Betsy Jolas, Iliade l’amour

16. Mai 2016 um 20:53 Uhr von ur

Soben live auf France Musique concert enregistré à la salle d’art lyrique du Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse de Paris, le 12 mars 2016. Orchestre du Conservatoire de Paris, Élèves du Département des disciplines vocales du Conservatoire de Paris, Etudiants du secteur Scénographie de l’ENSAD, David Reiland, direction. Julien Clément, baryton, Marianne Croux, soprano, Anaïs Bertrand, mezzo-soprano, Igor Bouin, baryton, Guihem Worms, baryton, Eva Zaïcik, mezzo-soprano, Fabien Hyon, ténor, Marina Ruiz, soprano, Yi Li, soprano, Lucie Louvrier, mezzo-soprano, Adèle Charvet, mezzo-soprano, Aliénor Feix, alto, Hedvig Haugerud, alto, Blaise Rantoanina, ténor, Jean-François Marras, ténor.

Iliade l’amour de Betsy Jolas.

Das Fünfundneunzigminutenstück wird in einem Schliemann-Gymnasium seine Würdigung erfahren, konzertant und nicht ohne Kürzungen aufgeführt vom ordentlichen Musiklehrer mit dem Schulorchester, zusammen mit einer zusätzlichen professionellen Sopranistin.

Horatiu Radulescu, Streichquartett Nr. 4

12. Mai 2016 um 20:37 Uhr von ur

Soeben live auf WDR 3 Konzert vom 3. oder 4. Mai 2016 am Acht Brücken Festival in Köln mit dem Asasello Quartett.

Horatiu Radulescu, infinite to be cannot be infinite, infinite anti-be could be infinite, Streichquartett Nr. 4, op. 33.

Eine starke Musik, bei deren Hören ich zum ersten Mal das Gefühl habe, dass gegenüber der Liveaufführung unter den Kopfhörern etwas von ihrer Stärke verloren geht. Um das spielende Quartett herum werden in acht Lautsprechern, die es selbst und das Publikum umgeben, acht vorher aufgenommene Quartettpartien wiedergegeben, in mikrotonal unterschiedlichen Stimmungen. Wenn ich die Erläuterungen richtig verstanden habe, musste das Asasello Quartett insgesamt also neun Streichquartettpartituren einstudieren, um dieses eine Stück vor Publikum spielen zu können – Wagners Ring scheint dagegen wie ein Willisauer Ringli herumzuliegen. Der Eindruck dieser neun Streichquartette ist auch dann gewaltig, wenn man die einzelnen Klangereignisse nicht so identifizieren kann, wie sie im Werk intendiert sind, also sowohl in sich selbst etwas verschwommen sind wie auch leicht wolkig im Raum erscheinen. (Man muss sich wohl wie traditionell nur ein einziges komplettes Streichquartett vorstellen mit acht Zusätzen in Fragmenten, die heutzutage gewöhnlicherweise mit Liveelektronik hergestellt werden.)

Obwohl dieser Komponist eine eigenwillige Ästhetik zu vertreten scheint, gibt es keine Texte von ihm, weder in den Bibliotheken noch als Buchware. Man sollte sich speditiver um das musikalische und diskursive Werk von Horatiu Radulescu kümmern.

Amériques

8. Mai 2016 um 19:45 Uhr von ur

Soeben direkt live auf SWR 2 70 Jahre SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Leitung François-Xavier Roth.

Edgard Varèse, Amériques. – Eine grossartige Interpretation, die hörbar macht, dass in Amériques vor Stockhausens Gruppen drei Orchester momentweise in verschiedene Richtungen ziehen.

Hillborg, Murail, Kishino, Scelsi, Saariaho

26. April 2016 um 20:39 Uhr von ur

Soeben live auf WDR3 vom 23. Oktober 2015 NOW! Prismen: Gondwana mit dem ChorWerk Ruhr, Bochumer Symphoniker, Leitung Florian Helgath, Aufnahme aus der Philharmonie Essen.

Anders Hillborg, Mouyayoum für 16stimmigen gemischten Chor.

Tristan Murail, Gondwana für Orchester.

Malika Kishino, Chant für Chor und Orchester, Uraufführung.

Giacinto Scelsi, Tre canti sacri für Chor a cappella.

