Archiv für den Monat August, 2008

Aiguille du Midi

Montag, 25. August 2008

Gestern auf der Aiguille du Midi über Chamonix, bereits um 10.30 Uhr auf 3845 Meter Höhe, und erst noch zum halben Preis (19 statt 38 Euro: Merci!). Diese Berglandschaft gehört zum Ältesten, was ich überhaupt im Kopf habe, weil wir zu Hause für mich immer schon eine Broschüre oder ein Büchlein über die Bahninstallationen in ihr hatten, welche zusammen mit den Bildern der Grande Dixence mich davon verschonten, Werken der Ingenieurskünste herablassend zu begegnen. Erst heute Abend, nach der Bilderbearbeitung (ca. 450), sehe ich, dass dieses exquisite Nadelmeer, das auf den fünfzigjährigen Fotos nur in Details und teilweise hinter Nebelgebilden verdeckt erscheint, als fester Bestandteil meiner Kinderalpträume figurierte. Gestern zeigte es sich von einer Seite, die nicht hätte schöner sein könnte.

Vom Lawinenunglück, das am selben Morgen um drei Uhr geschah, erfuhr ich erst abends zuhause etwas. Das perfekte Funktionieren des Betriebs hatte das Geheimnis des Tages nicht preisgegeben. Ich konnte mir die ganze Zeit dort oben, in der ich an ein anderes tödliches Ereignis am Mont Blanc dachte, seitlich hinter ihm, am verborgenen Innominata, nicht vorstellen, dass Unfälle passieren, ohne dass noch vor ihrer eigentlichen Katastrophe von der Betriebsseite her nicht eingegriffen würde.

Fast ein Konzert

Donnerstag, 21. August 2008

MusikerInnen müssen bekanntlich nicht unbedingt in einem Konzert eine Aufführung bestreiten, wenn sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden sollen. Gewöhnlicherweise geschieht der Ersatz durchs Abspielen einer CD oder eines ähnlichen Trägers. Sujay Bobade ist heute durch eine ungewohnte Hintertür ins Licht der Öffentlichkeit getreten. In der Mittagssendung DRS Aktuell hatte man in einem Beitrag über das Kulturbüro in Bern von einem Angestellten ein typisches Kundentelefongespräch aufgenommen, in dem just der Berner Flötist aus Bombay sich nach einem Fahrzeug erkundigte, das er beim Kulturbüro kurzfristig mieten möchte. Trotz der Hartnäckigkeit, die dem aufmerksamen Radiohörer nicht verborgen bleiben konnte, musste der Konzertkünstler für dieses eine Mal vertröstet werden. Ein Hörerlebnis war es allemal, nicht weltbewegend zwar, aber doch die Herzen der Fangemeinde treffend, die nun darum bangt, dass der Konzertbus und seine Bagage doch noch rechtzeitig am Bestimmungsort eintreffen mögen, wo dann kein Ersatz, sondern ein veritables Konzert zur Aufführung gelangen soll.

http://indianartnews.ning.com/profile/sujaybobade

Hier ist im Moment auch nicht viel mehr los, und wo das Konzert wäre, kann ich da auch nicht herauslesen:
http://www.sujaybobade.com

Aber da ist er ohne Schwierigkeiten immer wieder gut zu sehen & zu hören:
http://www.youtube.com/watch?v=jbYrFTCu5Ec

Astronomische Entzifferungsschwierigkeiten

Mittwoch, 20. August 2008

Gestern Abend und heute Morgen die Namen der Berggipfel in den Voralpen westlich des Niesens zu bestimmen versucht, die sich auf den Zoom-Fotos von gestern in der Früh eben auf jenem Aussichtspunkt zeigen. Gewiss habe ich es ganz gerne, Gebilde zu deuten, die eine grosse Dichte und Komplexität aufweisen, weil sie schon allein durch diese Merkmale dem Widerstand leisten, was einem die Kulturindustrie zum Frass vorwirft, um gefügig zu bleiben. Auch wenn es bei Bergnamen nicht um Deutung sondern um blosses Identifizieren und Entziffern handelt, bin ich bei dieser Arbeit in höchsten Missmut verfallen, weil ich ständig von neuem Fehler produzierte. Das kommt daher, dass die verfügbaren Karten nur zweidimensionale Abbildungen bieten, die Momente in einer Struktur aber zu isolieren sind, die sich vollkommen dreidimensional darstellt und in ihrer Dreidimensionalität gelesen werden muss. Es nützt einem fast nichts, zu wissen, der eine Gipfel sei links oder rechts des bekannten, wenn sich im Hintergrund ein ähnliches Strukturgefüge aufdrängt, von dem man nicht glauben will, dass man es über eine so weite Strecke überhaupt sehen kann. – Ich habe nun eine kleine Ahnung, wie AstronomInnen zu Mute ist, wenn sie sich über Positionen von Einzelgebilden im unendlichen Universum Klarheit verschaffen wollen, das im Ganzen keinen Sinn freisetzt, den die Arbeit schliesslich deuten dürfte. Alles Unsinn und blosser Leerlauf für die Katz – oder edle Perlen vor die Säue?

