Pelléas & Mélisande in New York
Samstag, 1. Januar 2011Pause zwischen dem dritten und vierten Akt der Oper Pelléas et Mélisande von Claude Debussy, live aus New York (Matinée), Chor und Orchester der Metropolitan Opera, Leitung: Simon Rattle. Das ist die vierte oder fünfte Version dieser Oper, die ich höre. Es hat lange gedauert, aber jetzt kapiere ich langsam, wie sie gebaut ist, wie antiwagnerisch, und wie man sie in vollen Zügen geniessen kann. Bei den ersten zwei Anhörungen hätte ich mir nicht einreden lassen, dass sie spannend ist. Sie ist es in jedem Moment, spannend, und alles andere als geschwätzig.
Der Fehler früher war, den Text nicht im voraus ernsthaft zur Kenntnis genommen zu haben. Man muss ein Verhältnis zu ihm einnehmen, ihn verstehen, um der Musik Debussys vertrauen zu können: sie folgt dem Text, der aus Aussparungen in gesellschaftlich und extistentiell stark gestörten Kommunikationsverhältnissen besteht, und führt eben diese unterdrückten Reden aus. – Eine Sehnsucht nach dem Bühnendekor besteht im übrigen nicht, da die bekannten Inszenierungen auf DVD in schlechter Erinnerung sind, die New Yorker Bilder auf Bayern 4 denselben entsprechen und die Musik in Tat & Wahrheit so stark ist, dass jeder Bilderschwulst nur stört und falsche Fährten legt.