Archive für 18. Dezember 2010

Der nicht lustige Pöstler

Samstag, 18. Dezember 2010

Vor dreissig Jahren begann ich mich für die Lebenshaltung des Postmans zu interessieren, weil sie es mir erlaubte, aktiv im Finnegans Wake mitzuphantasieren, ohne der verantwortlichen Figur des Penmans und ihren Ansprüchen in die Quere zu kommen. Die Idee des Postmans hat sich dann so weit intensiviert und entwickelt, dass er den Blick auf jede Theorie und jedes Theoretisieren wesentlich zu bestimmen begann, indem keine mehr sich denken liess, die nicht ein von anderen Geschaffenes mit anderen in Verbindung zu bringen hätte. Solche Theorie muss nicht selbst schaffen, sondern geschaffenes einzelnes mit anderem einzelnen und mit vielen anderen einzelnen in Verbindung bringen.

Es ist klar, dass ich einer Oper mit dem Titel Il Postino nicht einfach so aus dem Weg gehen kann. Also Kopfhörer auf, Ö1 eingestellt, Ohren auf: Il Postino (2010) vom Komponisten Daniel Catán, mit Plácido Domingo, Cristina Gallardo-Domas, … Arnold Schoenberg Chor, Wiener Symphoniker, Dirigent: Jesús López-Cobos, vom 9. Dezember 2010 aus dem Theater an der Wien. Uff! Uff! Wenn ich mich nicht irre, habe ich die Wiener Symphoniker erst gerade aus Paris erlebt und nicht wenig bewundert. Was ich hier an diesem schrecklichen Opernsamstagabend erlebe, ist nicht nur schlechte Musik, sondern ein dummer Schwank, der jedem Musiker und jeder Musikerin die Ohren rot werden lassen soll, die dagegen keine zotigen Einwände zu erheben wagten. Am schlimmsten dünkt mich die Vorstellung, dass der Unsinn über den politischen chilenischen Dichter Pablo Neruda Joyce selbst gefallen hätte. Ich würde nicht so bös & offen abgestossen schreiben, wenn der mexikanische Opernkünstler, Absolvent eines Philosophiestudiums in England zuerst, dann mit einem musikwissenschaftlichen Ph. D. der U$-amerikanischen Princeton University dekoriert, mit diesen deponierten biografischen Angaben zeigt, dass das, was er tut, nicht auf dem Misthaufen von anderen Komponisten sondern auf einem eigenständigen langen Reflexionsprozess gewachsen ist. Noch eine halbe Stunde würde der Plunder nerven wollen, ich werde gleich beim Hinausgehen die Tore des Opernhauses zuknallen lassen!