Best as bad
Sonntag, 13. Februar 2011Die Musiker und Musikerinnen von heute sind bekanntlich nicht aus Pappe, und der verkabelte Melomaniac macht glückliche Erfahrung mit den meisten von ihnen, zuhause, wo alles nahe zueinanderrückt, auch alle diese Besten – und das Schlechte gleichermassen. Gestern zunächst Pierre-Laurent Aimard, Klavier, mit Franz Liszt, „Les jeux d’eau de la Villa d’Este“, Maurice Ravel, Drei Stücke aus „Miroirs“ und George Benjamin, „Piano figures“, gleich danach zusammen mit Schwester Valérie Aimard, Violoncello, Claude Debussy, Sonate d-moll und Felix Mendelssohn Bartholdy, Sonate D-dur, op. 58, aus Bad Reichenhall vom 21. August 2010. Ausserhalb der Musik ist es peinlich und unwahrhaftig, in Superlativen zu reden, in ihr verschafft er Klarheit. Die drei Ravelstücke waren das beste, was ich je gehört hatte, natürlich nicht allein die Kompositionen sondern auch die Art & Kunst ihrer Aufführung, so stark, dass das Nachfolgende nicht anders konnte als abzufallen. Benjamin war immer schon ein überschätzter Komponist und einer der vielen, die nur in den Radioansagen mit aufmunternden Werbesprüchen zu bestehen vermögen. Debussy steht immer wieder in Konkurrenz zu Ravel, und dieses Mal stand er eindeutig hintenan, und Mendelssohn tröpfelte nur noch als Unterhaltung durch die Ohren. – Ein gescheiter Mensch hätte nach diesem kristallklaren Konzert die Geräte abgeschaltet und wäre in sich gegangen – ich schaltete via France Musique direkt nach New York in die Metropolitan Opera zu John Adams‘ Nixon in China (1987), unter der Leitung des Komponisten. Da gerade Pause zwischen dem ersten und dem zweiten Akt herrschte, wurden mehrere andere Stücke von Adams angespielt, und meine Stimmung rasselte in den Keller wie sie es seit dreissig Jahren nach Aufnahme von ein paar Minuten Musik dieses Übeltäters immer macht. Vom zweiten Akt erduldete ich die zwei grossen Arien der Frauen von Nixon und Mao, dann erwürgte ich sie. Es gibt analytisch und wissenschaftlich zur Musik von Adams dasselbe zu sagen wie zu Michal Jackson, und sie verkörpert den Abfallkübel einer Gesellschaft, deren Überfluss zudem oft nur aus Produkten des Abfalls und Zerfalls besteht, in die nicht viel Vetrauen geschenkt werden darf, wenn die schlechten Verhältnisse weltweit zur Besserung gelangen sollen. Dass die Residents dieses grossen Landes es nicht merken, wenn ihnen in obszöner Blödheit Kunst nur vorgegaukelt wird? Glänzt mit Euren guten Stücken – wie Amériques!