Archiv für den Monat März, 2017

Saariaho, Iturra, Rizo, Combier, Grisey

Mittwoch, 29. März 2017

Soeben live auf France Musique concert donné le 19 février 2017 dans l’Auditorium de la Maison de la Radio avec l’Ensemble Court-Circuit: Jérémie Fèvre, flûte, Pierre Dutrieu, clarinette, Jean-Marie Cottet, piano, Alexandra Greffin-Klein, violon, Alexis Descharmes, violoncelle, Jean Deroyer, direction.

Kaija Saariaho (1952-), Cloud Trio (2009). – Das zweitletzte Stück Regenwolken, dann wie vorher Nebelbänke. Brave, disziplinierte – und gute Ferienmusik aus den Bergen.

Jeremias Iturra (1983-), Reverse tracking shot (2016). – Ästhetik der 1970- und 80er Jahre, auch improvisiert denkbar, also simpel.

Luis Fernando Rizo-Salom (1971-2013), Quatre Pantomimes pour six (2013). – Schlingensief im Radiostück Rosebud auf WDR 3 kurz vorher ist im Lärmen besser (optimaler Umgang mit Musik im Hörspiel). Es ist hier keine starke Musik zugange, die man nur als Musik deuten möchte, weil sie zuviel anderes will.

Jerôme Combier (1971-), Die Finsteren Gewässer der Zeit (Sebald). – Auch nicht mehr ganz taufrisch in der Ästhetik, insbesondere im finsteren Seufzen, aber gut konstruiert. Auf die Länge langweilig. Belehrende Absicht über die Zeitvorstellung? Ich höre das Ganze tonal und bin verärgert. Hei Leutz, nehmt die Musik ernst, sie ist das Beste, was wir noch haben, wenn die Mädchen bockig sind. Ich will keine Musik, für deren Verständnis ich bei Sebalds Austerlitz nachschlagen muss – Sebald bin ich selbst.

Gérard Grisey (1946-1998), Talea (Commande Radio France, 1985-1986). – Warum empfindet man einzelne Stücke zu verschiedenen Zeiten anders? In den 80er Jahren hätte ich diese Musik als trivial eingeschätzt, heute als ziemlich anregend. Fantastisch der Trotz gegen die Tonalität im Schluss. Ja, wir sind keine Sieger.

Kaija Saariaho, Du cristal

Sonntag, 26. März 2017

Soeben direkt live auf SWR 2 SWR Symphonieorchester, Leitung: Ingo Metzmacher.

Kaija Saariaho, Du cristal.

Ein früher Geniestreich, mit dem einzigen Makel, etwas zu wenig lange zu dauern.

Gubaidulina, Über Liebe und Hass

Mittwoch, 22. März 2017

Soeben live auf SRF 2 Konzert vom 30.10.16, Semperoper Dresden, Camilla Nylund, Sopran, Michael König, Tenor, Thomas E. Bauer, Bariton, Franz-Josef Selig Bass, Staatskapelle Dresden, MDR Rundfunkchor, Omer Meir Wellber, Leitung.

Über Liebe und Hass. Oratorium von Sofia Gubaidulina

Eine Musik, die in die Knochen geht, ungemein packend, ganz ohne Pathos.

Philippe Schœller

Freitag, 10. März 2017

Soeben direkt live auf France Musique de l’Auditorium de la Maison de la Radio à Paris: Pascal Rophé Direction, Jean-Guihen Queyras violoncelle, l’Orchestre Philharmonique de Radio France.

Philippe Schœller (1957), The Eyes of the Wind, concerto pour violoncelle et orchestre.

Philippe Schœller, „Âme“, Symphonie n°2 (UA).

Zwei flächige Klangkompositionen mit nicht zu hohen Höransprüchen, trotzdem fein ausgearbeitet. Das Cellokonzert ist subtiler und schenkt dem Soloinstrument musikalisches Vertrauen; es trägt das Werk künstlerisch allein. Die Symphonie ködert häufig mit Latinotanzrhythmen, gegen die die anderen, freien Passagen zuweilen notdürftig dastehen. Der Schluss ist missraten.

