Archiv für den Monat Mai, 2011

Jumppanen: Stockhausen, Cage, Boulez

Dienstag, 31. Mai 2011

Gestern live auf France Musique, Concert enregistré le 30 avril à la Cité de la Musique à Paris, Parvi Jumppanen, piano.

Karlheinz Stockhausen (1928-2007), Klavierstück XI [957] (première version).

John Cage (1912-1992), Music of Changes [1951] (extraits), cycle en quatre parties pour piano: Music of Changes I, Music of Changes III.

Karlheinz Stockhausen (1928-2007), Klavierstück XI [1957] (deuxième version).

Pierre Boulez (né en 1925), Sonate n° 3 pour piano [1955, 1957, 1963, unfertig]: Formant 2 : Trope (Parenthèse, Glose, Commentaire, Texte), Formant 3 : Constellation-Miroir.

Ein Programm ganz nach meinen Wünschen, mit unverwüstlichen Werken, die doch solche waren, die alles das aufbrechen wollten, was in den 1950er Jahren unverwüstlich dreinzuschauen drohte. Es erstaunt nicht, dass ich mich beim Werk von Boulez am wöhlsten fühle, weil das Radikale vermittelt erscheint und die Musik einem zum Träumen Anlass gibt, zum Weiterträumen aus den musikalischen Ereignissen und Konstellationen heraus in noch unerkannte Universen hinein. Diese Musik hat noch nicht im geringsten zu altern begonnen.

Nakatani, Franke, Gelmini, Hartmann

Freitag, 27. Mai 2011

Soeben auf Bayern 4 gehört direkt live: Musica Viva, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Leitung: Lucas Vis.

Toru Nakatani: „For 54 players“ (Uraufführung). Ein Stück in äusserst interessanter mikrotonaler Stimmung, von dem man während des Hörens meint, es fehle ihm der Formwille, bis man ihn in den Bewegungen der Stimmung selbst herauszuhören beginnt. Ich würde es gerne noch mehrere Male auf CD hören, in einer Studioaufnahme ohne Huster und ohne Cablecom-Fehlgeräusche der Übermittlung.

Bernd Franke: „Praya Dubia“ (Uraufführung). Hübsch gemachte Unterhaltung, in der Ästhetik so fragwürdig wie John McLaughlin oder Zappa mit Orchester, wenn auch besser, immerhin. Ich protestiere dagegen, dass man eine interessante Stelle von Varèse kopiert (ein bis zwei Minuten nach dem Anfang) und dann so etwas Leichtes dahinbastelt.

Caspar de Gelmini: „Nightline“ (Uraufführung). In den erst später einsetzenden Orchesterparts höre ich gerne zu, in den dünn gesetzten Stellen nimmt mich das kompositorische Denken zu wenig gefangen. Ich wage die Behauptung, dass der Komponist zu wenig lange die serielle Musik studiert hat, um souverän sich davon distanzieren zu können. Er müsste zur Selbstdisziplinierung ein Stück für Blockflöte schreiben müssen, von dem er die Behauptung zu verteidigen hätte, dass aus ihm seine ganze Ästhetik herauszulesen wäre.

Karl Amadeus Hartmann: Symphonie Nr. 2 – Adagio. Ich kenne dieses Stück schon seit dreissig Jahren und habe es fast immer gerne gehört, auf Schallplatte, das letzte Mal vor über zehn Jahren. Heute dünkt mich, ich hätte etwas Neues gehört, in dem nur die akzentuierten Streicher die Erinnerung wachrufen. Ich folge der Aufführung fasziniert und freudig angespannt – Hartmann wäre ein wahrer Widersache von Schostakowitsch, und man müsste ihn ebenso oft im Radio spielen wie diesen, beide vorzugsweise zeitlich nahe beieinander.

Zusatz: Offenbar verspüren auch andere eine Nähe Hartmanns zu Schostakowitsch, denn als Füller nach dem Konzert bis zur Programmfortsetzung spielte man just Musik des Letzteren.

