Herchet, Kupsch, Sannicandro, Romitelli
Freitag, 4. März 2011Direkt live auf Bayern 4: Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Experimentalstudio des SWR, Leitung: Arturo Tamayo.
Jörg Herchet: „sich aufhebend“. Am Rosenkranz angereihte dreissigsekündige Bilder, zunächst austauschbar, dann ein einfältiges Schlagzeug mit Fetzen der bekannten Bilder, dann zeitlich ineinandergeschobene Schichten sowohl der Bilder wie der grundierenden Perlenschnur. Insgesamt unbeholfene Komposition, zu leichtfüssig hingeschrieben. Riesiger Applaus.
Thomas Kupsch: „Elenchus“. Schreckliche Evozierung von Alten wie Debussy, ohne solches in die Gegenwart herüberziehen zu können, Filmmusik, auch hier wieder ein dummes Schlagzeug, zunehmend schmierige Streicherflächen.
Erhellendes Gespräch in der Pause mit dem Dirigenten, das vor dem Hören der ersten Stücke dieselben besser hätte erscheinen lassen.
Valerio Sannicandro: „Forces Motrices“. Das Pausengespräch hat mich sehr gewundrig gemacht. Die ersten Klänge erscheinen aber zahm, nur wenig musikalisch treibend, altbacken. Von der Raumelektronik ist unter den Kopfhörern nur wenig zu erleben. Endlich merke ich, dass das Geschehen in den Klängen selbst geschieht, im Innern, allerdings nur sporadisch. Die Streicher spielen Schlagzeug, dann an- und abschwellender Bocksgesang: wach auf, Komponist! Feine Klänge ziehen dann durch den Raum … mehr davon! Doch das Orchester spielt asthmatisch & mühevoll. Ein Chaos, als ob man es im Kinderzimmer angeordnet hätte. Endlich reizvolle Sonderklänge, die mit dem Orchester kombiniert werden, über eine lange & gute Strecke. Raumeffekte, die man zur Kenntnis nimmt, unter den Kopfhörern aber nicht wirken: man möchte im Raum der Aufführung sein, ein Bedürfnis, das ich nur äusserst selten verspüre. Zusehr eine Mischung von guten und schwachen Eindrücken.
Fausto Romitelli: „Dead City Radio. Audiodrome“. Das beste Stück des Abends, mit einem Ausgangspunk, den es aufsplittert, zwar nicht eindeutig vorwärtstreibend, aber so, dass diese Unbestimmtheit gefangen nimmt. Beim Schluss Unwohlsein, als ob ein technisches Missgeschik geschehen wäre. Es müsste ein zweiter Satz folgen.