ur III: Die Zwanzigste. Adorno 1920-1928

7. November 2020 um 10:47 Uhr von ur

CD: Adorno Kompositionen 1920-1928

Gesamtpartitur

(1 Technische Pause )
2 Klavierstück 1920
3 Pause
4 Klavierstück 1921
5 Pause
6 Drei Klavierstücke 1 1924, für Maria Proelss
7 ……………… 2
8 ……………… 3
9 Pause
10 Streichquartett Op.2, Zweiter Satz Variationen 1925
11 Pause
12 Vier Lieder 1, Op. 3 1928
13 ………. 2
14 ………. 3
15 ………. 4

Nr. 2 bis 8 demonstrieren die schnelle Entwicklung des Komponisten, seinen Willen zur Neuen Musik.

Nr. 10 ist dürr und musikalisch für die meisten HörerInnen kaum fassbar. Diese schwere Fasslichkeit gleicht derjenigen der Beschreibung von Identität und Nichtidentität in der Negativen Dialektik. Das Musikstück ist eine Art Quelle für die philosophische Arbeit Adornos. Be-schreibt man die Musik, beschreibt man die Philosophie. Diese ist deswegen notwendigerweise so unkommunikativ, weil sie die anmassenden, hierarchisierenden Behauptungen der Metaphysik, die die traditionelle Philosophie stützten, von sich weist, ohne den Anspruch aufzugeben, dass die Vernunft allgemein, global und universell gerechtfertigt werden müsse.

Nr. 12-15: 1928 überwindet Adorno die metaphorisch überladene Sprache des Expressionismus (Geist, Seele…) und konzentriert sich auf die materialistische Dialektik. In Opus 3 explodiert förmlich sein Denken. Diese Klavierstücke mit begleitender, die Harmonie stützender Stimme sind avancierter als alle Musik der Schönberg-schule. Er kämpft wie ein Löwe für sie – und muss sich geschlagen geben. Die nachfolgende, spärlich geschriebene Musik Adornos hat nur noch matten Hobbycharakter.

Die ganze CD auf YouTube in 4k: https://www.youtube.com/watch?v=AfTISGH2i_Q

Boulez: Prélude, Toccata, Scherzo (1944)

17. Oktober 2020 um 15:26 Uhr von ur

Hat man die frühen Stücke von Pierre Boulez gut im Ohr (12 Notations 1945, Flötensonatine 1946, Erste Klaviersonate 1946, Zweite Klaviersonate 1949/1950), fragt man sich, wie denn noch frühere Schreibversuche dastehen würden. Öffentlich aufgeführt wurde davon kaum etwas und publiziert gar nichts. Aber im Archiv der Paul Sacher Stiftung wird ein 27minütiges Werk in drei Teilen aufbewahrt, das Boulez nicht selbst verschwinden lassen wollte und das solche Phantasien konkretisiert.

Ralph van Raat studierte die Noten der drei zusammenhängenden Stücke Prélude, Toccata und Scherzo von 1944 und fragte um Erlaubnis, sie aufzuführen. Offenbar zögerten die Verantwortlichen zuerst, gaben die Erlaubnis zu einer einzigen, einmaligen Aufführung, dann zu weiteren, schliesslich zur Veröffentlichung auf CD: Ralph van Raat, French Piano Rarities – Boulez, Debussy, Messiaen, Ravel. Naxos 2020. (In der Schweiz möglicherweise nicht aufzufinden, importierbar jedoch bei jpc.de für 9.99 Euro, ohne zusätzliche Kosten).

1944 geht Boulez nach Paris (die Ereignisse der Befreiung geschehen Ende August) und wird Schüler von Messiaen und Andrée Vaurabourg-Honegger, bald offizieller Schüler des Konservatoriums. Zu René Leibowitz findet er erst 1945: bei ihm, der in der Pariser Resistance aktiv war, schreibt er Stücke von Webern ab und lernt die Musik von Schönberg kennen. Zur Zeit der Komposition von Prélude, Toccata und Scherzo kannte er partienweise die Musik von Olivier Messiaen und Arthur Honegger, nichts aber von Arnold Schönberg.

Da in allen Stücken Messiaens Vogelstimmen en passant aufblitzen, dürften die Stücke nicht schon in Montbrison oder Lyon geschrieben worden sein. Wurden sie noch im Jahr 1944 fertig, muss der Komponist wahnsinnig schnell geschrieben haben. Allein diese Zeitdimension ist Zeugnis einer ausserordentlichen Begabung.