Traumland Graubünden

Donnerstag, 26. Mai 2011

Nicht die Länge des Traumes ist ungewohnt, sondern die Stabilität und Kohärenz in ihr, als hätte er die ganze sechsstündige Schlafenszeit gedauert, von der ich aber überzeugt bin, dass sie einmal kurz unterbrochen war, sei es am Anfang, in der Mitte oder gegen Ende der sechs Stunden. Ich bin im Bündnerland zu Besuch, in einem Haus in mittlerer Höhe eines grossen Hangs, ältere Generation aus der Verwandtschaft. Sehr gute, angenehme Atmosphäre mit intellektuellem Gedankenaustausch. Abends kommen noch andere zu Besuch, ein bisschen als ob mein eigener Besuch dadurch gewissermassen geehrt würde, wie nach alter Sitte. Es wird nach Wein gefragt, und statt Nein zu sagen sage ich Ja, mit der Gegenantwort, man hätte nicht vor, viel zu trinken, nicht als Warnung zu verstehen, sondern gegenteilig als ahnungslose Beruhigung. Nun beginnen interessante, anspruchsvolle Spiele, in denen nichts zu tun ist ausser zu sprechen für die einen, zuzuhören mit Kommentaren und Ergänzungen für die anderen. Ich bin in höchster Bewunderung dafür, was diese Leute alles von sich zu geben wissen. Bei einem Spiel wird es für mich etwas peinlich. Es geht darum, auf ein gegebenes Stichwort hin etwas zu schaffen, ich glaube, ich hätte ein Lied singen oder pfeifen müssen, vielleicht auch nur es beschreiben. Das Wort, das irgendjemand für mich in die Runde wirft, ist Bach. Meine Güte! Alle konnten mit ihren Worten etwas machen, nur bei mir stockt das Spiel. – Es wird Morgen, und ich gehe auf einen Spaziergang den Hang hinunter, in der Ebene irgendwo in ein Haus, darin in den ersten oder zweiten Stock, in einen Raum mit Sicht zurück gegen den Hang. Mich dünkt, das wäre nun die Gelegenheit, mich nützlich zu machen, denn der Hang sieht wunderschön aus, und ich bin überzeugt, die Gastgeber hätten ihre schöne Wohnlage noch nie so gesehen. Ich gehe zurück, um Fotoapparate und Einbeinstativ zu holen, komme tatsächlich in dasselbe Haus wieder zurück, gehen in den ersten oder zweiten Stock des vorhin stillen Hauses. Mittlerweile sind seine Bewohner aber erwacht. Als ich ins Zimmer schleiche, wo ich durchs Fenster hinaus fotografieren will, lässt man, physikalisch nicht nachvollziehbar, eine Sonnenstore herunter, die mir die Sicht nimmt. Ich sehe mich gezwungen, nach unten zu gehen, um in der Store ein Loch zum Fotografieren zu finden. Unter der Store ist ein grosser Raum mit Lebewesen, der Raum selbst mit einer Fensterwand abgeschlossen. Man ist am Frühstücken, aber ich bin nicht sicher, auf welcher Seite. Ich bekomme aber ohne weiteres die Erlaubnis, den Raum zu betreten, um die Foto machen zu können. Ich gehe durch die Glastüre ins Innere und werde gewahr, dass die Lebewesen Äffchen sind, mal etwas grösser, mal kleiner, mal deformierte Menschen, mal schön und herzig, mal weniger. Einige könnten bedrohlich sein, aber von der anderen Seite her ist man aufmerksam. Insgesamt wirkt der Raum mit den ungewohnten Lebewesen, der offen scheint wie in einer Gartenwirtschaft an einem sonnigen Morgen, nicht bedrohlich. Dennoch bin ich bald wieder draussen, denn von unten kann ich den Abhang wegen zu nahe stehender Häuser nicht gut fotografieren. Die Ebene hat eine Gegenhöhe, auf die eine Strasse mit Pappeln führt, zuoberst mit einer Kirche oder einem Schlossgebäude, eine Anlage, wie sie des öfteren in Europa zu sehen ist. Bis zuoberst will ich nicht gehen, weil der Morgenspaziergang nur kurz sein soll, und auf dem Weg nach oben hat es zuviele Bäume und Sträucher. In der Mitte gibt es eine Abzweigung in ein Wäldchen, das mit einer Mauer umgeben ist, auf der ich den Hang mit dem Haus der Gastgeber zu fotografieren gedenke, über die Ebene mit dem Haus der Äffchen hinweg. Ich mache dieses, auch mit einem Panorama, gehe auf der Mauer zurück zur Burg- oder Kirchenstrasse. Ich sehe schon, wo ich hinuntersteigen will, als eine Gruppe etwa zwanzigjähriger Frauen an dieser Stelle auftaucht, in gar nicht zurückhaltender Stimmung, als ob sie mich nicht wirklich sehen würden und partout meinen wollten, der Mann aus der Fremde könnte ihnen nur gefallen. Zwei von ihnen gefallen indes mir selbst ausserordentlich, und unversehens sind sie auf der Mauer, und eh der Tag wirklich beginnt, ist ein Liebesrausch ohne jede Hemmungen im Gange, nur mit der kleinen Verwunderung darüber, dass die heisse Haut der jungen Bündnerinnen nicht braungebräunt, sondern sehr weiss erscheint, wenn auch in der Heissblütigkeit und süssen Schweissesglätte nicht adelig.

