Chauris, Filidei, Curran, Andre

18. Oktober 2015 um 18:53 Uhr von ur

Soeben direkt live auf SWR2 SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Jörg Widmann (Klarinette), Jugendorchester St. Georgen-Furtwangen (Leitung: Michael Berner), Experimentalstudio des SWR, Leitung: François-Xavier Roth.

Yves Chauris, „Why so quiet“, für großes Orchester (UA). – Eine Serie von Klangerruptionen, rhythmisch leicht unterbelichtet.

Francesco Filidei, „Killing Bach“, für Orchester (UA). – Klamaukmusik.

Alvin Curran, „The Book Of Beginnings“, für Orchester, Jugendorchester, 2 Selbstspielklaviere & Smartphone-App (UA). – Ein ziemlich starkes Stück mit viel Farbe und Abwechslung. Viele Buhs trotzdem…

Mark Andre, „über“, für Klarinette, Orchester und Live-Elektronik (UA). – Da geht es einen Schritt zu weit ins Reich des Kitsches hinein. Der religiöse Glaube ist kein Fundament, das längerfristig eine kompositorische Ästhetik zu tragen vermag. Die vom Komponisten versteckten Zeichen zünden nicht und bleiben stumpf.

Barden, Sandoval, Pena, Winkler, Finnendahl

17. Oktober 2015 um 15:20 Uhr von ur

Soeben direkt live auf SWR2 von Donaueschingen ensemble mosaik, Leitung: Enno Poppe.

Mark Barden, „aMass“ für verstärktes Ensemble (UA). // Carlos Sandoval, „AntiLegos“ für 10 Solisten (darunter 5 Videoklone) Teil 1. // Luis Antunes Pena, „nomás“ für Bassflöte, Bassklarinette, E-Gitarre, Schlagzeug, Klavier, Viola, Violoncello, Elektronik (UA). // Carlos Sandoval, „AntiLegos“ für 10 Solisten (darunter 5 Videoklone) Teil 2. // Stephan Winkler, „Überraschung“ für 7 Instrumentalisten und Elektronik. // Carlos Sandoval, „AntiLegos“ für 10 Solisten (darunter 5 Videoklone) Teil 3. // Orm Finnendahl, „AST“ für Kammerensemble, 32 selbstspielende Maschinen, Live-Elektronik und Zuspielung (UA).

Kindergartensoundgebilde ohne Witz, ohne Form und ohne objektive kompositorische oder dramaturgische Spannung.

Kreidler, Ayres, Pasovsky, Borowski

16. Oktober 2015 um 21:10 Uhr von ur

Soeben direkt live auf SWR2 von Donaueschingen SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Leitung Peter Eötvös, Gregor Mayrhofer.

Johannes Kreidler, TT1, für Orchester und Elektronik (2015), Uraufführung. – Ein unmusikalisches, unmotiviertes Spiel mit Tönen und zusätzlichen Mikrotönen, und ein debiler Computer hatte beim Komponieren auch mitgemischt. Der Begriff des Antihelden steht nicht unbedingt für etwas Gutes, aber für etwas Interessantes und Bedenkenswertes – wofür aber steht der musikalische Begriff des Anticharakters?

Richard Ayres, No. 48 (2015) für großes Orchester, Deutsche Erstaufführung. – Suzy’s 48 Crash vor 40 Jahren fand ich so gut wie dieses Stück schlecht. Humor hat in der Musik nichts verloren, insbesondere nicht der kindische.

Yoav Pasovsky, Pulsus alternans (2015) für Orchester, Uraufführung. – Sowohl im Detail wie im Ganzen klug komponierte Gruppen von rhythmischen Schwebungen, mit sehr schönem Gesamteffekt.

Johannes Boris Borowski, Sérac für Orchester (2014/15), Uraufführung. – Das Stück hat einen Zug, dem man gerne folgt, eine Spannung in der grossen Form. Im Kleinen gibt es manchmal Parallelbewegungen wie in der Marschmusik, die sich als neue versteht, also wie im Dixie-Jazz.