Je öfter man die Stücke heute hört, desto mehr entsteht der Eindruck, es mit zwei Arten von Musik zu tun zu haben, denn peu à peu verblassen die Merkmale des Fremden, Frühreifen oder Vorläufigen, und diejenigen treten in den Vordergrund, die den professionellen und anerkannten Werken ähneln.

Im ersten Hördurchgang fehlt den Stücken eindeutig die Stringenz, durch die die nachfolgenden Werke des Komponisten berühmt werden, ihr interner Schub, der durchs Ganze zieht – durchs Band polyphon. Es ist also noch viel Luft zwischen den Stimmen und den einzelnen Parts beziehungsweise kleinen Formen. Trotz solcher untypischer Leichtigkeit nötigen sie einen zum mehrmaligen Hören. In ihnen dominiert schon eine ästhetische Nötigung, die man zwar nicht benennen, der man sich aber kaum entziehen kann.

Denn da will einer ausbrechen, auch wenn er weder weiss, wohin zu gehen sei, noch woher er überhaupt kommt. Er ist nicht wirklich in der Tonalität gefangen, aber er hat die Dissonanz noch nicht begriffen: allenthalben verfolgt man das Schema von einem horizontalen Prozess, der sich harmonisch abstützen zu müssen glaubt. Es gibt passagenweise Stufenharmonik, plumpe Sequenzen, Rückungen, und statt progressive Repetitionen machen sich zu viele nicht variierte Wiederholungen breit.

Debussy blitzt noch nirgends auf, keine Zerstäubung thematischer Materialien, aber von Rachmaninov kommt immerhin gewiss kein einziger Ton her. Man denkt oft an Bartók, an einen eigenwillig blank polierten, wo die Folklore wegretuschiert ist. Denn dass der Komponist aufs Aufbrechen toter Rhythmen kapriziert ist, beeindruckt am stärksten. Aber es ist eben hier die Leitfigur noch ganz Bartók, und Messiaens Rhythmen, die an den besten, kompliziertesten Stellen die Zeit stillstellen wie der Augenblick in der grossen Lanschaft, wirken hier nur partiell, quasi probeweise.

Hört man sich des längeren in diese Musik des Neunzehnjährigen hinein, erscheinen diese kritischen Merkmale als blosse Ornamente an der Oberfläche, und die Wahrnehmung richtet sich immer mehr auf eine tiefere Schicht aus, die man mit Fug als Tiefenstruktur der Boulezschen Kunst überhaupt bezeichnen kann. Man verfolgt weder Linien, Motive, und funktionale Klänge, noch Rhythmen und geschichtete Metren. Erfasst man endlich die Gesten, kurzen Impulse und langen Gestaltungsbögen, kommt man nicht aus dem Staunen heraus, wie hier schon dieselben Kompostionstechniken am Werk sind wie in den kommenden Zeiten.

Zusatz: Die CD enthält noch ein Spätwerk von Boulez, ebenfalls ein Klavierstück: Une page d’éphéméride 2005. Das Besondere sind lang andauernde Klänge, in die kurze Phrasen oder Formen gespielt werden. Wie das pianistisch zu realisieren ist, dünkt mich ein Rätsel. Auch der alte Boulez vermochte noch kompositorisch zu erstaunen.

Glissandi in MuseScore 3.5 und UVI Falcon 2.1

16. Oktober 2020 um 6:31 Uhr von ur

Vor knapp zwei Wochen gab es das Update des Falcon auf 2.1, mit der Feedback Machine und einem Wah wah (Cry Baby). Gleichzeitig fand ich endlich heraus, wie man sehr lange Glissandi macht, bis zu vier Oktaven lange…

Also machte ich mich an einen Klassiker mit solchen Goodies, Jimi Hendix im Stück, nicht unaktuell im Land der ewigen Wahl von Pest & Cholera, Star Spangled Banner:

https://www.youtube.com/watch?v=0_CfZESSAkY

Wah wah und Feedback sind FX (=Effekte), die dem Grundinstrument hinzugefügt werden. Die akustische IRCAM-Gitarre spielt die Noten ohne Köpfe, aber mit Kreuzen: die Finger sind in korrekter Spielweise auf den Saiten aufgelegt, ohne sie wirklich runterzudrücken. Die Feedback Machine kann man nicht unbeaufsichtigt durchlaufen lassen, sondern muss nach jedem Ereignis wieder abgestellt werden. Ich mache es mit einer Automationsspur des Mixers:


Die Host Automation wird ausgelöst durch Rechtsklick auf den Knopf, dann in der Liste die erste Stelle anwählen. In Cubase aufs Instrument, Rechtsklick, Automationsspur. Auf Lautstärke (Standardautomation), rechte Maus, zum Instrumentennamen gehen, rechte Maus, ersten Eintrag wählen.