Geleisefehler SBB

Montag, 23. Mai 2011

Der Bahnhof Sursee hat drei Gleise für die Personenzüge, Gleis 1 direkt am Stationsgebäude für die Schnellzüge Richtung Luzern, Gleis 2, das mittels Unterführung erreichbar ist, für die Regionalzüge Richtung Olten und Richtung Luzern (für beide ist Sursee der Endbahnhof) und Gleis 3 für die Schnellzüge Richtung Basel und Bern. Heute Morgen sass ich im Regionalzug nach Rothenburg, also Richtung Luzern, mit Abfahrt 11.48 Uhr und sah, als auf dem benachbarten Gleis 1 ein Zug vorbeidonnerte, wie fünf bis zehn Schwellen sich bis zu zwei oder gar drei Zentimetern hoben und wieder senkten, anzuschauen wie eine schwankende Hängebrücke – auf den Schwellen das Gleis, auf seinen Schienen die Räder mit dem Zug. Da ich solches noch nie gesehen hatte, fragte ich mich, ob das üblich sei – oder doch ein spezielles Übel an dieser Stelle. Ich sah, dass sich die Stelle am Ende des Stationsperrons befindet, wo gleisseitig eine Tafel montiert ist. Bei der Rückkehr überlegte ich mir weiter, ob das ein Problem sei, das zu melden wäre. Da e-mailen schnell geht und das angesprochene Personal sich selbst schnell und ohne Aufwand ein Bild von der Sache machen kann, entschied ich mich, direkt nach Sursee zu schreiben, nicht ohne vorher bei der Ankunft an derselben Stelle, wo die Abfahrt am Morgen geschah, nochmals einen Blick auf die Tafel zu werfen. Nun sah ich die zu merkenden Zahlen, eine 69 mit einer darunterliegenden 2. Ebenso sah ich deutlicher als am Morgen, dass genau in der Zone der seltsam beweglichen Schwellen kleine Geräteinstallationen mit langen Kabeln vorliegen. Der spontane Gedanke war, dass sie vielleicht die Irregularität hervorrufen und dass man den Zusammenhang noch nicht entdeckt hätte. Nur schwach signalisierten mir die Augen, dass zur Installation auch zwei sehr kleine Gebilde gehörten, die ausschauen wie die Strassendurchgänge bei elektrischen Viehzäunen, sehr stark verkleinert. Erst nah in Bern zündete mein schwacher Verstand und begann zu verstehen: die SBB hat den Fehler schon längst entdeckt und macht mit diesen feinen Sensoren die Datenaufnahme. Das ist die gute Meldung. Man kann in der nächsten Zeit im Bahnhof Sursee mit einer Baustelle rechnen. Das könnte für einen dicht befahrenen Bahnhof eine unangenehme Meldung sein.

Zusatz 30. Mai 2011: Ich hatte heute aus einer Laune einen Fotoapparat bei mir, Olympus e-420 mit Pancake, und erst als ich wieder an derselben Stelle im Regio von Sursee nach Rothenburg sass wie vor einer Woche, kam mir in den Sinn, doch eine Foto zu machen – und als der Schnellzug wieder durchbrauste, blieb ich mit dem Finger auf dem Abdrücker. Mich dünkt, dass vor einer Woche die Hebung grösser gewesen sei.

Zusatz 6. Juni 2011: Nochmals eine Aufnahme.

