Archiv für den Monat April, 2016

Hillborg, Murail, Kishino, Scelsi, Saariaho

Dienstag, 26. April 2016

Soeben live auf WDR3 vom 23. Oktober 2015 NOW! Prismen: Gondwana mit dem ChorWerk Ruhr, Bochumer Symphoniker, Leitung Florian Helgath, Aufnahme aus der Philharmonie Essen.

Anders Hillborg, Mouyayoum für 16stimmigen gemischten Chor.

Tristan Murail, Gondwana für Orchester.

Malika Kishino, Chant für Chor und Orchester, Uraufführung.

Giacinto Scelsi, Tre canti sacri für Chor a cappella.

Kaija Saariaho, Oltra mar für Chor und Orchester, deutsche Erstaufführung.

Ein schönes Konzert mit besänftigender Musik – das Interview mit Malika Kishino vorbildlich und neugierig machend. In der Schweiz wäre das Ganze unvorstellbar, sowohl als Konzert wie als Radiosendung, und – man glaubt es vielleicht nicht auf Anhieb – in Frankreich ebenso. Der norddeutsche Raum ist für gute Musik singulär, auch in der Ära nach Stockhausen.

Höller, Pesson, Hodkinson, Cattaneo

Montag, 25. April 2016

Gestern Abend direkt live auf WDR3 von den Wittener Tagen für neue Kammermusik 2016 das Schlusskonzert mit Aart Strootman E-Gitarre, WDR Sinfonieorchester Köln, Leitung Emilio Pomàrico.

York Höller, Ausklang und Nachtecho für Kammerorchester, Uraufführung.

Gérard Pesson, Pastorale für Kammerorchester, Uraufführung.

Juliana Hodkinson, … can modify completely / in this case / not that it will make any difference … für E-Gitarre und Kammerorchester, deutsche Erstaufführung.

Aureliano Cattaneo, resto für Kammerorchester, Uraufführung.

Fünf Meisterwerke unterschiedlichen Charakters, aber alle in bester Qualität, und für alle der Wunsch, sie schnell noch einmal hören zu können.

Bern: Todesgefahr bei SBB und BLS

Sonntag, 24. April 2016

Im Berner Bahnhof sind die Geleise 12 und 13 seit jeher schlecht organisiert und im Einzelfall schlecht geführt, bezüglich des Personals schlecht gemanagt. Sowohl das zugrunde liegende System wie das Personal sind für die Fahrgäste, insbesondere die ortsunkundigen, eine Zumutung. Letzten Freitag fuhr der Zug 17.08 Uhr Richtung Neuenburg und Murten/Payern eine halbe Stunde später, ohne Auskünfte die ganze halbe Stunde, dann ohne Ansage auf dem gegenübergelegenen Geleise und mit einer einzigen statt mit vier Kompositionen.

Soeben ging es an derselben Stelle um Leben und Tod. Bevor der Zug auf Gleis 12 mit der fahrplanmässigen Abfahrt 9.08 Richtung Neuenburg und Murten vom Depot herkommend einfuhr, gab es eine mehrmalige Ansage, dass er ausserplanmässig statt auf Gleis 12 auf Gleis 12 abfahren würde. Merde, ich habe mich nicht vertippt! Normalerweise steht kein Personal für Fragen auf dem Perron. Heute standen über fünf orange gewandete Personen zu Diensten, die einem spontan die Frage stellten, wohin man müsse. „Nach Bümpliz.“ „Das ist okay, Sie stehen richtig und der Zug fährt hier ab.“ Eine Minute vor acht ab neun fährt der Zug ein … auf Gleis 13. Die Orangen staunten noch verwirrter als die Fahrgäste (wir sind solche Überraschungen in diesem Bereich des Berner Bahnhofs gewohnt). Dann fährt der Zug ab, kein wirkliches Problem bis jetzt.

Plötzlich zweifle ich an meinem Bewusstseinszustand. Werde ich dement oder alzheimergeplagt: ich erkenne die Aussenwelt nicht mehr!!! Wir fahren falsch!!! Mir wird heiss und kalt, denn es ist leicht zu sehen, was das bedeutet: wir fahren über die Fribourger Strecke und dann auf derjenigen nach Belp und nach Schwarzenburg! Werktags gibt es an dieser Übergangsstelle sicher vierzig Züge in der Stunde – und unsere Zugfahrt ist nirgends vorgesehen… Beim Europaplatz hält der Zug, und der Tourist vis-à-vis beginnt nun auch zu kapieren. Auch wenn wir auf der linken Spur halten, sind wir nicht sicher, ob ein Zug nach Belp oder Schwarzenburg von hinten auf uns auffährt… Die Türen sind geschlossen, endlich meldet sich der Lokiführer: immerhin hat er die Falschfahrt als solche registriert und mit der Aussenwelt, die das Chaos indes uns eingebrockt hatte, Kontakt aufgenommen. Die Tür lässt sich jetzt öffnen, ich spurte die Treppe hinauf. Nur schnell weg von jedem Gelände der BLS und der SBB.