Bei jedem Ton wird der Mixer angehoben und sofort wieder geschlossen. Das ist genaugleich mühsam wie beim Pedal der Klaviere (Sustain Automation CC 64).

Die Glissando-Funktion in MuseScore ist für Klaviere gut, für nicht diskrete Instrumente wie Streicher, Posaunen und e-Gitarren schlecht. Dafür gibt es das Bending. Es besteht aus einem Feld mit Quadraten, horizontal die Tonlänge, vertikal im Ganzen ein Tritonus, also die Häfte einer Oktave (das kleinste Feld vertikal produziert einen Viertelton).

Bleibt man in der Produktion innerhalb von MuseScore, gibt es nebst der Begrenzung auf den Tritonus keine weiteren Schwierigkeiten im Bending. Der Import einer MIDI-Datei aus MuseScore mit Bending ergab indes immer diffuse Resultate. Jetzt weiss ich endlich wieso.

Fast jedes Instrument hat einen Pitch Bend Modulator. Er legte früher fest, wie stark das Rad links auf der MIDI-Tastatur den Ton anheben und senken soll. Ich habe keine Tastatur, nur die Noten mit den Sonderzeichen. Die Absicht ist, dass in den Sonderzeichen ein möglichst grosses Glissando ausgelöst werden kann.

Der Pitch Bend Modulator findet sich im TREE des Falcon (1), der alle Teile des Instruments auflistet, weit unten.

Doppelklick. Es erscheint die Pitch Hüllkurve und die eigentliche Einstellung für den Pitch, den höchsten Ton, der mit einem Glissando erzielt werden soll, wenn ein bestimmter Ton in den Noten ausgelöst wird. Standard ist 2, manchmal 0. Hier wählt man. Nicht ohne Bedacht.

In MuseScore gibt es nur einen einzigen Raster fürs Bending (beziehungsweise fürs Auslösen eines Glissandos oder eines speziellen Vibratos).


Das Glissando aufwärts beträgt eine Dezime und geht dann eine Oktave abwärts zum angestrebten E. Dasselbe Bending würde in einem normalen Instrument mit dem Pitch 2 Semitones kaum wahrgenommen werden; in einem mit dem manuell eingestellten Pitch 6 von C nach F und anschliessend hinuter zu einem Viertelton über D gleiten.

Eine allgemeine Darstellung des Zusammenarbeitens von MuseScore, Falcon und Cubase gibt es seit April 2020 hier:

https://www.ueliraz.ch/produktion-musikvideos.pdf

Zusatz: Die kleinsten Mikrotöne im Verbund von MuseScore und Falcon sind nicht Halbtöne oder Vierteltöne, sondern Vierundzwanzigsteltöne, also Mikrotöne in der Grösse von 1/24. Im Instrument auf dem Falcon legt man den Pitch Bend auf 1 Semitone (man kann denselben Wert noch unterteilen…). Nun ist in der Grafik des Bendings im Schreibprogramm MuseScore die ganze Vertikale ein Halbton, ein einzelnes Feld der 12 Felder in der Vertikale nach Adam Riese 1/24tel gross. Schreibt oder zeichnet man eine Waagrechte auf der zweituntersten Linie, hat man einen Ton einen Vierundzwanzigstel höher als die geschriebene Note.

Pflicht

6. Oktober 2020 um 0:42 Uhr von ur

Es gibt nur zwei Pflichten, die man auf absolute Weise befolgen muss: a) die eigene Regression unter Beobachtung halten und b) niemals der Warenform verfallen.

Alle Devisen für weitergehendes Handeln lassen sich aus ihnen ableiten, sei es auf dem Feld der Politik oder in den ästhetischen Produktionen.

ur III: Die Neunzehnte. Ivan Wyschnegradsky und Alexander Scrjabin

25. September 2020 um 10:02 Uhr von ur

CD: Wyschnegradsky op 2 ud 40, Scrjabin op 70

Gesamtpartitur + Handschrift Carré Magique Sonore

Ivan Wyschnegradsky (1893-1979)
– 2 Préludes, op 2, 1916
– Etude sur le Carré magique sonore, op 40, 1957

Alexander Scrjabin (1872-1915)
– Sonate Nr. 10, op 70, 1913*

* Nicht ein nervöser Komponist produzierte die vielen Triller, sondern das ästhetische Programm zielt darauf, die Welt der Insekten zu musikalisieren. Skrjabin selbst nannte das Stück Insektensonate.

