Opernkonzentrat ohne Werk
Mittwoch, 23. Februar 2011Die ganze Nacht wundersam schöne Musik in den Ohren, das sogenannte Blumenduett aus der ansonsten unhörbaren Kitschoper Lakmé von Léo Delibes, gesungen von Natalie Dessay und Delphine Haidan 1997 in Toulouse. Ich hörte diesen Schlager, dessen Gehalt mindestens Downtown von Petula Clark (für Arno Schmidt) und 48 Crash von Suzi Quatro (für mich, weil Suzi den Blick von Rita aus der Nelki draufhatte) gleichkommt, schon oftmals, zuletzt gestern Morgen auf DRS2, dann abends, als ich ihm beim Anhören der ganzen Oper auf Bayern 4 zgrechtem abpassen wollte. Unsäglich die Szenerie: ein Idyll im englisch kolonialisierten Indien, französisch wie Gift parliert von einem Komponisten, der nie einen Ton indischer Musik zu hören bekam. Natürlich schlief ich nach den ersten vier Takten ein, süss geweckt in der ersten Hälfte des ersten Verses, so dass ich den Hit in der ersten Wiederholung einmal ganz, dann in der verzögerten dritten Präsentation gerade noch einmal zu hören bekam. Von nun an zehrt die ganze Oper von dieser Musik, gewebt in jeden ihrer Takte, von denen doch der einzelne in seiner Selbständigkeit gleich miserabel wäre als Teil eines Kunstwerkes. Noch vor Ende des ersten Aktes schaltete ich via France Musique nach Londres, zu zwei überflüssigen Symphonien Sibelii, die eine noch überflüssigere verstaubte Antiquität eines Deutschen einpackten, ein Geigenkonzert op 33, angeblich 1996 komponiert – miserere mihihi… Sollen mit jedem neuen Lebenstakt tausend Jasmin-Blumen blühen in den arabischen Wüsten und den dazugehörigen Dörfern und Städten – das Blumenduett möge als Ausnahme des weggespülten Kolonialismusschrottes erhalten bleiben.
Eine Aufnahme von 2006