Filidei, Orgel

Mittwoch, 8. März 2017

Soeben live auf France Musique concert donné le 18 février 2017 à l’Auditorium de la Maison de la Radio à Paris, Francesco Filidei (né en 1973), orgue Grenzing de la Maison de la Radio.

Olivier Messiaen (1908 – 1992), Livre d’orgue (extraits) (1951) und Deux extraits de „7 Pièces pour orgue“ : – 3. Les Mains de l’Abîme : Pour les Temps de Pénitence, – 4. Chants d’oiseaux : Pour le Temps Pascal

Mauro Lanza (1975 – ), Negativo (2006).

François-Bernard Mâche (1935 – ), Guntur Sari (1990).

Hector Parra (1976 – ), Tres Miradas (2016), 1. Where are you ? …a kiss on the landscape, 2. Se me duerme la vida, 3. No Life, no Death.

Iannis Xenakis (1922 – 2001), Gmeeoorh (1974), Version pour orgue de 56 notes.

Ein ziemlicher Dilettantismus, dieses Konzert, sowohl in den Stücken (unter Ausnahme von Messiaen und in kleinen Teilen Xenakis) wie im Spiel. Warum hat das Pariser Publikum Angst vorm Buhen?

Das beste Stück des Abends? Ebenfalls auf France Musique, eine Stunde vorher: Betty Davis, Anti Love Song.

Schönberg, Verklärte Nacht

Dienstag, 7. März 2017

Soeben direkt live auf BBC 3 Rafael Payare conducts the BBC Philharmonic at the Bridgewater Hall, Manchester.

Arnold Schönberg, Verklärte Nacht.

Eine zerrissene, nicht homogene Interpretation, die mir sehr gut gefällt. Am Schluss spielen drei Orchester gegeneinander und finden sich doch durch die Aufmerksamkeit gegenüber den feinen Verläufen.

Strawinsky, Sacre du Printemps

Samstag, 4. März 2017

Soeben live auf France Musique concert donné le 8 avril 2016 à la Grande salle de la Philharmonie 1 à Paris, Orchestre National d’Ile de France, Enrique Mazzola Direction.

Igor Stravinsky (1882 – 1971), Le Sacre du Printemps.

Leider schlafe ich des öfteren abends in den Konzerten ein, manchmal vorübergehend und kurz, manchmal für ganze Stücke, auch allerbeste; ich erlebe von einigen nur die Ansage und den Applaus. Es kommt auch vor, dass ich dabei in einen Traum verfalle. So auch jetzt. Und was geschieht ebenda? Ich bin in Paris, in diesem Konzert jetzt, in dem der Sacre gespielt wird. Ich bin ein Musiker im Orchester. Es ist riesengross. Jeder Musiker und jede Musikerin spielen nur einen einzigen Ton. Als das Stück fertig ist, gehen alle an einer Tonne vorbei, in die sie ihr Instrument zurückgeben, alles mehr oder weniger kleine Pfeifen. Es entsteht ein grosser Umzug, der durch die Gänge des Konzerthauses den Ausgang finden muss, damit alle Nachfolgenden noch rechtzeitig ihr Instrument abgeben können. Als ich aufwache, staune ich darüber, dass der Sacre noch gar nicht zuende ist und noch eine Minute dauert. Manchmal hasse ich mein Traumbewusstsein, ich bin die reine Blödheit.

Das beste Konzert des Abends? – Vor vier Stunden Chick Korea* und John McLaughlin in Wien 1991. Als McLaughlin auftritt, schlafe ich ein…

Das zweitbeste? – Vor drei Stunden Leïla Martial & Baa Box à Saint-Denis in Paris, eine Entdeckung.

* Antiscientologyschreibweise: dass ein so guter Musiker so grossem Scheiss nachträumt, betrübt.