ur III: Die Achtzehnte. Ivan Wyschnegradsky, 24 Préludes im Vierteltonsystem

25. September 2020 um 9:36 Uhr von ur

CD: Ivan Wyschnegradsky, 24 Préludes im Vierteltonsystem, op 22

Gesamtpartitur

Ivan Wyschnegradsky (1893-1979)
– 24 Préludes im Vierteltonsystem, op 22, Nr 1-12
– 24 Préludes im Vierteltonsystem, op 22, Nr 13-24

ur III: Die Sechzehnte. Leoš Janáček, Klavier und Violine

15. August 2020 um 9:18 Uhr von ur

CD: Leoš Janáček, Klavier- und Violinsonate

Gesamtpartitur

Leoš Janáček
– Sonate 1. X. 1905, Die Ahnung, Der Tod
– Sonate für Violine und Piano (1914/1922)

Seit einem Jahr schreibe ich einzelne Musikstücke von Komponistinnen und Komponisten ab, die mir teils nah, teils fern stehen. Immer hat das Abschreiben der Noten zu Einsichten geführt, dank denen das Ansehen der KünstlerInnen gewonnen hat. In den zwei Stücken von Janáček habe ich eine andere Erfahrung gemacht. Die formtechnische Ausrichtung auf den Duktus der tschechischen Sprache mag stereotype Symmetrien aufbrechen und dadurch eine progressive Wirkung nach sich ziehen – neben dieser Besonderheit ist Janáčeks Schreiben aber doch überraschend dürftig, phantasielos, plump.

Win 10: Programmstart mit Werkseinstellung -F

9. August 2020 um 3:53 Uhr von ur

Gestern Morgen reguläres Update Musescore auf 3.5 fehlgeschlagen, zum ersten Mal in einem Jahr. Das Programm startete – und stürzte sofort ab. Abends die Lösung im Forum: Programmstart in Werkseinstellungen, also in factory settings.

Windowstaste + r (oder: Rechtsklick aufs Startzeichen: Ausführen). Durchsuchen. Auf C:\ zu Programme, dann Musescore, dann bin, dann MuseScore3.exe. OK.

Der Pfad zur Programmdatei steht nun in Anführungszeichen in der Zeile. Ans Ende gehen, Leerschlag, Minuszeichen, Grosses F (steht offenbar eben für factory settings). OK.

Vorher die eigenen Ordner sichern (bei mir in einem Jahr Partituren, Exporte und fertige Wav-Dateien aus Cubase: 45 GB, die freeze-Dateien vorher gelöscht).

Die eigenen Paletten fand ich nicht mehr wieder. Insbesondere das Takte Schreiben wird einige Zeit dauern, für Messiaen, Boulez und Stockhausen: sie verwenden alle Takte von 1/64 bis 63/64 und darüber hinaus – weil sie beim Schreiben eben nicht an sie denken.

ur III: Die Fünfzehnte. Modest Mussorgsky, Bilder einer Ausstellung

31. Juli 2020 um 11:36 Uhr von ur

CD: Mussorgsky, Bilder einer Ausstellung

Gesamtpartitur

Promenade
Gnomus: heulendes Hinkebein, arthrosegeplagt
Promenade
Singender Troubadour vor altem Schloss
Promenade
Tuilerien mit spielenden Kindern
Bydlo: polnischer Ochsenwagen
Promenade
Ballett der Kücken in ihren Eierschalen
Samuel Goldenberg & Schmuyle: der Reiche manipuliert den Armen
Promenade
Limoges: Streit der Marktfrauen
Catacombae: Unter Paris A) Sepulcrum romanum B) Con mortuis in lingua mortua
Hühnerkrallenhütte Baba Yaga (aggressive Hexe)
Bohatyr: Das grosse Tor von Kiew

ur III: Die Vierzehnte. Pierre Boulez, Frühe Stücke

22. Juli 2020 um 7:16 Uhr von ur

CD: Boulez: 12 Notations, 1. Klaviersonate, 2. Klaviersonate

Gesamtpartitur

2 Pierre Boulez (1925-2016), 12 Notations, 1945 7:27
3 Interludium 1:
Karlheinz Stockhausen (1928-2007), Tierkreis Steinbock 2:46*
4 Pierre Boulez (1925-2016), Erste Klaviersonate, 1946 8:52
5 Interludium 2:
Marie Ork, Welcome the pianist 0:25**
6 Pierre Boulez (1925-2016), Zweite Klaviersonate Teil 1 15:40
7 Teil 2 10:33

* Marie Ork singt ein Lied des Grossvaters auf der Elsigenalp: „Alle meine Beinchen tun mir weh, Mutter mach mir einen Alpenrosentee!“