Kaija Saariaho, Oltra mar für Chor und Orchester, deutsche Erstaufführung.

Ein schönes Konzert mit besänftigender Musik – das Interview mit Malika Kishino vorbildlich und neugierig machend. In der Schweiz wäre das Ganze unvorstellbar, sowohl als Konzert wie als Radiosendung, und – man glaubt es vielleicht nicht auf Anhieb – in Frankreich ebenso. Der norddeutsche Raum ist für gute Musik singulär, auch in der Ära nach Stockhausen.

Höller, Pesson, Hodkinson, Cattaneo

25. April 2016 um 3:37 Uhr von ur

Gestern Abend direkt live auf WDR3 von den Wittener Tagen für neue Kammermusik 2016 das Schlusskonzert mit Aart Strootman E-Gitarre, WDR Sinfonieorchester Köln, Leitung Emilio Pomàrico.

York Höller, Ausklang und Nachtecho für Kammerorchester, Uraufführung.

Gérard Pesson, Pastorale für Kammerorchester, Uraufführung.

Juliana Hodkinson, … can modify completely / in this case / not that it will make any difference … für E-Gitarre und Kammerorchester, deutsche Erstaufführung.

Aureliano Cattaneo, resto für Kammerorchester, Uraufführung.

Fünf Meisterwerke unterschiedlichen Charakters, aber alle in bester Qualität, und für alle der Wunsch, sie schnell noch einmal hören zu können.

Bern: Todesgefahr bei SBB und BLS

24. April 2016 um 9:50 Uhr von ur

Im Berner Bahnhof sind die Geleise 12 und 13 seit jeher schlecht organisiert und im Einzelfall schlecht geführt, bezüglich des Personals schlecht gemanagt. Sowohl das zugrunde liegende System wie das Personal sind für die Fahrgäste, insbesondere die ortsunkundigen, eine Zumutung. Letzten Freitag fuhr der Zug 17.08 Uhr Richtung Neuenburg und Murten/Payern eine halbe Stunde später, ohne Auskünfte die ganze halbe Stunde, dann ohne Ansage auf dem gegenübergelegenen Geleise und mit einer einzigen statt mit vier Kompositionen.

Soeben ging es an derselben Stelle um Leben und Tod. Bevor der Zug auf Gleis 12 mit der fahrplanmässigen Abfahrt 9.08 Richtung Neuenburg und Murten vom Depot herkommend einfuhr, gab es eine mehrmalige Ansage, dass er ausserplanmässig statt auf Gleis 12 auf Gleis 12 abfahren würde. Merde, ich habe mich nicht vertippt! Normalerweise steht kein Personal für Fragen auf dem Perron. Heute standen über fünf orange gewandete Personen zu Diensten, die einem spontan die Frage stellten, wohin man müsse. „Nach Bümpliz.“ „Das ist okay, Sie stehen richtig und der Zug fährt hier ab.“ Eine Minute vor acht ab neun fährt der Zug ein … auf Gleis 13. Die Orangen staunten noch verwirrter als die Fahrgäste (wir sind solche Überraschungen in diesem Bereich des Berner Bahnhofs gewohnt). Dann fährt der Zug ab, kein wirkliches Problem bis jetzt.

Plötzlich zweifle ich an meinem Bewusstseinszustand. Werde ich dement oder alzheimergeplagt: ich erkenne die Aussenwelt nicht mehr!!! Wir fahren falsch!!! Mir wird heiss und kalt, denn es ist leicht zu sehen, was das bedeutet: wir fahren über die Fribourger Strecke und dann auf derjenigen nach Belp und nach Schwarzenburg! Werktags gibt es an dieser Übergangsstelle sicher vierzig Züge in der Stunde – und unsere Zugfahrt ist nirgends vorgesehen… Beim Europaplatz hält der Zug, und der Tourist vis-à-vis beginnt nun auch zu kapieren. Auch wenn wir auf der linken Spur halten, sind wir nicht sicher, ob ein Zug nach Belp oder Schwarzenburg von hinten auf uns auffährt… Die Türen sind geschlossen, endlich meldet sich der Lokiführer: immerhin hat er die Falschfahrt als solche registriert und mit der Aussenwelt, die das Chaos indes uns eingebrockt hatte, Kontakt aufgenommen. Die Tür lässt sich jetzt öffnen, ich spurte die Treppe hinauf. Nur schnell weg von jedem Gelände der BLS und der SBB.