Bei der SBB und der BLS sollte endlich zur Kenntnis genommen werden, dass das Perron 12/13 im Bahnhof Bern einem falschen System untersteht und bis in die Personalien neu organisiert werden muss. Die Fahrgäste müssen an jeder Stelle in Erfahrung bringen könnnen, wann ein Zug abfährt und wohin. Nein, heute ist das unmöglich: kein Zug ist angeschrieben, keine genügende Anzahl von Tafeln ist vorhanden, die einem die Auskunft vermitteln würden. Dieser Systemfehler ist so grundlegend, dass er offenbar auch aufs Verhalten des Personals Auswirkungen zeigt, wie diejenige einer falschen Weichenstellung.

Zusatz anderntags am Abend: Bei der Heimreise von der Emmener Alp habe ich die Strecke nochmals angeschaut. Ganz so extrem schlimm war es gestern nicht, weil der Geleiseverlauf Richtung Belp und Schwarzenburg gar nicht über die Fernlinie Fribourg-Lausanne geht, sondern unter ihr ein paar Meter abtaucht. Zu befürchten war nur, dass ein Folgezug von hinten in den unseren auffährt. In der Skizze oben dürfte die rote Linkskurve nicht ohne Unterbruch durchgezogen sein, da sie in Wirklichkeit unterhalb des Niveaus der gelben Strecke verläuft.

Hugues Dufourt, Apollon et les continents

Samstag, 23. April 2016

Soeben direkt live auf WDR3 von Witten 2016.

Hugues Dufourt, Apollon et les continents, d’après Tiepolo für Ensemble, Uraufführung des Zyklus, ensemble recherche. L’Afrique d’après Tiepolo (2004), L’Asie d’après Tiepolo (2009), L’Europe d’après Tiepolo (2011), L’Amérique d’après Tiepolo (2016).

Eine grossartige farbige Musik, die mittels Mehrfachklängen aus einem kleinen Orchester ein symphonisches hervorzaubert. Ein zweistündiger Werkkomplex, der zum Deuten herausfordern wird.

Die unmittelbar beeindruckende Komposition bezieht sich auf ein Monument der Freskenmalerei, das einem modernen Menschen unbekannt ist, da es einen mehrmaligen Gang in die Würzburger Residenz voraussetzt und wegen seiner räumlichen Komplexität an den Deckenwänden nur behelfsmässig in einem zweidimensionalen Format, sei es gedruckt oder am Bildschirm, reproduziert werden kann. Der Prunk der Residenz, der sich durchaus in dem der aktuellsten Potentaten weltweit widerspiegelt, stösst einen ab und lässt einen im falschen Glauben zurück, die Malerei Tiepolos hätte nur in Affirmation zur Gewalt der Herrschaft realisiert werden können. Denn dem scheint nicht so zu sein. Der bildende Künstler der alten Zeit verwirklichte verschiedene Deutungsphantasien, die sich wenn nicht als politische, so doch als Zeitkritik rekonstruieren lassen. Wie auch immer: der Zusammenhang der Kritik ist unwiderruflich mystifiziert (gewöhnlicherweise religiös motiviert) und kann nicht ohne Gehaltsverlust in die moderne Sprache übersetzt werden. Wegen der unbestreitbaren Bedeutsamkeit des musikalischen heutigen Werkes wird die Frage lange zu diskutieren sein, wie der Komponist die kritischen Impulse der Malerei sowohl in sein Medium wie in die heutige Zeit umzuschmelzen vermochte. Gelungen ist ihm Grosses – doch was eigentlich, muss man erst noch herauszulesen verstehen.

Eun-Ji Anna Lee, Intaglio

Freitag, 22. April 2016

Soeben direkt live auf WDR 3 Witten 2016, Trio Catch.

Eun-Ji Anna Lee, Intaglio für Klarinette, Violoncello und Klavier, Uraufführung. – Ein ordentlich gutes Stück, das man gerne noch ein paar weitere Male hört.

Google Street News

Freitag, 22. April 2016

André Arnold du Saint Plomb avec sa baguette…

Lara, Mâche, Fedele

Montag, 18. April 2016

Soeben live auf France Musique concert enregistré le 9 février 2016 à la Salle des concerts – Cité de la musique. Johan Leysen, words, Han Römer, Croak, Ensemble intercontemporain, Ilan Volkov, direction.