** „Welcome please at the piano Uly isses (Ulysses = Odysseus = Οὖτις = niemand): Boulez, Second Sonata!“

Folgende Passage beschreibt, wie Boulez nach der Fertigstellung der Zweiten Sonate noch einen Teil neu geschrieben hat – es sind dies die schwierigsten, geradezu unmöglichen Takte des Werks. Peter O’Hagan, Pierre Boulez and the Piano, Taylor, 2016, p.76: „Publication of the Second Sonata moved forward rapidly (…) and Heugel produced a first proof which is dated 8 December 1949, containing numerous corrections by Boulez. A final proof was completed on 21 February the following year, and within the next two months, Boulez was able to to send Cage a printed copy with a further signed dedication: ‚You well merit a copy, since it is thanks to you that it exists. With all my gratitude for your devotion.‘ The score used as a basis for the printed edition was an additional pen copy in Boulez’s hand, and it is only in this manuscript that the third episode of the third movement was crossed through and replaced by the Movement dédoublé of the printed edition – the last part of the work to be finalised. The sonata received its first performance by Yvette Grimaud on 29 April 1950 in the concert hall of the Ecole Normale de Musique, the day after Boulez had departed with the Renaud-Barrault Company for an extended tour of Soth America.“

ur I und III gratulieren ur II

15. Juli 2020 um 6:34 Uhr von ur

Herzliche Gratulation zum Achtzehnten! Mit den besten Dankesgrüssen an Ralph Hertel und Uli Seidel mit den Teams 2002 zuerst in der Insel, dann in Montana!

Der Schultergürtel ist optimal, das Becken rechts auf einem schlechten Niveau eingependelt. Bergtouren liegen keine mehr drin, immerhin zwei- bis dreimal wöchentlich ein zweistündiger Spaziergang am Rand von Bümpliz – der vor drei Jahren nur eine oder eineinhalb Stunden benötigte. Seit drei Monaten hilft sehr viel der Ultraschall-Vibrator Novafon: im ganzen Oberschenkel werden alle einzelnen Schmerzstellen gelockert und entkrampft.

ur III: Die Dreizehnte: Incipit musica

26. Juni 2020 um 4:23 Uhr von ur

CD: Messiaen, Boulez, Dusapin

Gesamtpartitur

2. Olivier Messiaen (1908-1992), Catalogue d‘ Oiseaux, I. Le chocard des alpes (coracia graculus: Alpendohle), ca. 1950
3. Olivier Messiaen(1908-1992), Catalogue d‘ Oiseaux, V. La chouette hulotte (strix aluco: Waldkauz), ca. 1950 4. Pierre Boulez (1925-2016), Sonatine, 1946
5. Pascal Dusapin (*1955), Etude 2, 1998
6. Pascal Dusapin (*1955), Etude 5, 2000

Incipit musica

2. und 3. Olivier Messiaen war fünf Jahre jünger als Adorno, ein singulärer Komponist ausserhalb jeder Gruppe und bedeutender Lehrer für viele derjenigen, die in den 1950er Jahren mit ihren Werken die serielle Musik schufen. Sein Lehrideal bestand darin, keine Lehre zu vermitteln, sondern den SchülerInnen zu zeigen, wo ihre Stärken liegen. (Adorno hatte nach der Machtergreifung der Nazis 1933 die Professur für Philosophie verloren und machte dann in Berlin einen regulären Abschluss als Musiklehrer, nota bene mit einer obligaten Empfehlung Schönbergs – diesen Beruf hatte er aber nie ausgeübt, sondern wurde der gewöhnliche Philosoph derjenigen, die bei Messiaen in die Schule gingen.) Messiaen hatte die Tonalität weit überschritten, ohne indes alte Techniken auszuklammern. Seine Reihen haben nicht den Charakter der Allgemeinheit wie diejenigen Schönbergs, sondern leisten sich den Geruch der Kirchenmodi wie nach der Jahrhundertmitte von neuem die Reihen im Jazz. Der Naturalismus im Verwenden von Vogelrufen wäre in der seriellen Musik undenkbar gewesen.