Bei der SBB und der BLS sollte endlich zur Kenntnis genommen werden, dass das Perron 12/13 im Bahnhof Bern einem falschen System untersteht und bis in die Personalien neu organisiert werden muss. Die Fahrgäste müssen an jeder Stelle in Erfahrung bringen könnnen, wann ein Zug abfährt und wohin. Nein, heute ist das unmöglich: kein Zug ist angeschrieben, keine genügende Anzahl von Tafeln ist vorhanden, die einem die Auskunft vermitteln würden. Dieser Systemfehler ist so grundlegend, dass er offenbar auch aufs Verhalten des Personals Auswirkungen zeigt, wie diejenige einer falschen Weichenstellung.

Zusatz anderntags am Abend: Bei der Heimreise von der Emmener Alp habe ich die Strecke nochmals angeschaut. Ganz so extrem schlimm war es gestern nicht, weil der Geleiseverlauf Richtung Belp und Schwarzenburg gar nicht über die Fernlinie Fribourg-Lausanne geht, sondern unter ihr ein paar Meter abtaucht. Zu befürchten war nur, dass ein Folgezug von hinten in den unseren auffährt. In der Skizze oben dürfte die rote Linkskurve nicht ohne Unterbruch durchgezogen sein, da sie in Wirklichkeit unterhalb des Niveaus der gelben Strecke verläuft.

Hugues Dufourt, Apollon et les continents

23. April 2016 um 21:00 Uhr von ur

Soeben direkt live auf WDR3 von Witten 2016.

Hugues Dufourt, Apollon et les continents, d’après Tiepolo für Ensemble, Uraufführung des Zyklus, ensemble recherche. L’Afrique d’après Tiepolo (2004), L’Asie d’après Tiepolo (2009), L’Europe d’après Tiepolo (2011), L’Amérique d’après Tiepolo (2016).

Eine grossartige farbige Musik, die mittels Mehrfachklängen aus einem kleinen Orchester ein symphonisches hervorzaubert. Ein zweistündiger Werkkomplex, der zum Deuten herausfordern wird.

Die unmittelbar beeindruckende Komposition bezieht sich auf ein Monument der Freskenmalerei, das einem modernen Menschen unbekannt ist, da es einen mehrmaligen Gang in die Würzburger Residenz voraussetzt und wegen seiner räumlichen Komplexität an den Deckenwänden nur behelfsmässig in einem zweidimensionalen Format, sei es gedruckt oder am Bildschirm, reproduziert werden kann. Der Prunk der Residenz, der sich durchaus in dem der aktuellsten Potentaten weltweit widerspiegelt, stösst einen ab und lässt einen im falschen Glauben zurück, die Malerei Tiepolos hätte nur in Affirmation zur Gewalt der Herrschaft realisiert werden können. Denn dem scheint nicht so zu sein. Der bildende Künstler der alten Zeit verwirklichte verschiedene Deutungsphantasien, die sich wenn nicht als politische, so doch als Zeitkritik rekonstruieren lassen. Wie auch immer: der Zusammenhang der Kritik ist unwiderruflich mystifiziert (gewöhnlicherweise religiös motiviert) und kann nicht ohne Gehaltsverlust in die moderne Sprache übersetzt werden. Wegen der unbestreitbaren Bedeutsamkeit des musikalischen heutigen Werkes wird die Frage lange zu diskutieren sein, wie der Komponist die kritischen Impulse der Malerei sowohl in sein Medium wie in die heutige Zeit umzuschmelzen vermochte. Gelungen ist ihm Grosses – doch was eigentlich, muss man erst noch herauszulesen verstehen.

Eun-Ji Anna Lee, Intaglio

22. April 2016 um 20:08 Uhr von ur

Soeben direkt live auf WDR 3 Witten 2016, Trio Catch.

Eun-Ji Anna Lee, Intaglio für Klarinette, Violoncello und Klavier, Uraufführung. – Ein ordentlich gutes Stück, das man gerne noch ein paar weitere Male hört.

