschenkel klopft die Triggerpunkte der Reihe nach ab und löst durch anhaltendes Drücken ihre Verkrampfung.

ur III: Die Zweiundzwanzigste. Strawinsky: Sacre du Printemps und Petruschka

28. Dezember 2020 um 8:15 Uhr von ur

CD: Strawinsky: Sacre du Printemps und Petruschka

Gesamtpartitur

(1 Technische Pause 0.04)
2 Le Sacre du Printemps, 1913
Version Piano Solo von Sam Raphling, uraufgeführt 1979
Teil 1, Adoration of the Earth 15:33
3 Teil 2, The Sacrifice 18.38
4 Pause
5 Petruschka, 1911
Version Piano Solo vom Komponisten, 1921
Teil 1 & 2, Russian Dance & At Petrushka’s 6:37
6 Teil 3, The Shrovetide Fair (Fasnacht) 8:19

Die Cadenza in “At Petrushka’s” dauert zehn Sekunden und besteht aus vier Takten mit wilden Glissandi und Pitch Bends dank des zusätzlich benutzten Instruments Augmented Piano, drei Spuren mit 6, 24 und 48 Semitones, (Minuten 5:22 bis 5:32).

Für uns heute sind der Sacre und Petruschka zwei Stücke, deren Kompositionsweise und Ästhetik genossen wird und keine Irritationen hervorrufen. Wir lieben die zwei lärmigen Tanzstücke, weil sie die Metaller und die anderen Rockstars alt aussehen lassen. – Nicht so für Adorno.

Adorno veröffentlichte die Philosophie der neuen Musik 1948 als Exkurs der Dialektik der Aufklärung, nach deren These weder technischer Fortschritt noch kulturelle Aufklärung zum Guten führen, wenn die Prozesse in ihnen nicht reflektierend begleitet werden. 1948 war sein eigenes progressives Musikwerk von 1928 vergessen und die Klavierwerke von Boulez noch in der Werkstatt. Thema des Buches sind Schönberg, der in den 1930er Jahren nach der Entfaltung der 12-Ton-Musik statt sich weiter zu entwickeln sich nur wiederholte – und Strawinsky. Es ist schwierig, Adornos Aversion gegen ihn zu verstehen. Beide Werke von hier stehen im Zentrum des Abschnitts über Strawinsky, mit demselben aussermusikalischen Thema. Einmal steht das Opfer im Zentrum eines Ritus, der von einer grossen Menschenmenge durchgeführt wird. Im anderen Stück gibt es eine unglückliche Figur, die von der Masse der Fasnachtstreibenden verhöhnt wird. Diese Verhöhnung als Verweigerung des Beistands muss man in beiden Stücken beachten, wenn man Adorno verstehen will. Uns erscheint sie in diesen Werken nicht als Problem. Hören wir aber den Till Eulenspiegel von Richard Strauss, ist klar, worum es geht: der Schluss dieser Musik von 1895 ist auch für uns unerträgliche Verhöhnung – und nichts anderes ist der Eulenspiegel, komponiert von einem späteren Nazi, als ein Vorläufer von Petruschka.

Die Identifikation mit der Meute und die Verhöhnung des Opfers durch die Meute sind faschistisch. Adorno bleibt nicht bei dieser Negativität, die, wie unsere Wahrnehmung zeigt, in der Kunst mit der Zeit ihre Dringlichkeit verliert. Er verfolgt alle Spuren, die zeigen, dass die Modernität und also das programmatisch Neue der Kunst bei Strawinsky nur vorgetäuscht wird – denn eine wirkliche, also durchgehende Befreiung der Dissonanzen findet nicht statt (wie sie eben im op. 3 von Adorno 1928 auf radikale, über Schönberg hinaus gehende Weise schon geschehen war). Einer der vielen, leicht nachvollziehbaren Beweise liegt darin, dass sämtliche Melodien diatonisch, also tonal gesetzt sind.

ur III: Die Einundzwanzigste. Debussy, Zappa, Hendrix

9. Dezember 2020 um 14:25 Uhr von ur

CD: Debussy, Zappa, Hendrix

Gesamtpartitur

(1 Technische Pause )
2 Claude Debussy, Lindaraja, für 2 Pianos, 1901
3 Frank Zappa, Hog Heaven, Guitar Solo
4 Claude Debussy, Jeux, 1915, Transkription für 2 Pianos von Jean-Efflam Bavouzet (2005)
5 Frank Zappa, Soup’n Old Clothes, Guitar Solo
6-8 Claude Debussy, En Blanc et noir, für 2 Pianos, 1915
9 Jimi Hendrix, Star Spangled Banner, Guitar Solo

2 Pianos: Stereopanorama-Einstellungen mit dem neuen Cubase Plugin Imager. Bass Piano 1 ganz links, Bass Piano 2 ganz rechts. Je höher die Töne, desto eher sind sie in der Mitte und desto mehr verteilen sie sich übers ganze Panorama.

Solo Gitarre: Octave provider (Cubase), Vibrator low frequenzy modulator (Falcon), Feedback Falcon (Effekt) & Cubase (Ringmodulator), Wah Wah (Effekt Falcon), 6, 24 und 48 Semitones (Falcon). Alle Gitarrensounds nach Noten und mit der Quellgitarre (keine Synthesizer). Sehr grosse und lange andauernde Glissandi mit Bending in den Noten unter verschiedenen Tempis und Anwendungen in Instrumentenspuren mit verschiedenen Pitch Bends. Sowohl die grossen wie die kleinen Bendings („Saitenziehen“) sehen so aus:

Das letzte, sehr lange Glissando. 1. Langsames Tempo. 2. Im langsamen, verklingenden Akkordglissando gibt es noch als zweite Stimme des Systems in Serie ein schnelleres, das wie ein Motor wirkt.

Stereo-Mono in Cubase

8. November 2020 um 6:25 Uhr von ur

Erst nach einem Jahr Arbeit mit Cubase 10.5 Artist wird klar, wie die Qualität der Stereopositionierung nach eigenem Gutdünken festgelegt werden kann, so dass die einzelnen Instrumente während des ganzen Stücks immer dort im Stereoraum spielen, wo man sie auch haben will.

Nach der primären Links-Rechts-Positionierung in der Mixconsole (F3) geht man auf Insert.

Spatial & Panner wählen.

Stereo Enhancer.

Jetzt muss man selbst experimentieren. Reines Mono einer Spur tönt im Kopfhörer schlecht. Zwischen 20% und 40% hat bei mir ein gutes Resultat ergeben. Die Spuren sind auf diese Weise fixiert, aber immer noch leicht elastisch im Raum stehend. – Auch der Ausgangskanal mit dem Hauptregler für die Lautstärke lässt sich auf dieselbe Weise beeinflussen.