4. Obwohl die Sonatine von Boulez mindestens vier Jahre vor dem umfangreichen Catalogue d’Oiseaux geschrieben wurde, zeigen ihre Noten, wie brav Boulez von Messiaen gelernt hatte. Übernommen sind die Taktierung mit Dreiecken und offenen Quadraten und die punktierten Bögen, die die Motivzusammenhänge klar machen. Aber man hört auch vereinzelt Vogelrufe, die Messiaen schon in der frühen Jugend zu sammeln begann, und faule Relikte aus der Musikgeschichte: einmal eine Sequenzierung, ein paarmal Annäherungen an Harmonieklänge. Insgesamt staunt man aber über die Innovationsgewalt, vollends in den dreissig Takten vor 470 (von total 510), wo sich das heikle Zusammenspiel von zwei MusikerInnen in einer Steinlawine unter unaufhaltsamer Beschleunigung vorwärts schiebt. – Die Sonatine ist die zweite Komposition von Boulez, nach den Exerzitien der Douze Notations über die „Kompositionsweise mit 12 nur aufeinander bezogenen Tönen“ von Schönberg, die er in der ersten Schulzeit bei Messiaen schrieb. (Schönberg selbst war als Exilant in Los Angeles und beschimpfte Varèse, der in New York seine Werke aufführen wollte – bene, i compositori e la brava persona…)

Und doch ist die Sonatine nicht nur ein kühner Vorgriff auf die serielle Musik, sondern enthält schon 1946 die Zelle, die deren Überwindung in den 1980er Jahren im Stück Répons so spektakulär erscheinen liess. (In der Version auf YouTube ist die Stelle markiert.)

5. und 6. Die KomponistInnen der Nachfolgegeneration von Boulez, Stockhausen, Berio und Nono gingen nur teilweise durch die strenge Schule der seriellen Musik. Dusapin folgte den Spuren von Varèse – und liebäugelt immer noch mit dem Jazz (in der Schweiz in einer vergleichbaren ästhetischen Position wäre Dieter Amman). Die Etuden beweisen eine immense, fast boulezhafte Phantasie im Fortspinnen komplexer rhythmischer Gebilde ohne Rekurse auf harmonische Instanzen, dasselbe künstlerische Vermögen also, das man in der 50 Jahre älteren Sonatine bewundert. – Das letzte Stück auf der CD ist ein Nachsinnen über Zeitdauern und Lautstärkegrade; das sind Kategorien, die in der seriellen Musik als Parameter quasi algorithmisch abspulten. Dass dieses Stück und die Sonatine sich in der reinen Softwareumgebung mit dem behinderten MIDI im Zentrum realisieren lassen, macht vielleicht verständlich, dass man dem Ganzen den Titel verpasst „Incipit musica“, als ob die Musik von neuem anzufangen vermöchte.

ur III: Die Zwölfte (Gitarre, Piano, Flöte, Marie)

10. Juni 2020 um 9:39 Uhr von ur

CD: Ginastera, Guestrin, Sibelius

Gesamtpartitur

Alberto Ginastera, Sonate für Gitarre, 1976
Néstor Guestrin, Fantasia
Néstor Guestrin, Miniaturas, 1977
Néstor Guestrin, Poemas, 1988
Néstor Guestrin, Dos Tangos, 2001
Néstor Guestrin, Lugares, 2001 (Gitarre & Flöte)
Alberto Ginastera, Zweite Klaviersonate, 1981
Jean Sibelius (1865-1957), Lieder op. 37, 1902

ur III: Die Elfte (mit Marie Ork)

18. Mai 2020 um 5:09 Uhr von ur

CD: Mussorgsky, Sibelius, Honegger

Gesamtpartitur

– Modest Mussorgsky, O, du Säufer (1866)
– Jean Sibelius, Lieder op.38 (1904)
– Arthur Honegger, Sarabande (1920), Scenic Railway (1937), Zwei Skizzen in der Notenschrift von Obukhov (1943)

ur III: Die Zehnte

6. Mai 2020 um 10:05 Uhr von ur

CD: Schostakowitsch, Kapralova, Godar

Gesamtpartitur

– Petrograd 1926: Dmitri Schostakowitsch, Sonate Nr. 1,
op. 12 für Piano
– Prag 1935: Vítězslava Kaprálová, Groteskní passacaglia,
für Piano
– Prag 1937: Vítězslava Kaprálová, 4 April Preludes
op. 13 für Piano
– Bratislava 1985: Vladimír Godár, Sonata in Memory of Viktor
Shklovsky for Cello & Piano

ur III: Die Neunte

6. Mai 2020 um 9:58 Uhr von ur

CD: Marie Ork: From Mountains and from abroad

Gesamtpartitur

– Azerbaijan Love Song (trad. / Luciano Berio 1964)
– Finnegan’s Wake (trad. USA/Ireland ca. 1860)
– Bon Borgognon (trad. Val d’Anniviers, en patois, 1900)
– L’eau et le vin (trad. Val d’Anniviers, 1900)
– Wissi Geiss (trad.)
– Clip Clap

