Soziologie der Vogelfotografie
Dienstag, 12. Januar 2010Bergfink (Kundschafter) mit Systemblitz durchs ungereinigte Fensterglas
Da mir im Winter der Aufenthalt im Feld nicht möglich ist (mit Ausnahmen), knapp dreissig Meter vor dem Fenster aber ein grosser Ahorn steht, der sich bei einigen Vogelarten als Rückzugsplatz für die nervöse Fresserei grosser Beliebtheit erfreut, gebe ich mir alle erdenkliche Mühe, das Fotografieren der Vögel am Fenster stetig zu verbessern. Dieses Jahr sollen die Tiere auf den Bildern nicht mitten im Futter sitzen, sondern auf einem Zweig oder Stecken aufgenommen werden, und zwar aus nächster Nähe mit dem Makroobjektiv. Durchs Fensterglas konnten erste Testaufnahmen realisiert werden; der Systemblitz produziert auch in der momentanen nebligen Düsternis gute Resultate. Wenn es wärmer wird und morgens für eine Stunde die Sonne den Platz beleuchtet, soll wie letztes Jahr bei offenem Fenster fotografiert werden. Da der Apparat und ich selbst nun nicht mehr über einen Meter weit von den Tieren entfernt platziert sind, sondern höchstens noch dreissig bis vierzig Zentimeter weit weg, ist eine Tarnung unerlässlich (bei geschlossenem Fenster kann man die Nase an die Scheibe drücken, und auf der anderen Seite tut dasselbe mit dem Schnabel ein Erlenzeisig). Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Tarnung zu realisieren, und die Zeit drängt nicht. Beim Phantasieren leistete ich mir den Luxus, auch an ein Tarnzelt zu denken, das im Zimmer direkt am Fenster aufgestellt würde. Teufel, in was für schauderhafte Gefilde einer gelangt, der nach Tarnzelt oder Tarnnetz googelt! Man möchte die ganze existierende Soziologie als Kinderkram beiseiteschieben, die einem ein Leben lang die ungeschönte gesellschaftliche Realität so erfolgreich vorenthalten hat. Man will es nicht glauben, auf was für Seiten man landet, die schamlos in der Öffentlichkeit eine Sache propagieren, von der der Bürger denkt, nur Kriminelle würden ihr frönen, an abseitigen Orten, zu denen man nie gelangen würde, wenn man der teuflischen Sache durch Regression nicht schon verfallen wäre. Das europäische Volk ist nicht einfach durch die Medienmasse verblödet und geilt sich nicht einfach an seinen Maurerblochers, Haiders, Berlusconis, Le Pens und Konsorten auf – es will ganz sec und ohne alle Zutat Krieg. „Panzer und Uniformen“ ist nicht weiter ein sprachlicher Ausdruck, der eine ideologische Malaise bezeichnet, die alle moderne Gesellschaften wider Erwarten vergiftet, sondern zentraler Bestandteil der Wirklichkeit, nach der sich das Volk als Meute ausrichtet. Meine Vogeltarnung wird wie die Szenerie eines Kasperlitheaters ausschauen – in was ich mittels Google getreten war, habe ich traumatisch alles wieder vergessen.