Verlochtes ausgraben

13. Oktober 2015 um 22:22 Uhr von ur

Herzerweichender Traum. Zuhinterst im Val d’Hérens, zwischen den dunkelbraunen Hütten eines Dorfes in der Dämmerung staune ich ob den Fenstern, in die man schauen kann, ohne etwas zu sehen, da schleppt sich der alte V. um die Ecken, verschwärzt wie ein Kaminfeger, deutet mir an, ich solle ihn an einen verborgenen Winkel des Hauses schleppen, untertags, auf meinem Buckel. Das geht doch nicht! Ich versuche es trotzdem, da kommen D. und U., U. nimmt V., der schon lange nichts mehr spricht, seinerseits auf die Schultern, und wir beginnen, uns dahin zu verkriechen, wo es scheinbar etwas auszugraben gäbe. Ah, saudumm, ich wache grundlos auf, ohne dass sich vom Geheimnis eine Spur offenbaren würde.

Manoury, Le temps – mode d’emploi

12. Oktober 2015 um 20:02 Uhr von ur

Soeben live auf France Musique concert enregistré le 25 septembre à la Salle de la Bourse de Strasbourg dans le cadre du Festival Musica.

Philippe Manoury (né en 1952), Le temps, mode d’emploi (2014, création française), avec Andreas Grau, Götz Schumacher, pianos, Experimentalstudio des SWR, réalisation informatique musicale, José Miguel Fernandez, régie informatique musicale.

50 Minuten leichte, grossartige Unterhaltung im Stile von Répons. Das Stück könnte mit denselben Spielern und derselben Live-Elektronik auch an einem Rock- oder Jazzfestival aufgeführt werden – grosser Applaus wäre garantiert.

Lachenmann, Cendo

5. Oktober 2015 um 20:03 Uhr von ur

Soeben live auf France Musique Concert enregistré le 24 septembre 2015 à France 3 Alsace (Strasbourg) dans le cadre du Festival Musica, Ensemble Linea, Jean-Philippe Wurtz, direction.

Helmut Lachenmann (né en 1935), Mouvement (- vor der Erstarrung). – Auch die Klassik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts setzt einmal Staub an … und wird zur glücklichen Unterhaltung.

Raphaël Cendo (né en 1975), Corps. – Vielleicht das erste Stück von Cendo, das mir beim Zuhören gefällt, obwohl auch hier mit Käpslipistolen geschossen wird; intendierte Unterhaltung in der Kunst mutiert zur Unwahrheit.

Francesco Filidei, Giordano Bruno

28. September 2015 um 20:44 Uhr von ur

Soeben live auf France Musique Opéra enregistré le 20 septembre au Théâtre de Hautepierre dans le cadre du festival Musica 2015, avec Lionel Peintre, baryton (Giordano Bruno), Jeff Martin, ténor (Inquisiteur 1), Ivan Ludlow, basse (Inquisiteur 2), Guilhem Terrail, contre-ténor (Le Pape), Remix Ensemble Casa de Musica (Porto), Peter Rundel, direction.

Francesco Filidei (né en 1973), Giordano Bruno.

Ziemlich eindrücklich und wahr.

Lachenmann, Kyburz, Robin

21. September 2015 um 20:22 Uhr von ur

Soeben live auf France Musique concert enregistré le 18 septembre 2015 au Palais de la Musique et des Congrès de Strasbourg dans le cadre du festival Musica 2015, SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Pascal Rophé, direction, Robin Meier, réalisation informatique musicale Ircam.

Helmut Lachenmann (né en 1935), Kontrakadenz (1970-1971). – Ein Stück des jungen Komponisten, in dessen zweitem Teil erst die vorher ungeschützt vorgeführten Materialien kompositorisch umgegossen werden. Die Spracheinspielungen wirken heute unnötig oder gar deplaziert, ihre Aktualisierung („Facebook“) gibt einem das Gefühl, alte Klamotten vorgeführt zu bekommen. Der zweite Teil instrumental wirkt indes immer noch aufweckend, im guten Sinne sogar aufwühlend.

