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Transzendentale Digitalwelt, ersehnt

Dienstag, 30. Oktober 2018

Unsere Zeit hat etwas von derjenigen in der Geschichte der Philosophie, die Kant vorausgeht. Sie ähnelt dem absoluten Rationalismus. Wie in diesem alles, was sich in sprachlicher Form denken lässt, auch ernstzunehmender, begrifflicher Bestandteil eines Argumentationszusammenhangs und also tel quel Moment der Theorie ist, befeuert jedes Statement heute – selbst der allerschlimmsten Dummköpfe – die öffentlichen, politischen Diskurse, letztlich die Art und Weise jedes sprachlich verfassten Artikels; die Entäusserungen der Wirren sind materieller Bestandteil des globalisierten Alltags. Kants Kritik oder Reduktion des Rationalismus fragt nach den Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis- oder Theoriemomente und wie dieselben auch zur Voraussetzung ihrer Wirklichkeit gehören. Wir sehnen uns vergeblich heute nach solchen transzendentalen Wegweisern und phantasieren sie uns am liebsten allsogleich materiell eingepflockt in die digitalen Kommunikationswelten. Wir scheitern und werden uns weiterhin gegen die Windmühlen in schlechten Lüften wehren müssen.