Lachenmann, Kyburz, Robin

Soeben live auf France Musique concert enregistré le 18 septembre 2015 au Palais de la Musique et des Congrès de Strasbourg dans le cadre du festival Musica 2015, SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Pascal Rophé, direction, Robin Meier, réalisation informatique musicale Ircam.

Helmut Lachenmann (né en 1935), Kontrakadenz (1970-1971). – Ein Stück des jungen Komponisten, in dessen zweitem Teil erst die vorher ungeschützt vorgeführten Materialien kompositorisch umgegossen werden. Die Spracheinspielungen wirken heute unnötig oder gar deplaziert, ihre Aktualisierung („Facebook“) gibt einem das Gefühl, alte Klamotten vorgeführt zu bekommen. Der zweite Teil instrumental wirkt indes immer noch aufweckend, im guten Sinne sogar aufwühlend.

Hanspeter Kyburz (né en 1960), Ibant oscuri (2014, création française). – Festmusik zu Helden aus der Lateinstunde. Der Komponist schielt mit den prallen Unisono- und Fanfarenpartien auf eine Erweiterung des Publikums, der Hörer aber denkt an einen wie in Glas einkomponierten Applaus. Gekonnte Kunst im schönen Gewand, desorientiert auf der Gegenseite der Aufklärung lustwandelnd. Schöne Musik kann verlegen machen: es dünkt einen, man höre der Musik an, dass ihr Schöpfer sich lange Gedanken darüber gemacht hat, dass die zeitgenössische Kunstmusik ein zu kleines Publikum hat und dass man es mit Tricks vergrössern müsste.

Yann Robin (né en 1974), Inferno (2011-2012, révisée en 2015, création mondiale nouvelle version). – Ein umwerfendes Höllenfahrtsgaudi, mit oder ohne Dante: ich bin dabei! – Es gibt ein Video zur Musik, allerdings nur wenige Minuten lang, aus einer Giesserei mit inszenierten Prozeduren, die höllisch wirken sollen, aber leicht nach Slapstick riechen. Der Komponist wollte sich wohl gegen die Unterstellung absichern, neotheologisch abzudriften. Einige Werke zurzeit haben mit dem Vorwurf zu kämpfen, dass sie zu unterhaltend sind, zwar komplex, aber doch zusehr der Anhäufung von Ereignissen verschrieben, ja dem Spektakel. Ein Genuss ist diese Musik auf jeden Fall, und den Vorwurf der Leichtigkeit kann man ihr auch nicht machen. Da ich das Werk sofort noch einmal hören würde – und das gilt auch für die beiden anderen Stücke des Abends – enthält es genügend Substanz, um als zeitgenössische Kunst diskutiert zu werden.

Montag, 21. September 2015 um 8:22 pm Themenbereich: Musik                 RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.

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