Von Schafen & Gemsen

Sonntag, 10. August 2008

Die musikalischen Freunde der Lüfte sind auch nur Menschen:

http://www.gletscherflug.ch/

Brand’s Haide heute

Samstag, 9. August 2008

Das frühe kleine Werk von Arno Schmidt über einen Frühlingstag und je einen des Sommers und des Herbstes des Jahres 1946 in einem winzigen Kaff am Rand eben der Brands Haide (auch Brandshaide), einem literarischen Ort geschaffen von Fouqué, dessen Biographie und Werkausschnitte selbst wiederum den Schmidt-Text in nicht bescheidener Breite durchziehen, beeindruckt noch wie vor 57 Jahren, als es erschienen war oder, in meinem Fall, wie vor über dreissig Jahren, als ich es zum erstenmal gelesen hatte. Deutlich wird nun, wie das Widerborstige oder Schwierige nicht nur als Stilmittel oder als eine Verfahrensfrage dasteht, sondern zur innersten Technik des Werkes gehört, die allein seinen intendierten Gehalt zutage schaffen kann. Denn das Spannende heute dieses Werks liegt weniger in der Art und Weise, wie es gemacht ist, weil man sowieso in Kenntnis davon liest, dass die späteren interessanter gebaut sind; den ganzen Nachmittag lang verfolgte ich gebannt, wie die politische und soziale Gefühlslage sich in den Einzelnen zeigt und wie ihr existentielles Weltbild Konturen annimmt. Das geschieht nicht durch Beschreibungen, Zuschreibungen und Deklarationen, sondern durch Konstellationen von bescheidenen Beschreibungsbruchstücken und desto weiteren Auslassungen, die sie zusammenhalten. Das unverhoffte Nichtverstehen einer Passage erscheint als Signal dafür, dass vom Gehalt her Substantielles passiert, das aber so ungeheuerlich ist und so wenig nachvollziehbar erscheint, dass man es nur in der erlebten Spannung zu ertragen vermöchte. Das Ungeheuerliche liegt darin, dass keineswegs davon ausgegangen werden darf, dass faschistische Reaktionsweisen und Dispositionen uns als vergangene erscheinen, die man aus Distanz und innerlich unbeteiligt verfolgen würde. Auch der frühe Arno Schmidt porträtierte für uns allergegenwärtigste Gesellschaftsmitglieder.

Briand’s Faible

Freitag, 8. August 2008

Frau Briand war vor 40 Jahren Grossmutters Putzfrau, und sie unterliess es bei keinem ihrer Arbeitsbesuche, mir Bubbi klarzumachen, dass sie ungemein gerne hierher käme, weil sie in diesem Haus mit dem allerbesten Staubsauger des ganzen Wallis ämbrüf & embrie werken dürfe. Siggsdeswiäh, das Prunkstück ging vor dreissig Jahren in meine Hände, und ich darf mit Fug behaupten, es nie benutzt zu haben ohne jener Frau Briand zu gedenken. Heute wurde sein Todesurteil gesprochen. Da nur noch ein letzter Staubbeutel vorhanden war, machte ich mich auf die Suche nach einer neuen Packung, die ich gewöhnlicherweise knapp alle sieben Jahre zu ersetzen hatte. In drei Fachgeschäften zeigten mir die Verkäuferinnen auf ihre Staubsaugerbeutelpackungen mit den heutigen Formaten und Beschriftungen und meinten, ich müsste die exakte Bezeichnung des Geräts mitbringen, weil die mitgebrachte alte Packung keine Angaben enthalte, die mit den neuen zu korrespondieren verstünden. Zuhause unter den Sauriersauger gekrochen, Taschenlampenstrahl an- und die Lupe aufgesetzt: Elektrolux ZE70. – „Iiii Dteehr! Ist das überhaupt schon einer mit Strom? Neiauso, für den können wir nichts mehr tun, die Staubsaugerbeutelproduktion für dieses Modell wurde schon vor einigen Jahren eingestellt.“ „Und ein Museum kennen Sie keines, das mir ein paar Beutel für kommende kurze Zeiten überlassen könnte?“ – Je nun, eingenommen hat der alte Walliser schon lange nicht mehr viel durchs Rohr, die meiste Frischluft nahm er an immer neuen Stellen im Schlauch zu sich; Flicken und Bandagen hatte er (und hat sie vorläufig immer noch) wie ein medizinisch frisch Versorgter nach einem Matterhornabsturz. Dann müsste ich mich also langsam mit dem Problem auseinandersetzen, wie ein Nachfolger seinen Weg in den hiesigen Putzschrank zu finden vermöchte. Nicht dass er kein Bester mehr sein kann, ist die Schwierigkeit, sondern dass man keine Schwäche zeigen darf, wenn das Gesamtpaket, und nicht nur separat gebündelte Teile daraus, über die Strassen getragen werden soll.

Bilderklau wie immer lustig

Samstag, 2. August 2008

Man sollte mit dem Talent gesegnet sein, auf einem Weg des schonenden Anhaltens dem ruhmreichen „Autoren“ dieser Website
http://jean.brethaut.googlepages.com/home
klarmachen zu können, dass sich mit fremden Federn zu schmücken zwar noch lange kein Kapitalverbrechen, aber der Start doch schon für eine Laufbahn ausserhalb des üblichen moralisch-rechtlichen Rahmens darstellt. Auf einer einzigen Seite zähle ich bis zum 30. Juli 2008 nicht weniger als 18 Bilder von mir – aber die ueliraz-Site ist kein gratis Bilderdienst…