Hanspeter Kyburz (né en 1960), Ibant oscuri (2014, création française). – Festmusik zu Helden aus der Lateinstunde. Der Komponist schielt mit den prallen Unisono- und Fanfarenpartien auf eine Erweiterung des Publikums, der Hörer aber denkt an einen wie in Glas einkomponierten Applaus. Gekonnte Kunst im schönen Gewand, desorientiert auf der Gegenseite der Aufklärung lustwandelnd. Schöne Musik kann verlegen machen: es dünkt einen, man höre der Musik an, dass ihr Schöpfer sich lange Gedanken darüber gemacht hat, dass die zeitgenössische Kunstmusik ein zu kleines Publikum hat und dass man es mit Tricks vergrössern müsste.

Yann Robin (né en 1974), Inferno (2011-2012, révisée en 2015, création mondiale nouvelle version). – Ein umwerfendes Höllenfahrtsgaudi, mit oder ohne Dante: ich bin dabei! – Es gibt ein Video zur Musik, allerdings nur wenige Minuten lang, aus einer Giesserei mit inszenierten Prozeduren, die höllisch wirken sollen, aber leicht nach Slapstick riechen. Der Komponist wollte sich wohl gegen die Unterstellung absichern, neotheologisch abzudriften. Einige Werke zurzeit haben mit dem Vorwurf zu kämpfen, dass sie zu unterhaltend sind, zwar komplex, aber doch zusehr der Anhäufung von Ereignissen verschrieben, ja dem Spektakel. Ein Genuss ist diese Musik auf jeden Fall, und den Vorwurf der Leichtigkeit kann man ihr auch nicht machen. Da ich das Werk sofort noch einmal hören würde – und das gilt auch für die beiden anderen Stücke des Abends – enthält es genügend Substanz, um als zeitgenössische Kunst diskutiert zu werden.

Hugin Maskierung Fehler

15. September 2015 um 17:27 Uhr von ur

Das Olympus Weitwinkelobjektiv mZuiko 7-14 mm produziert bei Gegenlicht viele unschöne Lens Flares, Farblichter so vielfältig wie bei einem Feuerwerk. Für Einzelaufnahmen verwende ich als Mittel dagegen einen Selfistick, zuoberst versehen mit der Sonnenmütze, die ich trage, bei zusätzlichem Wind mit einer schwereren Wollmütze aus dem Hosensack; die linke Hand hält, am Körper blockiert, die Handystange, die rechte bedient den Fotoapparat auf dem Einbeinstativ (gut möglich, dass das Handling mit normalen Kräften auch ohne Stativ funktioniert, aber die Koordinationsschwierigkeiten sind nicht zu unterschätzen).

Für die Realisierung eines Panoramas wäre dieses Arrangement körperlich zu kompliziert – aber es ist auch gar nicht nötig. Hat man das Panorama auf gewöhnliche Weise geknipst, gibt es zwar einer ganze Reihe von Bildern mit „Blendenflecken“, die auf dem Panorama vervielfacht in verschiedene Richtungen verlaufen würden. Da sie aber bei jedem Einzelbild an einer anderen Stelle vorkommen, ist es leicht, sie jeweils komplett zu maskieren (wenn man denn überhaupt alle während der Arbeit mit Hugin aufzustöbern vermag). Das Vorgehen war während der ganzen Zeit des Fotografierens mit dem genannten Objektiv verlässlich, bis zu einem Panorama letzte Woche auf dem Gärsthorn: an einer Stelle, die von zwei Bildern abgedeckt wird, von denen nur eines einen Flecken enthält (allerdings justament auf einem Grat…), produziert Hugin durch die Maskierung eine Lücke, ein leeres Nichts, obwohl das Anschlussbild diese Stelle fehlerfrei zur Verfügung stellt, nota bene mehr als 10% weit vom Bildrand entfernt.