Google Street News

22. April 2016 um 10:58 Uhr von ur

André Arnold du Saint Plomb avec sa baguette…

Lara, Mâche, Fedele

18. April 2016 um 20:30 Uhr von ur

Soeben live auf France Musique concert enregistré le 9 février 2016 à la Salle des concerts – Cité de la musique. Johan Leysen, words, Han Römer, Croak, Ensemble intercontemporain, Ilan Volkov, direction.

Felipe Lara, Fringes. – Effekthascherischer Leerlauf, ohne verbindlichen Zug im Zusammenspiel der Instrumente.

François-Bernard Mâche, Kassandra, pour ensemble instrumental et sons enregistrés. – Naturaufnahmen und naturimitierende Instrumentalpassagen, zuweilen dicht komponiert und zuweilen gut zusammengestellt.

Ivan Fedele / Samuel Beckett, Words and Music. – Ausmalmusik, okay aber nicht zwingend.

Vladimir Raz 94

16. April 2016 um 2:35 Uhr von ur

Die Emmener Älpler müssen auch ihre Geschenke selbst mitbringen: Carona Mai 1979 (Tessin) und Fauna und Flora Remixed aus Vladis Zeichnungen auf der Elsigenalp der Sechzigerjahre.

Harvey, Zimmermann, Stockhausen

11. April 2016 um 20:05 Uhr von ur

Soeben live auf France Musique concert enregistré le 30 janvier 2016 à l’Amphithéâtre de la Cité de la musique, Philharmonie 2.

Jonathan Harvey (1939-2012), … towards a pure land pour grand orchestre. Orchestre du Conservatoire de Paris, Ensemble intercontemporain, Matthias Pintscher, direction. – Glatt und brav.

Bernd Alois Zimmermann (1918-1970), Antiphonen, pour alto et petit orchestre. Odile Auboin, alto, Orchestre du Conservatoire de Paris, Ensemble intercontemporain, Matthias Pintscher, direction. – Das beste Stück des Abends.

Karlheinz Stockhausen (1928-2007), Gruppen, pour trois orchestres. Orchestre du Conservatoire de Paris, Ensemble intercontemporain, Matthias Pintscher, direction, Paul Fitzsimon, direction, Bruno Mantovani, direction. – Das Stück hängt leicht schief in der Luft, als ob ihm ein einheitlicher Impuls in der Tiefenstruktur fehlen würde. Früher wurde es weniger differenziert aufgeführt, faszinierte aber mehr; was nervt ist eine gewisse Beliebigkeit. (Der chaotische Mittellteil ist von der Kritik ausgenommen: superb gespielt wie noch nie!!!)

Jungfrau Valesia

9. April 2016 um 6:56 Uhr von ur

https://www.anzere.ch/tourismus-ski-spa/webcams-anzere-135.html

„Der Bund“ Essaypreis

6. April 2016 um 18:48 Uhr von ur

Soeben direkt live auf der Website der Zeitung Der Bund die Veranstaltung der Verleihung des Essaypreises.

Anna Sutter aus einer verborgenen Ecke Argentiniens: Herzliche Gratulation zum Text, zur Präsentation – und zum Preis!

Zusatz nach der eigentlichen Lektüre des Textes anderntags: Die Kurven und Wendungen sind vorzüglich und treffsicher genommen, stossend möglicherweise die Pirouette mit der Geburtstagsparty (indes unvermeidlich bei der gehorsamen Befolgung der gegebenen Fragestellung). Man könnte das Terrain der Subjektivität jetzt etwas verschieben und nach dem Rätselhaften fragen, das im Innersten des Systems seine Kräfte so mächtig entfaltet, dass offenbar buchstäblich alle von ihm in Beschlag genommen werden, ausser in vorübergehenden Momenten diejenigen, die dem blossen Willen folgen, sich anzustrengen, um überhaupt zu einem ersten schüchternen Blick dagegen anzusetzen. Ist der Name der Warenform endlich ins Spiel gebracht, wird es leicht, darüber zu sprechen, ob es heute noch möglich ist, Gebilde in die Welt zu setzen, die ihr nicht gehorchen (wenn es auch weit weniger schnell einsichtig wird, welche es denn sind). Es gibt sie immer noch, als förmliche Ausnahmen (es sind dieselben Gebilde, die die Künste vorantreiben und sowohl die Gewalt in den Gesellschaften abbauen wie die Voraussetzungen der Freiheit in ihnen absichern), und wer sie aufstöbern will, mit der genannten auf sich genommenen Anstrengung, ist nicht mehr blosse Funktion des mystifizierten Ganzen. Dass aber in einem solchen Verhalten in peinlicher Weise immer noch von einer besonderen Persönlichkeit gesprochen werden müsste, die sich gegenüber phantasierten Anderen absetzt, wird durch die veränderte Formanlage in der Fragestellung, wo die gegebenen Objekte im Zentrum stehen, mit Fug überflüssig.