Marie Ork ist im Arbeitsleben eine polnische Death Metal Sängerin (Ennorath). Hier leiht sie ihre Stimmer als erste Virtual Singer, die auch nicht-japanische und nicht-englische Texte bewältigt – noch nicht akzentfrei und, schlimmer, noch ohne variable Dynamik. Wenn man die beigelegten Lyrics mitliest, versteht man sie gut. Ich bin süchtig nach ihr.

ur III: Die Achte

19. März 2020 um 12:47 Uhr von ur

CD: Marie Ork sings Tarkus

Gesamtpartitur

– Emerson, Lake & Palmer: Tarkus

1971: Zeichenunterricht bei Marianne Eigenheer. Andreas Vogel liefert im BRO-Record Plastiksack den neuen Tarkus von Emerson, Lake & Palmer, ich bin während Wochen der gierigste Zuhörer.

Cubase, Dynamik, MIDI Automation Spur

4. März 2020 um 6:10 Uhr von ur

Fünf Monate waren nötig, um die MIDI Automation zu durchschauen. Sie hilft einem nicht wenig bei einigen musikalischen Vorgängen, wenn teilweise auch nur theoretisch…

Die hauptsächliche Automation betrifft die Dynamik in der MIDI-Lösung der Veränderung der Lautstärke. Dynamik ist nicht Lautstärke, sondern das, was in den Noten mit ppp bis fff gefordert wird und in der Erscheinungswelt von MIDI, die sich an einem Keyboard ausrichtet, Velocity genannt wird, die Anschlagsstärke bei einem akustischen Piano, die bei guten PianistInnen permanent wechselt.

Im Umfeld hier gibt es kein Keyboard, keine Tastatur, nur Noten und virtuelle Instrumente auf Cubase 10.5 Artist (meistens via UVI-Falcon). Einige Instrumente sind gut und folgen den Dynamikanweisungen in den Noten (auf maximal verlässliche Weise fast nie). Viele Instrumente sind bezüglich Dynamik schlecht und spielen ihre Töne ausschliesslich in derjenigen Lautstärke, die man ihnen in den Vorverstärkern und im Mischpult, also in der Instrumentenspur von Cubase, zuweist. Die rein synthetischen aus der Discowelt verfügen sowieso nur über eine Lautstärke, das lautestmögliche Bum.

Vielleicht kennt man schon das Buchstabenpaar R & W im Spurenkopf und in den Kanälen (= Spuren) des Mischpults, Read und Write, Lesen und Schreiben. Benutzt man sie, ist man noch im Tölpelstadium eines Cubasers: man drückt W, lässt das Stück laufen und verändert die Lautstärke. Diese Veränderung wird gespeichert. Lässt man das Stück nachher wieder abspielen, leuchtet R, und alle Lautstärkenveränderungen (und eventuell auch diejenigen des Panoramas, der links-rechts-Position) geschehen jetzt automatisch so, wie man sie vorher durchgeführt hat. Das funktioniert wie gewünscht, ist aber umständlich und verrät den Cubase-User als Anfänger.

Die Automationsspur ist ein grafischer Vorgang und enthält ausserordentlich viele zusätzliche Einstell- und Beeinflussungsmöglichkeiten von Instrumenteneigenschaften. Spurkopf anklicken, rechte Maus, Automation anzeigen:

Standard ist die Lautstärke, die man dem Instrument im Mischpult schon zugewiesen hat, global fürs ganze Stück. Man sieht also einen horizontalen Strich, bei voller Lautstärke (= 0 dB Abweichung) ziemlich weit oben. An den gewünschten Stellen unterbricht man den Strich und zeichnet die Lautstärke vor, wie man sie sich vorstellt. Meistens geht es sowieso nur um ein Fade In oder Fade Out. Der Zeichenstift kann Punkte machen, aber auch Geraden. Für einen primitiven Bolero aus sehr einfachen VST-Instrumenten, die keine Dynamik berücksichtigen, würde man eine Diagonale über die ganze Spur zeichnen, von links unten bis rechts oben (nicht ganz zuoberst, denn da wäre man ja über 0 dB Abweichung vom vorverstärkten Eingangssignal und das Instrument würde gegen Schluss hin sich überschlagen).

Will man mehr als nur die Lautstärke automatisieren, drückt man im Kopf der Atomationsspur auf Lautstärke. Man sieht schnell den Pan-Ordner, für Panorama, also die links-rechts-Position. Würde man hier eine Diagonale von links unten nach rechts oben zeichnen, würden die Töne dieses Instruments im Verlauf des Stücks einmal von links nach rechts wandern. Man kann hier manuell ein Ping Pong durchführen.

