Archiv für den Monat November, 2009

Geglücktes Sein

Mittwoch, 18. November 2009

Langer Traum in einem neu bezogenen alten Häuschen oberhalb eines Dorfkerns als Mischung zwischen Leysin und Salvan. Einer der lebenslang sehr häufigen Wohnungsträume, mit der Besonderheit, dass sich die Zimmer nicht ins Unendliche aneinanderreihen und nicht plötzlich ins Katastrophische kippen und dass der Traum keine Angst- oder Unsicherheitsmomente enthält, sondern ungetrübt ein grosses Glücksgefühl. Das Haus besteht aus zwei Stockwerken; ich bin im oberen, das zwei oder drei Zimmer umfasst. Die Aussenwände sind einfache Blockbalken, stellenweise mit Zwischenräumen, durch die man sehen kann und die auch die gedämpften Geräusche von aussen, aus dem Dorf unterhalb und aus den benachbarten Gassen in der Nähe hereintreten lassen. Solches wird nicht als Mangel oder Schaden empfunden, umgekehrt auch nicht irrational als gutes Extra bewundert. Ich bin daran, die unendlich vielen Bücher, die teilweise aus meinen eigenen, aber auch aus übernommenen, noch unbekannten und quasi geerbten bestehen, zu sichten und ansatzweise in den Gestellen und Schränken einzuordnen. Die meisten sind auf dem Boden oder auf Tischchen, häufig geöffnet, so dass die Räume wie ein durchgehender, bloss mit Bildern, Zeichnungen und realen Objekten unterbrochener Text erscheinen. Die Möbel sind gut erkennbar, wenn auch partienweise mit Tüchern zugedeckt; darunter finde ich auch ein Klavier, das mich besonders freut. Diese Freude zeigt an, dass ich mich nicht wie aktuell gegeben behindert fühle, sondern daran denke, es ernsthaft zu spielen. Das Kennenlernen der Zimmer ist ein Genuss gleichwie die Aussicht aufs Dorf und die Landschaft im warmen Abendlicht. Was die begutachteten Texte in mir auslösen, weiss ich nicht mehr, auch nicht, ob ich vorhatte, ein Nachtessen zu kochen. Zur vorgerückten Stunde schreibe ich ganz modern ein SMS an die Mitbewohnerin im unteren Stock, uneindeutig im Status der Verheirateten oder nicht, ob ich die Nacht bei ihr verbringen dürfe. Ich kann nicht sagen, wie die Antwort erfolgte, ob per SMS, durch Handyanruf oder durch Rufen direkt nach oben, was ja nicht laut & schallend hätte geschehen sein müssen – beim Aufwachen war ich im glücklichen Zustand desjenigen, der eine positive Antwort bekommen hat, und ich fühlte die Frau mehr als dass ich sie vor dem inneren Auge gesehen hätte, nicht irgendeine, sondern eine bestimmte Bekannte, auf die ich mich freute. Beim Aufwachen fragte ich mich verwundert, wer es denn gewesen wäre, und da mir keine Bekannte in den Sinn kam, liess ich die Frauen des Tages der Reihe nach passieren. Dank der falschen Wetterprognose auf allen Kanälen war ich unterwegs ins Wallis, wo ich aber am geplanten Ort den Zug nicht verliess sondern weiterbrauste und via Lausanne ohne Pause nach Bern zurückkehrte. Morgens in Bern trieb es mich in eine Gruppe von vier Japanerinnen, so unerlebt schön als wären sie alle je Miss Asia, die Jüngste knapp 16, die Älteste knapp 22. Zwei schliefen bis Visp, die anderen beiden sangen lauthals die neuesten Hits aus dem Osten, ohne dass man aus den verkabelten Geräten das schlechte Urgeräusch hätte erleiden müssen. Beim Aussteigen war ich so abgelenkt, dass ich den Kopf an der Gepäckablage anstiess, was die beiden, die mit der ganzen Gruppe nach Brig und dann wohl ins Land der Zitronenblüten weiterfuhren, zu Lachgeschichten über die unbeholfenen und gebrechlichen Eingeborenen aufstachelte. In der Schwärze des Unterwalliser Himmels und im fetten undurchsichtigen Dunst blieben die Vier strahlende Sonnen der Phantasie während der ganzen Fahrt, ohne dass ich sie mit dem Traum in Verbindung zu bringen vermöchte. Auch die beeindruckende Schwarze von Montreux bis Lausanne erweckt nachträglich nicht dieselben Empfindungen. Nah an dieselben kommt die Braunhaarige an der kleinen offenen Bar im Bahnhof Lausanne, wo ich unbedingt ein Stück Schokolade kaufen wollte. Obwohl die Tauschbegegnung schnell geschehen musste, weil der Zug schon parat stand, brachte sie eine Saite in Schwung, die die anderen Begegnungen anhaltend zu grundieren begann. Dennoch blieb ich beim Aufwachen am längsten bei einer der zwei Blondinen bis Romont hängen, die nicht älter als die Mädchen aus Japan schien und mit dem hellen Blond dem Braun der Mitbewohnerin gar nicht gleichen wollte, nichtsdestotrotz die ähnlichsten Gefühle zum Leben erweckte, die im Traum das Glück beschrieben.