Felipe Lara, Fringes. – Effekthascherischer Leerlauf, ohne verbindlichen Zug im Zusammenspiel der Instrumente.

François-Bernard Mâche, Kassandra, pour ensemble instrumental et sons enregistrés. – Naturaufnahmen und naturimitierende Instrumentalpassagen, zuweilen dicht komponiert und zuweilen gut zusammengestellt.

Ivan Fedele / Samuel Beckett, Words and Music. – Ausmalmusik, okay aber nicht zwingend.

Vladimir Raz 94

Samstag, 16. April 2016

Die Emmener Älpler müssen auch ihre Geschenke selbst mitbringen: Carona Mai 1979 (Tessin) und Fauna und Flora Remixed aus Vladis Zeichnungen auf der Elsigenalp der Sechzigerjahre.

Harvey, Zimmermann, Stockhausen

Montag, 11. April 2016

Soeben live auf France Musique concert enregistré le 30 janvier 2016 à l’Amphithéâtre de la Cité de la musique, Philharmonie 2.

Jonathan Harvey (1939-2012), … towards a pure land pour grand orchestre. Orchestre du Conservatoire de Paris, Ensemble intercontemporain, Matthias Pintscher, direction. – Glatt und brav.

Bernd Alois Zimmermann (1918-1970), Antiphonen, pour alto et petit orchestre. Odile Auboin, alto, Orchestre du Conservatoire de Paris, Ensemble intercontemporain, Matthias Pintscher, direction. – Das beste Stück des Abends.

Karlheinz Stockhausen (1928-2007), Gruppen, pour trois orchestres. Orchestre du Conservatoire de Paris, Ensemble intercontemporain, Matthias Pintscher, direction, Paul Fitzsimon, direction, Bruno Mantovani, direction. – Das Stück hängt leicht schief in der Luft, als ob ihm ein einheitlicher Impuls in der Tiefenstruktur fehlen würde. Früher wurde es weniger differenziert aufgeführt, faszinierte aber mehr; was nervt ist eine gewisse Beliebigkeit. (Der chaotische Mittellteil ist von der Kritik ausgenommen: superb gespielt wie noch nie!!!)

Jungfrau Valesia

Samstag, 9. April 2016

https://www.anzere.ch/tourismus-ski-spa/webcams-anzere-135.html

„Der Bund“ Essaypreis

Mittwoch, 6. April 2016

Soeben direkt live auf der Website der Zeitung Der Bund die Veranstaltung der Verleihung des Essaypreises.

Anna Sutter aus einer verborgenen Ecke Argentiniens: Herzliche Gratulation zum Text, zur Präsentation – und zum Preis!

Zusatz nach der eigentlichen Lektüre des Textes anderntags: Die Kurven und Wendungen sind vorzüglich und treffsicher genommen, stossend möglicherweise die Pirouette mit der Geburtstagsparty (indes unvermeidlich bei der gehorsamen Befolgung der gegebenen Fragestellung). Man könnte das Terrain der Subjektivität jetzt etwas verschieben und nach dem Rätselhaften fragen, das im Innersten des Systems seine Kräfte so mächtig entfaltet, dass offenbar buchstäblich alle von ihm in Beschlag genommen werden, ausser in vorübergehenden Momenten diejenigen, die dem blossen Willen folgen, sich anzustrengen, um überhaupt zu einem ersten schüchternen Blick dagegen anzusetzen. Ist der Name der Warenform endlich ins Spiel gebracht, wird es leicht, darüber zu sprechen, ob es heute noch möglich ist, Gebilde in die Welt zu setzen, die ihr nicht gehorchen (wenn es auch weit weniger schnell einsichtig wird, welche es denn sind). Es gibt sie immer noch, als förmliche Ausnahmen (es sind dieselben Gebilde, die die Künste vorantreiben und sowohl die Gewalt in den Gesellschaften abbauen wie die Voraussetzungen der Freiheit in ihnen absichern), und wer sie aufstöbern will, mit der genannten auf sich genommenen Anstrengung, ist nicht mehr blosse Funktion des mystifizierten Ganzen. Dass aber in einem solchen Verhalten in peinlicher Weise immer noch von einer besonderen Persönlichkeit gesprochen werden müsste, die sich gegenüber phantasierten Anderen absetzt, wird durch die veränderte Formanlage in der Fragestellung, wo die gegebenen Objekte im Zentrum stehen, mit Fug überflüssig.