Birtwistle: Punch and Judy

Montag, 23. Mai 2011

Gestern auf Espace 2 Harrison Birtwistle, Punch and Judy, une comédie tragique ou une tragédie comique (UA 1968). Opéra en 1 acte, dir. Wen-Pin Chien, Genève Ensemble Contrechamps, Gillian Keith , Lucy Schaufer , Bruno Taddia , Stephen Bronk , Mark Milhofer , Jonathan May.

Eine grosse, zweistündige und ebenso grossartige Unterhaltung, die es schafft, sich frei von den Merkmalen der Debilität der Kulturindustrie zu behaupten, auch wenn sie nur in ihr zu realisieren ist. Jeder Klangmoment des pausenlosen Stücks von Anfang bis Ende ist ein Genuss. Musik der Zeit, die es nur als Rarität schafft, ohne Gewissensbisse zu unterhalten. Würde sie auf einer erreichbaren Radiostation heute Abend noch einmal gesendet, würde ich diese Oper mit grösstem Vergnügen nochmals hören wollen.

Billy Geiss & The Goats Head Soup

Freitag, 20. Mai 2011

Am Sonntag gab es nur einen vorübergehenden, das Gedächtnis kaum streifenden Eindruck, dass beim Speichern eines von mehreren Bildern der Vorgang hätte schneller gehen können. Am Montag registrierte ich ebenso flüchtig mehrere Computerereignisse, bei denen einer hätte murmeln können, dass sie mit einem schnelleren Tempo nicht schlechter dagestanden wären, mehrmals den Computerstart, den Start der Programme, auch die Prozesse in ihnen, wenn auch gerade sie die ganze Misere verniedlichten, weil ein nicht allzu rechenintensives Programm durchaus normal lief, wenn der Computer erst einmal richtig gestartet war. Am Dienstag wurde die Lage ernst, und ich dachte zum ersten Mal, ich könnte einen Freundschaftsdienst nicht in der angekündigten Kürze durchführen, weil der Computer unzuverlässig geworden ist und umständlich, ja in langwierigen Umständen getestet werden müsste. Die Konzertbilder von 2003, die wegen der Dunkelheit der Lokalität und der technischen Bescheidenheit des Apparats stark rauschten, konnten zwar noch neu und mit den neuen technischen Fähigkeiten bearbeitet und auf CD für den Print fertiggestellt werden; ebenso gelang es noch, neue Bilder der Staren in der grellen Sonne mit unvorstellbar grossem Kontrastumfang zu verarbeiten und upzuloaden – doch nun musste eingegriffen werden, da der Computerstart schon über sechs Minuten dauerte und alle Vorgänge zu erlahmen schienen.

Normalerweise defragmentiere ich die Systempartition alle zwei bis sechs Wochen, und je nach der Grösse des zeitlichen Abstands dauert die Defragmentierung (Explorer/Laufwerk/Eigenschaften/Extras/Jetzt defragmentieren) 30 Sekunden bis 10 Minuten. Jetzt benötigte nur schon das einleitende, automatische Überprüfen drei Minuten, das eigentliche Defragmentieren mehr als fünfzehn. Die Ohren klingelten und wurden heiss. Nach etwa drei Stunden machte ich dasselbe nochmals, eine normale Defragmentierung, und siehe da, sie dauerte wieder so lange, weil die Systempartition nach so kurzem Einsatz des Computers wieder ungewöhnlich stark fragmentiert war. Bis heute erscheint mir als eindeutig, dass die Langsamkeit des Computers durch die Fragmentierung der Systempartition bewirkt wurde. Doch was löste eine so ungewöhnliche Fragmentierung aus? Virus, Harddiskdefekt oder ein sonstiger Fehler irgendwo in den Unweiten der Mikro- und Nanoverkabelung der Hardware?

Noch am Dienstag machte ich den ersten, viel Zeit fressenden Festplattentest: Explorer/Laufwerk/Eigenschaften/Extras/Jetzt prüfen/Fehlerhafte Sektoren suchen&widerherstellen). Gleichenabends intensivierte ich diesen Test mit SeaToolsforwindowsSetup-1205.exe, allerdings ohne den ganz langen, der über zehn Stunden gedauert hätte. Ebenso wenig prüfte ich den Computer vollständig auf Viren, da auch dieser Test die Toleranzgrenze von drei Stunden weit überschritten hätte. Denn inzwischen hatte sich die Langsamkeit wie ein Nebel auf alle Computerprozesse gelegt, und die Zeit wurde zu einem selbständigen Widersacher.

