Archiv für den Monat Februar, 2018

Giacinto Scelsi: Konx-Om-Pax

Donnerstag, 15. Februar 2018

Soeben auf Ö1 Konzert vom 28. Jänner 2018 im Großen Musikvereinssaal in Wien, Wiener Symphoniker, Dirigent: Philippe Jordan, Chor: Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.

Giacinto Scelsi: Konx-Om-Pax. – Ich mag Scelsi nicht, aber diese Aufführung habe ich als eine normale Interpretation eines guten Werkes empfunden.

Grubinger spielt Psathas

Mittwoch, 14. Februar 2018

Soeben live auf France Musique concert donné le 6 février 2018 à la Maison de la Radio à Paris. Martin Grubinger, Schlagzeug und Percussion.

John Psathas, One Study One Summary, pour marimba et sons fixés (2004-2005). – Grosses Vergnügen mit grosser Musik.

Dialektisches Drumrum zum Plumps

Donnerstag, 8. Februar 2018

1970 erschien in den Akzenten 5 das Gedicht von Günter Kunert über Alexander Cumming, das ich zehn Jahre gewöhnlicherweise, weil abgeschrieben an der Wand angeheftet, jeden Tag vor Augen hatte: Cumming hatte das WC mit dem doppelt gekrümmten Abflussrohr zwar nicht erfunden, aber 1775 patentiert und dem modernen Abtritt so realiter den Zutritt zum gesellschaftlichen Alltag verschafft. Des Dichters Lob ist nicht frei von Resignation, denn er bezeichnet den „Erfinder“ als ein Beispiel der Geschichte, woran keiner eines sich nimmt; die reale Welt, wie sie ist und wie sie im Detail von einzelnen so geschaffen wurde, wird die Menschheit nie zu würdigen verstehen.

Zwanzig Jahre nach der Einführung des WCs in die Gesellschaft dachte auch Kant seiner, auf seine Weise. Bekanntlich forcierte er den Glauben an das Gute im Menschen und fesselte ihn im System mit dem Willen zur Pflicht („…, d. i. wornach sie von selbst freiwillig handeln würden, wenn sie sich selbst gehörig prüften“). Doch als Siebzigjähriger liebäugelte er in den Gedanken vom Ende aller Dinge nicht wenig mit dem Gegenteil. In einer langen Fussnote, die nur zum Schein dem eigentlichen Text an den Rand gestellt ist, gibt er den Erzählungen Raum, die teils den Menschen tel quel, teils seinen Lebensort als die schlechteste aller theologischen Denkbarkeiten favorisieren. Unter ihnen die Geschichte eines persischen Witzlings, der das Paradies in den Himmel verlegt gehabt hätte. Das Paar verdaute alle Esswaren optimal, mit Ausnahme der Äpfel des verbotenen Baumes. Ein Engel kam zu den Leidenden und zeigte mit dem Finger durchs Universum zum Planeten Erde: auf jenem Abort aller Welten hätten von nun an sie sich, als Menschen, der Reste des Verdauten zu entledigen.

Der laute, expressionistische Brecht, dessen Optimismus durch Erinnerung der kleinen Leute („Wer war Caesars und wer Alexanders Koch?“) Kunert in Frage stellt, weil wir die Antworten ignorieren, die uns der Alltag immer schon vorführt, lässt Baals Orge fragen: „Was ist der schönste Ort auf Erden? – Der Abort!“ Das Leben und der Lebensort im Ganzen hin oder her – grad was als Übelstrüchiges gilt, gilt’s zu erobern und die Souveränität darauf zu zelebrieren. Das tut ein jedermensch auch in der globalisierten Welt von heute. Passt man nicht auf und gerät auf Facebooks Seiten ins Abseits aller Spuren der Friends, steht man unverhofft ohne Schutz im Durchfluss der Zerstreuung, im Hemmungslosen gänzlich jenseits der Kategorien von Gut und Böse, Schön und Schlecht, Interessant und Überdrüssig. Von Gesellschaft, Geschichte und einer Idee der Menschheit ist da nichts mehr zu erkennen. Das Theatrale an den Geschichten, die kein Ende in Aussicht stellen und Kant so stark herausforderten, verwandelt sich zur einzigen, empirischen Freakshow der Trump- und Blocherfans. Auch diejenigen, die sich explizit dagegenstellen, also so, dass jeder es sieht, müssen auf ihren Bahnen fahren. Man kann solches nicht untersuchen, im Ganzen, in ihm Strukturverhältnisse unterscheiden und es selbst oder Einzelheiten kritisieren. Aber man kann Objekte von aussen ins Scheisshaus schmuggeln, die die Freaks in ihrer infantilen Destruktivität verleugnen müssen. Diese Objekte stehen herum wie Kinder, die kein anderes zum Mitspielen finden. Aber sie werden nicht wegzuleugnen sein.