Erst nach ein paar Tagen wurde die Lösung gefunden; da sie der Intuition widerspricht, scheint sie mir erwähnenswert. Dasjenige Bild ohne Flecken wird am Rand, der doch wie gesagt ignoriert wird, beschnitten, nicht so weit ins Bild hinein, dass die fehlerhafte Stelle betroffen wäre, aber doch bis nahe daran. Sobald das Bild beschnitten war, benutzte es Hugin als neues Deckblatt gegen die maskierte Stelle. Verstehe das, wer will, aber die Lösung war mir nach dem langen Pröbeln nicht wenig willkommen.

Steinhagel

8. September 2015 um 3:21 Uhr von ur

Ich sitze zuhinterst in einem niedrigen Kleinbus. Der Fahrer spinnt und lässt das Auto in einer geraden Strasse mit halbhohen Reihenhäusern beidseits im Kreis fahren, rechtsherum über beide Fahrspuren hinweg, die Hinterräder wie fest am Platz. Das Auto dreht sich immer schneller, es durchbricht die Vorgartenmauern und damit alles, was im Weg steht, Kinderwagen, Sträucher, Personen… Längst schon hat ein Steinhagel eingesetzt und wird immer dichter, über die Häuserreihen herab im sich durch die Fahrt bildenden Kreis. Angst, getroffen zu werden – vom Aufprall des Autos, vom Niederprasseln der Steine. In der Tat wird zuerst eine Hand zerschlagen, dann ein Arm. Der Hagel aus würfelförmigen Pflastersteinen wird immer dichter, die Drehgeschwindigkeit des Autos immer schneller. Der Kopf wird getroffen, Aufwachen. – Jetzt auf aufs Gersthorn!

Das schlaue Füchslein mal anders

2. August 2015 um 4:19 Uhr von ur

Gestern Nachmittag live auf Bayern 4 vom 22. Oktober 2011 im Gasteig Das schlaue Füchslein, nicht original Leoš Janácek, sondern neu getextet nach Brod von Katharina Neuschaefers über der Suite von Sir Charles Mackerras.

Die sogenannte Kinderoper wird von Rufus Beck im Alleingang durchgezogen, als wäre er ein ganzer Zoo. Seine Darstellung der Tiere ist so umwerfend, dass das ganze Werk der Erwachsenenwelt nicht weiter vorenthalten werden sollte.

Rihm, Die Eroberung von Mexico

26. Juli 2015 um 21:31 Uhr von ur

Soeben direkt live auf Ö1 aus der Felsenreitschule im Rahmen der Salzburger Festspiele 2015 von Wolfgang Rihm: Die Eroberung von Mexico. Mit Angela Denoke (Montezuma), Bo Skovhus (Cortez), Susanna Andersson, Marie-Ange Todorovitch, Stephan Rehm, Peter Pruchniewitz; ORF Radio-Symphonieorchester Wien; Dirigent: Ingo Metzmacher.

Vielleicht bin ich endlich auf dem Weg, das gute Stücke zu begreifen. So spannungsgeladen – und reif – ist es mir noch nie erschienen.

Birtwistle, Knussen, Haddad, Benjamin, Ligeti

22. Juli 2015 um 20:27 Uhr von ur

Soeben live auf Bayern 4 Aldeburgh Festival vom 25. Juni 2015 mit der London Sinfonietta, Leitung George Benjamin, Klavier Pierre-Laurent Aimard.

Harrison Birtwistle, Carmen Arcadiae Mechanicae Perpetuum // Oliver Knussen, Songs without voices // Saed Haddad, In contradiction // George Benjamin, At first light // György Ligeti, Klavierkonzert

Alles attraktive Stücke. Kaum zu glauben, dass man an dem südenglischen Ort der Reaktion eine progressive Programmierung dem Publikum zuzumuten wagt. Sogar Benjamin hält einem die Ohren wach, am Schluss zitiert er Varèsische Wendungen. Das beste Stück? Von Birtwistle.