Am Mittwoch öffnete ich den Computer, saugte mit dem Staubsauger, wirbelte mit dem Blasbalg den Reststaub auf und saugte ihn ab, in mehrmaligen Wiederholungen. Dann fotografierte ich die Staren nochmals am Morgen und am Mittag, defragmentierte mehrmals, so dass die Bilder immer noch verarbeitet werden konnten. Trotzdem bereitete ich mich auf die Konsequenzen einer Neuinstallation vor, zu denen auch gehörte, dass der Computer überhaupt ersetzt werden müsste, nämlich dann, wenn ein Hardwareschaden vorliegt, der nicht in einem Teil steckt, das sich auswechseln liesse. Nicht nur die Preise pressen einen ekelhaften Talg aus dem Innern auf die Aussenseite der Haut, auch die Vorstellung, wie ich ein angeliefertes Gerät durch mehrseitige Schnürung die Stockwerke herauf für mich transportierbar machen und wie der alte Computer in eine nicht vorhandene freie Ecke in der Wohnung abgeschleppt werden müsste. Viel Zeit verbrachte ich mit der Planung der Datensicherung, da in den benutzten Programmen komplizierte Arbeit für Automatisierungen steckt, die ich nicht nochmals machen möchte.

Gestern Donnerstag begann ich um 2.30 Uhr in der Früh, eine Stunde vor der geplanten Zeit. Zunächst, also bis 6.50 Uhr, die Datensicherung auf eine der drei externen Platten. Nur schon die Website benötigte eine Stunde zwanzig Minuten – die Offline-Version verteilt auf zwei DVDs, für deren Kopierabkürzung ich einen eigenen Plan hatte, vergass ich, weil dieses Zettelchen auch auf der Rückseite beschrieben wurde und seine wichtige Seite nicht mehr zeigen wollte. Nach sieben Uhr legte ich mir Donna Quijotas Ritterrüstung für den Kampf gegen die Tücken der Micromafia an und deponierte, nachdem der Versuch mit Start/Ausführen/sfc scannow scheiterte und Explorer/Laufwerk/Eigenschaften/Extras/Jetzt prüfen/Dateisystemfehler-automatisch-korrigieren kein Resultat brachte, die XP-SP3-DVD im Laufwerk.