Fotografenstandpunkt

Montag, 9. November 2009

Gestern eine e-Mailanfrage, wie es denn komme, dass bei mir einige Objekte in den Walliser Bergen die Frage nach dem Standort dubios erscheinen liessen, so beantwortet, dass es sich hierbei um eine blosse optische Täuschung oder Verunsicherung durch den kleinen Ausschnitt handle, den das starke Zoomen erreicht und wo die äusseren, mehr oder weniger benachbarten Fixpunkte, die einem vielleicht bekannt sind, weggeschnitten sind.

Beim Einschlafen lange mit Wachträumen fantasiert und über die uralte Frage nachgedacht, ob die Inhalte des Unbewussten, losgelöst von Zusammenhängen, überhaupt existentielle und biologische Funktionen haben können.

Soeben mit Konfusion aus einem langen Traum erwacht, in dem ich alle Fotoseiten meiner Website nach unechten Fotos durchstöberte, die nicht ich selbst gemachte hatte, sondern ein Computerprogramm durch gezieltes Verschieben des Auslösestandorts an einen beliebigen Punkt sowohl bezüglich der geografischen Koordinaten wie der Höhe. Da die technische Fotoqualität in diesem Vorgang dieselbe blieb, war diese Arbeit nicht nur eine moralische, sondern auch eine intellektuelle Herausforderung – durch blosses Betrachten und Erinnern musste entschieden werden, ob das zu beurteilende Bild ein realistisches Abbild wäre oder eine virtuelle Darstellung. Viele meiner überlangen Seiten schrumpften nun auf beängstigend kurze mit zuweilen bloss drei bis fünf echten, unverfälschten Bildern. Ich wachte in dem Moment auf, wo ich die Bilder der Illseestaumauer vom letzten 1. November beurteilte und mich darüber ärgerte, dass ich fürs Internet nicht das echte Bild vom Illhorngipfel aus gewählt hatte, sondern eines aus dem Programm mit einem Standort, der nur wenige Meter neben jenem, aber natürlich in der freien Luft errechnet worden war: die nebeneinander postierten Bilder zeigten nun keine Unterschiede! Erst als ich im langen Prozedere des Aufwachens sagen konnte, dass es ein solches Programm gar nicht gibt, war ich mir sicher, endlich wach zu sein.

Wenn ich einmal König bin

Samstag, 7. November 2009

Wenn ich einmal König bin, muss jede Fernseh- und Radiosendung vor ihrem Start die Meldung ausgeben: Stellen Sie Ihr Gerät so ein, dass kein Ton ausserhalb Ihrer eigenen Wände gehört werden muss! Dann werde ich glücklich sein, gleichzeitig von den Untertanen, den heutigen „Menschen“, aber so verhasst, dass ich bald wieder zum Bettler werde.