Hitzetag mit Nebelmeer

20. Juli 2015 um 6:48 Uhr von ur

Soeben live von Anzère, Pas de Membré, an einem Tag mit prognostizierten mehr als 30° C…:

Ur II, 13

15. Juli 2015 um 3:27 Uhr von ur

Ur I & III gratulieren ur II zum 13ten! Der rechte Fuss, seit eineinhalb Jahren ein Problem und exakt vor einem Jahr an dieser Stelle ausführlich bejammert, heilte nicht wirklich aus, aber bei einer Schulterkontrolle im April gab ein Assistenzarzt den Tipp, den Fuss mit einer zusätzlichen Stretchübung zu stärken:

Statt auf einer Treppenstufe ohne Festhaltemöglichkeit stehe ich auf einem uralten, nahe bei einem groben Möbel plazierten Holzpflock, der ansonsten als Fussschemel unter dem Computertisch dient, und lasse die Fersen nach unten kippen. Schon allein diese Stellung ohne zusätzliche Bewegung bewirkt einen Zug auf die Achillessehne und das Gewebe darum herum. Nun kann man sich auf die Zehenspitzen stellen, die Füsse in der Horizontalen halten oder quasi Pedalo treten – alles stretcht die Sehnen, die Nerven und das Gewebe im Mittelfuss- und Fersenbereich, nicht unähnlich des herkömmlichen Stretching Gastrocnemii (unter Google Bilder erscheint mit diesen Wörtern auch die hier beschriebene Übung als Skizze). Dank dieser Übung, zusammen mit den vom Arzt empfohlenen sehr teuren angepassten Einlagen (440 sFr), hat sich innerhalb von drei Monaten eine deutliche Stärkung des Fusses bemerkbar gemacht, so dass das Laufen in den Bergen wieder ohne Angststress geschehen kann.

Schweizer Moralphilosophie

5. Juli 2015 um 15:42 Uhr von ur

Von einem wird gesagt, er sei daran, vom rechten Weg der Moral abzukommen. Eine wird angewiesen, sich um die Sache zu kümmern. Sie zögert. Im Vorbeikutschieren sieht sie, in Ursellen, wo ich selbst zwei Wochen einstens hauste, wie der Erwähnte am Rand einer Gruppe den Arm um die Taille eines Mädchens gelegt hat und ein Ende ihrer beiden Zöpfe in den Fingern drückt. Das unverhofft Gesehene treibt sie an, ihrer Aufgabe nachzugehen: „So faht’s äben a, am Züpfenändi, prezis!“ – Rudolf von Tavel, Der Frondeur Seite 217, Bern 1929.

Der ästhetische Individualismus des Berner Literaturprinzen erscheint als eine Sache der Bigotterie, gänzlich frei sowohl von der Idee der Gesellschaft wie der einer künstlerischen Moderne, und Rudolf von Tavel war nur 16 Jahre älter als James Joyce…

Walliser Betoncots

30. Juni 2015 um 10:34 Uhr von ur

Soeben in der Bümplizer Migros eine Packung Walliser Aprikosen gekauft. Weiss der Teufel, warum die im Kunstlicht des Ladens aprikosenfarben erschienen – hier zuhause sind sie so grün wie der Rasen in Wimbledon. Wozu dieser Verkaufsunsinn? Ein paar Tage länger an den Bäumen, und wir hätten Früchte als wie aus dem Paradies gewonnen. Diese Teile aber haben eine Härte, als ob ihre Herstellung, gänzlich ausserhalb des Naturverlaufs, für den Bau von Betonmauern bestimmt gewesen wäre.

Diotima: Gervasoni, Glerup, Fedele, Bartók

29. Juni 2015 um 20:36 Uhr von ur

Soeben live auf France Musique concert enregistré aux Bouffes du Nord le 15 juin 2015 dans le cadre du Festival ManiFeste. Alain Billard, clarinette, Quatuor Diotima: Yun Peng Zhao, violon, Constance Ronzatti, violon, Franck Chevalier, alto, Pierre Morlet, violoncelle, Thomas Goepfer, réalisation informatique musicale Ircam.

