Atavismus & Unterhaltungsbrunz
Dienstag, 8. Februar 2011Die Kulturindustrie ist ein steuerloser Kahn auf den Meeren der scheinbar aufgeklärten Weltgeschichte, die Medien eines der Teile, dessen Erzeugnisse alles andere darstellen als Gebilde, die mit Vernunft zu kritisieren wären. Man muss sie hinnehmen wie den ganzen widerlichen Unterhaltungsbrunz überhaupt. Aber man kann auf sie reagieren, reflexartig, indem man auf sie zeigt.
Bekanntlich leiden die körperlich Beschädigten existentiell, also in der Beurteilung ihres Lebens tel quel, weniger an den eigenen Defiziten als an den Bedingungen, die ihnen die Gesellschaft zugesteht, materiell, so dass die Selbsterhaltung garantiert erscheint, und ihnen zumutet, simpel mental und bös, so dass über die Selbstbehauptung hinaus nichts Entscheidendes getätigt werden soll. Das beschädigte Leben fühlt sich an wie unter einem Kugelhagel, und es tut nichts anderes als verzweifelt zu versuchen, sich nach ausserhalb vorwärts zu bewegen, nach einem Ausserhalb der Gesellschaft.
Der schlimmste der Stösse, der gesellschaftlichen Verstösse, ist derjenige der Schuld, wie er seit unvordenklichen, atavistischen Zeiten sich hat erhalten können. Dem Journalisten des Berner Bunds hatte es gestern wieder einmal gefallen, einfach so zum Spass, bei der Titelgebung in diese unterste Schublade zu greifen – wie man sich denken kann, ganz ohne Entsprechung im vorgeführten Interview. Der befragte Krebsspezialist betont in Wiederholungen, wie ungeklärt es ist, Krebs auf Ursachen zurückzuführen – trotzdem behauptet die Fälschung im Titelzitat, dass jeder als seines eigenen Krebses Schmied gesehen werden soll.