Archiv für den Monat Oktober, 2018

Transzendentale Digitalwelt, ersehnt

Dienstag, 30. Oktober 2018

Unsere Zeit hat etwas von derjenigen in der Geschichte der Philosophie, die Kant vorausgeht. Sie ähnelt dem absoluten Rationalismus. Wie in diesem alles, was sich in sprachlicher Form denken lässt, auch ernstzunehmender, begrifflicher Bestandteil eines Argumentationszusammenhangs und also tel quel Moment der Theorie ist, befeuert jedes Statement heute – selbst der allerschlimmsten Dummköpfe – die öffentlichen, politischen Diskurse, letztlich die Art und Weise jedes sprachlich verfassten Artikels; die Entäusserungen der Wirren sind materieller Bestandteil des globalisierten Alltags. Kants Kritik oder Reduktion des Rationalismus fragt nach den Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis- oder Theoriemomente und wie dieselben auch zur Voraussetzung ihrer Wirklichkeit gehören. Wir sehnen uns vergeblich heute nach solchen transzendentalen Wegweisern und phantasieren sie uns am liebsten allsogleich materiell eingepflockt in die digitalen Kommunikationswelten. Wir scheitern und werden uns weiterhin gegen die Windmühlen in schlechten Lüften wehren müssen.

Mantovani, Murail, Messiaen

Mittwoch, 24. Oktober 2018

Soeben live auf France Musique Concert donné le 28 juillet 2018 à l’Eglise de La Grave dans le cadre du festival Messiaen au pays de la Meije. Hae-Sun Kang (violon), Martin Adamek (clarinette), Marc Coppey (violoncelle), Marie Vermeulin (piano).

Bruno Mantovani (1974-), All’ungarese, für Klavier und Geige. – Ein freies, sehr dynamisches Stück, das einen nicht selten an John McLaughlin und seine Geiger denken lässt.

Tristan Murail (1947-), Stalag VIIIA pour violon, clarinette, violoncelle et piano. [Commande du Festival Messiaen au pays de la Meije et du Meetingpoint Music Messiaen à Gorlitz].

Direkt daran angeschlossen, ohne Applausunterbruch: Olivier Messiaen (1908-1992), Quatuor pour la fin du Temps pour violon, clarinette, violoncelle et piano.

Eine gute Idee mit einer gelungenen Realisation: Murails Stück enthält durchs Band Elemente des Quatuor, aber auf eine Weise, als ob Messiaens Stück hinter kleinem, kaum durchsichtigem Fensterglas gehalten würde, mit der Gelegenheit, seine geschichtliche Verortung zu bedenken – um dann im direkten Anschluss daran endlich wieder einmal zu ihm selbst gelangen zu können.

Peter Ruzicka 70

Dienstag, 23. Oktober 2018

Soeben live auf Bayern 4 Konzert vom 5. Oktober 2018 in München mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und dem Vocalconsort Berlin, Leitung: Peter Ruzicka, Solisten: Carolin Widmann, Violine; Giuliano Sommerhalder, Piccolotrompete; Sergei Nakariakov, Trompete.

Peter Ruzicka: „Fünf Bruchstücke“; „Loop“ (Uraufführung); „… Inseln, randlos …“; „Flucht“, Sechs Passagen

Eine farbige Musik, die mit ein bisschen Unterstützung ein breites Publikum finden wird, nie eindeutig ausserhalb der Tonalität, ständig dramatisierend oder erzählend wie Filmmusik und in den harmonischen Ruhe- und Fluchtpunkten durchwegs leicht zu fassen.

Bergabstieg

Montag, 22. Oktober 2018

Äusserst langer Traum, in einer Fünfergruppe den Berg hinunter, nicht aber einem Weg entlang, sondern immer durch Gebäude hinunter, teilweise luxuriöse Chalets, teilweise durchs Gemäuer oder sonstwie durch die Infrastruktur von Mehrfamilienhäusern. In der Hand halte ich einen Stapel von fünf bis zehn handtellergrossen Blättern, jedes enthält eine Skizze der Häuser, durch die wir ziehen. Mindestens einmal geht es durch die Wasserleitungen hinab. Am Schluss stehe ich mit den Blättern vor Polizisten, die entweder uns verhaften wollen oder bereits zum Gericht gehören, das sich mit uns befasst.