Neuinstallation mit Updates von der Microsoft Website, empfohlen (so steht es in der Auswahl). „Die Datei an964xhd.sys konnte nicht kopiert werden“ – Vorgang für Laien abzubrechen. Ich bin kein Laie und mache weiter, nach dem Neustart war dann aber wirklich Ende, wegen der genannten Datei. Google sagt, sie sei im Internet noch nie schriftlich vorgekommen. Das heisst: Die Firma Microsoft benutzt Dateien, die nicht existieren, um ihren Käufern die Mitteilung zuzumuten, dass ebendiese Dateien nicht existieren, für eine Vorwärtskommen im Geschehen aber vorausgesetzt werden müssten. Dann der Trotzentscheid (Scheissdrauf, habe ich ein paar Tage vorher in der Zeitung als Lebensmotto angeboten gelesen, von Bud Spencer), eine echte Neuinstallation zu machen, wenn vorerst auch noch ohne Neuformatierung. Das funktioniert Schritt für Schritt, und sehr spät kommt nochmals die Möglichkeit, eine nicht ganz so intensive Reparatur-Neuinstallation zu machen. Da ich mittwochs viel darüber gelesen hatte und sie hier doch als valable Variante einer Neuinstallation erschien, machte ich diese. Alles klappt, und es geht mehr oder weniger gemütlich aufs Ende der Neuinstallation zu, nach etwa vierzig Minuten. Da! Ein Flackern! Grosse Kotze, das kenne ich doch! Sieh an, diese Teufel!!! Der Bildschirm ist digital – der Computer ist es aber nur mit Zusätzen, die während der Installation vorübergehend ausser Kraft stehen. Dass ich das habe vergessen müssen: Vier Fäuste für die Programmierer, die einen in diesen Sumpf gezogen haben!!!! Da es ein Plage & Blei Bildschirm ist, will ich das digitale Kabel mit dem analogen vertauschen, aber die Anschlussbuchsen am Bildschirm sind schweinehaft tief in einen Schacht versenkt, so dass ich brüllen muss und ein Stunde habe, bis sie wirklich ausgewechselt sind. Ich schliesse das Fenster, um mit meinen Spaghetti-Spencerschen Flüchen nicht gehört zu werden, ein paar Male erscheint Ringo auf dem Sims und drückt seine spitze Nase an der Scheibe platt. „Was’n da los, Pinier?“ Endlich sitzen die Kabel, doch auf dem Bildschirm fährt gemächlich eine Fiche über die Fläche: „Test des digitalen Kabels“ – stundenlang ruckelnd & zuckelnd. Hausmeister, turn the light on: radikaler Unterbruch der Stromzufuhr, denn der Bildschirm ist nicht plug&play-fähig, sondern benötigt einen Neustart (Samsung SyncMonster 910). Nach neuem Anschalten funktioniert der Bildschirm, und, siehe da, die Installation muss nicht neu begonnen werden: sie fährt bei der unterbrochenen Stelle weiter. Doch ganz abschliessen lässt sie sich nicht, denn nach dem automatischen Neustart zeigt sich der XP-Bildschirm mit der Anzeige: Bitte warten… Ok.10 Minuten. 30 Minuten. 45 Minuten. Ich gehe Einkaufen, komme nach 20 Minuten zurück. Ich beende den Prozess eigenwillig, starte den Computer. Alles funktioniert, Outlook Express, ebenso FileZilla für FTP – doch der Internet Explorer nicht, kein Wunder, es ist der alte von der Installationsscheibe, Version 6. Machen wir Start/Windows Update. Eine kleine Verzögerung, dann die Meldung: „Der angeforderte Nachschlageschlüssel konnte in keinem aktiven Aktivierungskontext gefunden werden.“ Scheiss drauf! Ich kann nicht googeln, da kein Zugang zum Internet gegeben ist, jedenfalls nicht mit dem Browser. Figgi-Mühle hat das mal geheissen, ein Rauskommen gibt es nicht – aber es gibt noch den kleinen Linux Computer… Er zeigt, wie es auch andere User gibt, die dasselbe Problem hatten. Aber eine Lösung finde ich nicht. Da es um Updates geht, erinnere ich mich an die Empfehlung der DVD bei der Neuinstallation, eine mit Einschluss von Updates von der Microsoft-Site durchzuführen. Also das Ganze von vorne, mit Ausnahme des Bildschirmproblems. Alles geht prima, und eine Zeitlang kommt durchs wieder geöffnete Fenster der Star Ringo zu Besuch, hüpft in der Ventilatorenluft über den Kabelsalat, setzt sich auf die Oberkante der Lesetafel links zwischen Bildschirm und meinem Kopf, kaum zehn Zentimeter von diesem entfernt: „Gez jätzu gäu nitt?“ Nach dem letzten Neustart erscheint wieder der XP-Bildschirm mit der Aufforderung: Bitte warten… Nach einer halben Stunde erzwinge ich einen Neustart. Wieder dasselbe wie nach der vorherigen Neuinstallation, Mails und FTP funktionieren, IE startet nicht, ebenso wenig Windows update. Mit Linux google ich „nach XP Reparatur kein Internet“. Das Problem ist bekannt und hat zu tun mit der IP-Adresse. Einer erklärt es und bietet einen Link zu Microsoft, wo zwei Lösungen parat gestellt werden. Ich wähle eine: Start/Ausführen/cmd dann OK, dann netsh int ip reset c:\resetlog.txt (genauen Text zur Sicherheit nachgoogeln!). Ich mache einen Neustart, nach dem ich diesen Ratschlag durchzuführen gedenke. Alles läuft wie gewünscht, und in dem Moment, wo ich bei Ausführen cmd eintippen will, sehe ich rechts unten den gelben Kampfschild der Micromafia mit dem Ausrufezeichen: „Es werden Updates heruntergeladen … xy%“. Scheissdrauf, ab jetzt funktioniert der Computer wieder normal, mit den Updates kommt auch der Internet Explorer 8 auf die Platte, und der Zugang ins Internet ist wieder offen. Klar, einige Zusätze wie IE7Pro müssen wieder installiert, einige Dienste ausgeschaltet und das Bildschirmkabel ausgewechselt werden etc. Die Fabrik läuft wieder, ohne dass ich herausgefunden hätte, was die ursprüngliche Fehlercausa war, und ohne dass ich sagen könnte, ich hätte das Nachfolgeproblem der Reparatur Neuinstallation lösen können. Scheiss drauf, und dem Bill werfe ich in die Geiszkopfsuppe eine Extradosis Pfeffer nach. Dann schmore er in des Teufels Küche, vom 19. 5. 2011 19.45 Uhr Berner Sommerzeit bis ans Ende aller Welten.