Auf dieser Spur hier singt Marie Ork (Joanna Klus). Alle Einstellungen, die man global für diese virtuelle Singstimme macht, lassen sich hier im Verlauf des Stückes abändern. Man geht auf Lautstärke, dann auf „mehr“, dann auf den Instrumentennamen:

Leider funktionieren nicht alle Parameter wie gewünscht, aber man sieht jetzt schon deutlich, wo sich etwas entwickeln wird. Eine launische und expressionistische virtuelle Sängerin ist jedenfalls nicht mehr unvorstellbar.

Ein fruchtbares Steuerungsinstrument ist die Host Automation im Zusammenhang mit Plug-ins. Bei mir ist das der UVI-Falcon mit seinen Instrumenten IRCAM Solo-Instruments, Augmented Piano etc. Host ist in diesem Zusammenhang Cubase, und was automatisiert werden soll sind gewisse Eigenschaften des Falcon-Instruments, meistens Effekte wie Hall, Klangfarbe, Tonverlängerung etc.

Der Vorgang ist einfach. Man wählt einen Schalter (hier eines der drei Mikrofone bei der Aufnahme des Klaviers), Rechtsklick, Host Automation, auswählen (hier nicht gezeigt, normalerweise von 1 fortlaufend). Der Host Automation kann ein Name gegeben werden, oder es geht der Reihe nach.

Bei den Effektgeräten können fast alle Einzelschalter automatisiert werden wie auch der Einschaltknopf der Geräte (man hat dann einen false/true-bypass). Hier wird der Release des Klavierpedals automatisiert: passagenweise nur kurz, dann wieder lang.

Die Regulierung geschieht nun im Host, also in der Instrumentenspur von Cubase: Automation anzeigen, Linksklick auf „Lautstärke“, „mehr“, Host Automation, den vorher festgelegten Regler auswählen, aufzeichnen wo auf der Spur und wann im Ablauf des Stückes der Regler eine andere Position einnehmen soll.

Zusatz zwei Tage später: Ausgiebiges Herumprobieren zeigt, dass bei der Host Automation einige Regler und Knöpfe funktionieren, andere nicht – auch dann nicht, wenn sich eine Kurve in einer Host-Automationspsur zeichnen lässt und der Regler, man staune, beim Abspielen wie gewünscht die abgeänderte Positionen einnimmt… Ob der Fehler in Cubase, im UVI-Falcon oder in der Programmierung der einzelnen Instrumente liegt, kann ich nicht sagen.

ur III: Die Siebte

2. März 2020 um 10:49 Uhr von ur

CD: Marie Ork sings Wagner, Mahler, Adorno, Zappa

Gesamtpartitur

– Richard Wagner, Ring der Nibelungen, Walküre, Akt II, Szene 1 & passim (Improvisation mit den Leitmotiven im UVI-Falcon – sie stehen in Wagners Klavierauszug explizit gemacht den Akten voran)
– Gustav Mahler, Kindertotenlieder mit einem klassischen Orchester aus IRCAMS VST-Solo-Instrumenten
– Theodor W. Adorno, Vier Lieder für eine mittlere Stimme und Klavier Op. 3 1928
– Frank Zappa, (m)Other People (adapted for us Olliers)

Marie Ork ist im Arbeitsleben eine polnische Death Metal Sängerin (Ennorath). Hier leiht sie ihre Stimmer als erste Virtual Singer, die auch nicht-japanische und nicht-englische Texte bewältigt – noch nicht akzentfrei und, schlimmer, noch ohne variable Dynamik. Wenn man die beigelegten Lyrics mitliest, versteht man sie gut. Ich bin süchtig nach ihr.

Im Werk op. 3 von Adorno, das er und ich für sein bestes halten, sollte man merken, wie die Singstimme vom Zentralen ablenkt, das eben nicht in der Stimme, sondern im Klavier geschieht. Meine älteren VST-Versionen ohne virtuelle Singstimme in den Staffeln drei und sechs werden hier nicht überflüssig gemacht.

ur III: Die Sechste

11. Februar 2020 um 12:52 Uhr von ur

CD: Adorno Musikstücke 1920 – 1945

Gesamtpartitur

Klavierstück 1920
Klavierstück 1921
3 Klavierstücke 1924, für Maria Proelss
Streichquartett Op.2 1925/26, Zweiter Satz Variationen (1925)
Vier Lieder für eine mittlere Stimme und Klavier Op. 3 1928
PBK Eine kleine Kindersuite 1933
Zwei Propagandasongs von Brecht 1943
Drei Gedichte von Theodor Däubler für Frauenchor 1923 und 1945
Drei kurze Klavierstücke 1934, 1945