Beethoven, Missa Solemnis

22. März 2016 um 20:41 Uhr von ur

Soeben direkt live auf Bayern 4 aus dem Festspielhaus Salzburg: Ludwig van Beethoven, „Missa solemnis“, op. 123. Krassimira Stoyanova, Sopran, Christa Mayer, Mezzosopran, Daniel Behle, Tenor, Georg Zeppenfeld, Bass, Chor des Bayerischen Rundfunks, Sächsische Staatskapelle Dresden, Leitung: Christian Thielemann.

In den letzten vierzig Jahren die erste Aufführung, die dem äusserst reichhaltigen Werk gewachsen ist. Grandios!

Moguillansky, McCormack

18. März 2016 um 5:54 Uhr von ur

Gestern Abend direkt live auf Deutschlandradio Kultur MaerzMusik – Festival für Zeitfragen, Live aus dem Haus der Berliner Festspiele, Ensemblekollektiv Berlin, Daniel Plewe, Klangregie, Leitung: Enno Poppe. (Im Ensemblekollektiv Berlin vereinigen sich das Ensemble Adapter, das Sonar Quartett, das Ensemble Apparat und das ensemble mosaik zu einem gemeinschaftlichen Klangkörper.)

Eduardo Moguillansky, „Jardin d’Acclimatation“ für großes Ensemble (Uraufführung). – „Eduardo Moguillansky … untersucht die akustischen Sekundäreffekte körperlicher Spielaktionen auf diversen Instrumenten und technischen Gerätschaften.“ Kaum jemals gab es ein Konzert mit einem Orchester zu hören, bei dem die einzelnen Instrumente in keinem Moment zu identifizieren waren. Man hatte den Eindruck, das Ganze sei bis in die Details elektronisch produziert, und doch hörte man einem durchkomponierten musikalischen Werk zu, von dem man wegen der kompositorischen Kraft in keiner Sekunde ablassen wollte. Ein ziemlich eindrückliches Stück, bei dem man kaum glaubte, dass es durchgehend in herkömmlicher Weise dirigiert wurde.

Timothy McCormack, „Karst“ für großes Ensemble (Uraufführung). – Auch bei diesem Stück etwas Rätselhaftes, die Grösse des Orchesters, das die ganze Zeit ohne Dirigenten spielte, in Gruppen mit einer gewissen Eigenständigkeit und dem unerwarteten Eindruck, dass die komponierten Gegenläufigkeiten der Gruppen punktgenaue Prozesse in Gang setzten, als gäbe es die Eigenständigkeit gar nicht. Eine ganz andere Musik als im ersten Teil des Konzert, mit demselben bewundernden Staunen beim Zuhören.

Momi, Donatoni, Evangelisti, Sciarrino, Nono

14. März 2016 um 21:07 Uhr von ur

Soeben live auf France Musique concert enregistré le 14 février 2016 au Studio 106 de la Maison de la Radio. Nicolas Hodges piano.

Marco Momi, Tre nudi pour piano préparé. – Lebendig und feurig akzentuiert.

Franco Donatoni, Rima, deux pièces pour piano. – Pfadfindermusik à la George Gruntz, das zweite Stück besser.

Franco Evangelisti, Proiezioni sonore, strutture pour piano. – Perfekt und genau das, was ich ab und zu brauche, aber zu kurz.

Salvatore Sciarrino (1947), Quatro Notturni (extraits) : n°3 et n°4, Due Notturni crudeli. – Gespielte Aufregung mit musikalischer Spannung nur im zweiten Drittel (in einem Gesamt von vier Stücken…).