Zwitschermaschine mit Zwischentönen

Freitag, 20. Mai 2011

Selten ein so schönes Vogelstimmenkonzert gehört wie heute Morgen mit Beginn um 4.30 Uhr, noch nächtens. Besonders reizvoll dünkt mich die Vorstellung, dass in den hohen Bäumen im Park des Schlosses von Bümpliz auch die Stimmen von Ringo Star, Rita & Pipco, oder wie die ganze Sippschaft auf meinen Simsen heisst, mitzwitschern.

David Philip Hefti

Donnerstag, 19. Mai 2011

Soeben auf DRS2 Konzert vom 26./27.3. in der Tonhalle Zürich mit dem Tonhalleorchester Zürich und Thomas Grossenbacher, Violoncello, Leitung David Zinman.

David Philip Hefti: Konzert für Cello und Orchester (Uraufführung). Nach 17 Stunden von 2.30 Uhr bis 20 Uhr fast ununterbrochen an der Reparatur-Neuinstallation von Windows XP eine neu belebende Musik. Der unverhofft lahm gewordene Computer läuft und mein verschweisster Körper atmet wieder. Das Hören in die mikrotonalen Verästelungen hinaus gefällt mir ausserordentlich.

Organum

Donnerstag, 12. Mai 2011

Soeben auf Bayern 4 ein Konzert im scheinbar spröden Stil des frühmittelalterlichen Organum (7. bis 13. Jahrhundert), in dem ein einstimmiger Gesang über lange Partien mit einem liegenden einzelnen Ton, in kleineren Partien mit einem im gleichen, parallelen Abstand begleitet wird.

In Die Resurrectionis – Ostern im frühmittelalterlichen Rom, Altrömische Choräle, Ensemble Organum, Marcel Pérès.

Erstaunlich, wie eine Musik, die man sich geschrieben äusserst karg vorstellt, so üppig präsentiert werden kann, dass man unweigerlich an eine verflossene Gesellschaft denkt, die musikalisch genauso in Wagnerschen Dimensionen und Ansprüchen gedacht haben muss wie die vormoderne und moderne.

Zwei Italiener in Paris

Montag, 9. Mai 2011

Soeben auf France Musique gehört: Concert enregistré le 9 avril à la Cité de la Musique, Paris.

Luigi Nono, No hay caminos, hay que caminar… Andrej Tarkovskij, pour sept groupes instrumentaux. Ensemble Intercontemporain, Orchestre du Conservatoire de Paris, Jonathan Nott, direction. Eine geglückte Aufführung dieser wundersam schönen Musik, die einem das Denken für & über heute so einfach macht. Erstaunlich, wie sie auch an einem heissen Abend funktioniert, da die Abendstimmen der Menschen in den Gärten durchs offene Fenster und den Kopfhörer in die Sinne dringen. Wie in einer freien und friedlichen Welt.

Luciano Berio, Sinfonia, pour huit voix et instruments, I., II. O King, III. In ruhig fließender Bewegung, IV., V., Swingle Singers, Ensemble Intercontemporain, Orchestre du Conservatoire de Paris, Jonathan Nott, direction. Dieselbe Bewunderung für die Aufführung auch dieses Stückes, das ich seit über dreissig Jahren auf Schallplatte hatte und dutzende Male hörte, ohne jemals die Meinung zu vertreten, es würde die musikalischen Errungenschaften jener Zeit verniedlichen wollen. Nur ein bisschen enttäuscht war ich beim Ende: alles schon vorbei? Wie kurz war doch die musikalische Aufnahmefähigkeit früher… Die Swingle Singers merkten es und gaben noch einen Bisse, eine unendliche Suone, you know, Lady Madonna, dann noch Beethoven & several Kindsköpfe hineingesungen (.)