Stefano Gervasoni (né en 1962), Clamour, troisième quatuor à cordes. – Musik wie ein stehengelassenes Weihnachtsbäumchen im Sommer. Ein dürres Gebilde mit unpassenden Accessoires: zu trivial und altertümlich die kleinen Formmomente.

Rune Glerup (né en 1981), Clarinet Quintet (Sill leaning toward this Machine) pour clarinette et quatuor à cordes (commande Ircam-Centre Pompidou, création). – Vom ersten Ton an packend, sowohl im Rhythmus, in der Harmonik und in der Gestaltung. Trotz der ständigen Anspielung an diverses Altes sehr sicher gesetzt (mit Ausnahme der letzten paar Takte) und mit den Augen vorwärts gerichtet.

Ivan Fedele (né en 1953), Quatuor n° 2 « Pentalogon Quartet » (1987-1989, rév. 2009). – Kleine Charakterstücke mit einer gewissen poetischen Kraft.

Béla Bartók (1881-1945), Quatuor à cordes n° 5 en si bémol majeur BB 110 SZ 102 – I. Allegro, II. Adagio molto, III. Scherzo : Alla bulgarese, IV. Andante, V. Finale : Allegro vivace (1934). – Glerups Quartett ist besser, aber der letzte Bartóksatz ist immer noch umwerfend, bis in die letzten Takte.

Die Alp hier heute

26. Juni 2015 um 20:13 Uhr von ur

Soeben auf srf2 von Alexander Grass: Melkstand vollgeschissen, Hütte kalt – und der Senn ist glücklich.

Eine Sendung so faszinierend wie eine Oper von Boulez zu hören gewesen wäre. Bravo bravissimo! Ma merde: wie sind wir Dummköpfe hilflos gegenüber der harten Realität, erscheint sie uns doch nur noch als schön oder nicht schön. (Ein gutes Spässchen beiseit: dass die Nomaden vor tausend Jahren auch auf der Suche von Quarzen gewesen sein wollten…) Aber die Sendung selbst war unbeschadet. Selten habe ich so viel über ein Gebiet gelernt, in einer Stunde, das ich seit fast dreissig Jahren im Augenschein habe.

Ausmisten

18. Juni 2015 um 3:42 Uhr von ur

In diesem Traum wechseln die Grössenverhältnisse laufend: ich stehe vor einem meiner hohen Büchergestelle, draussen in der Landschaft, und schaue zu, wie Arbeiter hinter einem der oberen Tablare in einem buchgrossen Schacht tätig sind, sei es mit Strom- oder Glasfaserleitungen. Allmählich wird klar, dass etwas Schwarzes herausgeschaufelt wird, und es fällt in die Bücher der unteren Tablare hinein. Ich brülle. Ein Arbeiter zeigt sich oben auf dem Tablar, ein anderer direkt neben mir. Ich solle mich beruhigen, meinen Büchern würde bestimmt nichts passieren. Ich hole die Kamera, um den Schaden zu dokumentieren. Natürlich fotografiere ich mit schlechten Einstellungen, es ist viel zu dunkel. Ich merke, dass die Dokumentation missraten wird, dieweil Leute der Strasse die Szene begaffen und immer mehr Mist über die Bücher fällt. Die Fotos bleiben unbrauchbar, mürrisches Aufwachen.

In Wirklichkeit versuche ich seit Tagen, bei einer Wohnungsauflösung Bücher in Gestellen und Schränken so zu durchforsten, damit entweder einige von ihnen selbst oder ihr beigelegter Zusatz in Form von Briefen oder sonstigen persönlichen Dokumenten vor dem endgültigen Entsorgungstod gerettet werden können. Gleichzeitig schleppte ich gestern die ganze Anlage von Swisscom-TV mit Router, Funkkästen, der eigentlichen Box und einem ganzen Kabel- und Steckerpark aus der Zentralschweiz in ein Berner Swisscomshop. Der Traum hat gar nichts vorgegaukelt, sondern erscheint als nüchterne Buchhaltung.

Zusatz 19. Juni 2015. Heute zuhause nach Qualen den einarmigen Behindertenrucksack gewogen: 8.5 kg Fotobücher…