Orlando furioso d’Antonio Vivaldi

Soeben auf France Musique aus dem Théâtre des Champs-Elysées en coproduction avec l’Opéra de Nancy & l’Opéra de Nice vom 12. März 2011 Orlando furioso Rv.728 (1727) d’Antonio Vivaldi, Chœur de l’Opéra de Nice, Ensemble Matheus, Jean-Christophe Spinosi, Direction. – Marie-Nicole Lemieux, Jennifer Larmore, Verónica Cangemi, Philippe Jaroussky, Christian Senn, Kristina Hammarström, Daniela Pini.

Gerade das Richtige nach einem Tag in der Wüste Wallis auf der vergeblichen Suche nach übriggebliebenem Lebendigem: nur was auch in der Sahra zu finden wäre, lässt sich heute noch fotografisch dokumentieren, nichts Höheres über den Insekten. Was Frühling sein sollte, zeigt sich als alter Herbst – Düsternis auf allen dürren Böden und hinter allen dürren Büschen.

In diesen Vivaldiabend bin ich unvorbereitet hineingestolpert, fünf Minuten nach Beginn und ohne Vorwissen über den Gehalt der Oper. Ich hörte sie also quasi abstrakt – ohne dass sie in der Weise aber hätte Schaden leiden müssen und langweilig geworden wäre. Ganz im Gegenteil war ich ständig gepackt von der Intensität, die passierte: als ob ein Rudel Hunde, und ich meine das alles andere als negativ, durch eine schwer gängige Landschaft sputete, um ein letztes Wild, das Letzte der Lebendigkeit, aufzuspüren. Vom Italienischen habe ich im Konkreten nicht viel verstanden, nur spät einmal in einer Keilerei unter Frauen, als eine erbost ausschrie: „Quoi, vous don’t crier?“

Auf der Oberfläche störten keine Feldtrompeten und keine Bürotschinellen, als ob Vivaldi mit dem reinen Saitensound schon schwer gitarrenlastigen Heavy Metal halluziniert hätte. Ein Genuss, den man nimmt wie einen Regenzauber. Dass die abstossenden Händeltrompeten dann doch erschienen, nach über einer Stunde, indes für kaum länger als ein paar Sekunden, ist Eingeständnis der Wirkungslosigkeit des verstaubten Opernzaubers, und dass sie in einer halbminütigen Coda nochmals pfiffen, ist nichts anderes als eine Konzession und gehört nicht zum grossartigen Werk selbst, dass ganz gegen sie geschrieben worden war.

Samstag, 7. Mai 2011 um 9:46 pm Themenbereich: Musik                 RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.

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