Da die beiden Italiener gleichzeitig präsentiert wurden, will ich nicht verschweigen, dass ich bei Nono lieber weiterdenke als bei Berio (… aber ich habe die neu eingesetzte Stelle mit Lachen gehört, die aufs Nonostück vor der Konzertpause anspielte… & thank You, dreissig Jahre älter gewordene Swingle Singers, die die Sinfonia immer noch in bester Form zu präsentieren vermögen!!!).

(DRS2 würde die Idee einer solchen Sendung auf einen einzigen Komponisten eindampfen und ihm den Namen Gershwin geben.)

Orlando furioso d’Antonio Vivaldi

Samstag, 7. Mai 2011

Soeben auf France Musique aus dem Théâtre des Champs-Elysées en coproduction avec l’Opéra de Nancy & l’Opéra de Nice vom 12. März 2011 Orlando furioso Rv.728 (1727) d’Antonio Vivaldi, Chœur de l’Opéra de Nice, Ensemble Matheus, Jean-Christophe Spinosi, Direction. – Marie-Nicole Lemieux, Jennifer Larmore, Verónica Cangemi, Philippe Jaroussky, Christian Senn, Kristina Hammarström, Daniela Pini.

Gerade das Richtige nach einem Tag in der Wüste Wallis auf der vergeblichen Suche nach übriggebliebenem Lebendigem: nur was auch in der Sahra zu finden wäre, lässt sich heute noch fotografisch dokumentieren, nichts Höheres über den Insekten. Was Frühling sein sollte, zeigt sich als alter Herbst – Düsternis auf allen dürren Böden und hinter allen dürren Büschen.

In diesen Vivaldiabend bin ich unvorbereitet hineingestolpert, fünf Minuten nach Beginn und ohne Vorwissen über den Gehalt der Oper. Ich hörte sie also quasi abstrakt – ohne dass sie in der Weise aber hätte Schaden leiden müssen und langweilig geworden wäre. Ganz im Gegenteil war ich ständig gepackt von der Intensität, die passierte: als ob ein Rudel Hunde, und ich meine das alles andere als negativ, durch eine schwer gängige Landschaft sputete, um ein letztes Wild, das Letzte der Lebendigkeit, aufzuspüren. Vom Italienischen habe ich im Konkreten nicht viel verstanden, nur spät einmal in einer Keilerei unter Frauen, als eine erbost ausschrie: „Quoi, vous don’t crier?“

Auf der Oberfläche störten keine Feldtrompeten und keine Bürotschinellen, als ob Vivaldi mit dem reinen Saitensound schon schwer gitarrenlastigen Heavy Metal halluziniert hätte. Ein Genuss, den man nimmt wie einen Regenzauber. Dass die abstossenden Händeltrompeten dann doch erschienen, nach über einer Stunde, indes für kaum länger als ein paar Sekunden, ist Eingeständnis der Wirkungslosigkeit des verstaubten Opernzaubers, und dass sie in einer halbminütigen Coda nochmals pfiffen, ist nichts anderes als eine Konzession und gehört nicht zum grossartigen Werk selbst, dass ganz gegen sie geschrieben worden war.

Unheimlich

Sonntag, 1. Mai 2011

Endlich habe ich Bilder über die Ortschaft gefunden, aus der der Grossvater vor ungefähr hundert Jahren ausgewandert war, um in Basel fusszufassen – geplant gewesen wäre Paris, klar. Das Dorf Kocelovice hat nicht nur einen dynamischen Auftritt im Facebook, sondern auch einen Eintrag auf Wikipedia und ein Album mit Bildern aus dem Umland auf Picasa (Google Fotos). Die Facebook Alben geben sowohl einen Einblick ins Dorf wie auch ins Leben in ihm: 177 EinwohnerInnen bevölkern es. Leicht unheimlich dünkt mich die Vorstellung, was mit den Genen des Grossvaters geschehen wäre, wenn er in seinem Geburtsort geblieben wäre – etwas von ihnen muss auch in den Menschen, die in den Bildern von Kocelovice zu sehen sind, enthalten sein. Im Album Hasicský bál 2009 spielt einer eine hellbraune Gitarre, wie ich selbst einmal eine hatte.

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