Luigi Nono, … sofferte onde serene… pour piano et bande. – Una musica come il ritorno d’Uli isses: Nono ist unverwüstlich. (Sass nachmittags am Bettende des Vaters auf der Emmener Alp im schwerhörigengerechten Discosound der „Musigwälle“ des Schweizer Radios, Heimatklänge wie die von Nono, nur surreal.)

Peter Eötvös, Tri Sestri

12. März 2016 um 21:41 Uhr von ur

Soeben live auf Ö1 Aufnahme vom 6. März 2016 mit Chor und Orchester der Wiener Staatsoper, Dirigent Peter Eötvös.

Peter Eötvös: „Tri Sestri“ („Drei Schwestern“).

Ohne Bild und ohne Russischkenntnisse hat man keine Ahnung, was auf der Bühne im Moment abgeht – trotzdem folgt man dem Ganzen mit Spannung.

Benjamin, Ligeti, Boulez, Haas

8. März 2016 um 22:12 Uhr von ur

Soeben live auf Bayern 4 grandioses Konzert vom 27. Februar 2016 im Münchner Prinzregententheater mit SWR Vokalensemble, SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Leitung: George Benjamin. Solisten: Klaus Steffes-Holländer, Matan Porat, Florian Hoelscher, Julia Vogelsänger, Akiko Okabe, Christroph Grund, Klavier.

George Benjamin: „Ringed by the Flat Horizon“. – Beeindruckende Donnergebilde, aber auch dazwischen ganz okay.

György Ligeti: „Clocks and Clouds“. – Immer wieder erstaunlich, mit welcher Klarheit bei Ligeti musikalische Teilkonzepte wie eben „das Wolkige“ und „das Uhrenhafte“ in Erscheinung treten und zueinander in eine Beziehung geraten.

Pierre Boulez: „Cummings ist der Dichter“. – Tönte früher aufregender.

Georg Friedrich Haas: „Limited approximations“. – So gelungen hat noch kaum ein Haasstück gewirkt.

Zusatz drei Tage später: dieselbe Konzertaufnahme auf SWR2 (in der Reihenfolge sind Ligeti und Boulez ausgetauscht):

Benjamin – Eh man sich’s versieht, ist nur noch Messiaen zu hören. Heute deutlich schlechter als vor drei Tagen.

Boulez – Das Stück mangelt an einem stetigen Impuls; die Interpretation ist untadelig, jedenfalls nicht schlechter als früher. (Immer wieder irritierend festzustellen, wie viel von Répons schon in den frühen Stücken angelegt war.)

Ligeti – Bleibt, hat jetzt aber weniger gefallen.

Haas – Auffallend ist auch hier wie in früheren Stücken von Haas zuweilen die reine Affektiertheit (zuweilen….). Zuweilen ist das Stück einfach genial. Die KomponistInnen heute haben zu ihren Werken weniger als früher ein Verhältnis als wie zu einem System. Für das psychische Subjekt des Alltags ist das gut und befreiend – aber fürs kompositorische? Man sollte quasi therapeutisch mit Haas zusammensitzen und ihm klarmachen, welche Passagen drinliegen, welche nicht. (Man sollte das Kritisieren seinlassen, das verbindlich sein will.)

Saunders, Newski, Lang

4. März 2016 um 21:50 Uhr von ur

Soeben live auf SWR2 Konzert vom 7. Februar im Theaterhaus Stuttgart mit Barbara Konrad (Viola d’amore), Klaus Lang (Harmonium), Elena Revich (Violine), Dirk Rothbrust, Christian Dierstein (Schlagzeug), Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR, Leitung: Emilio Pomàrico.

Rebecca Saunders: „Void“ für Schlagzeug-Duo und Orchester. – Saunders wird immer besser.

Sergej Newski: „cloud ground“ für Violine und Orchester. – Problematische Idee mit alten Gattungen, aber im Detail gut umgesetzt. Ewig möchte ich mich nicht solchen ästhetischen Spielereien ausgesetzt sehen.

Klaus Lang: „viola. harmonium. orchester.“ für Viola d’amore, Harmonium und Orchester. – Erstaunlich, wie einen diese Musik in den Griff nimmt, als ob man sie ewig hören möchte.