Archive für 18. April 2009

Computerteilchen aus dem Neandertal

Samstag, 18. April 2009

Vor zwei Tagen frühmorgens um vier Uhr kleines verwirrendes Ereignis beim Computerstart. Gleich zu Beginn ein seltsames Bild (vom Motherboard), eine Meldung wegen CMOS und die Wahl, F1 oder F2 zu drücken, BIOS-Einstellungen zu übergehen oder neu festzulegen. Ich weiss nicht mehr, für was ich mich entschieden hatte, aber gleich darauf, immer noch beim Starten, kommt die Meldung: Neue Hardware gefunden, wollen Sie etc. Ansonsten normaler Computerstart, nur dass die Lüftergeschwindigkeit immer hoch bleibt und nicht, wie es normal wäre beim Start, nach spätestens einer Minute wieder zurückgeht. Zum Überlegen wegen eines Virus bleibt keine Zeit, da als Zugabe schon der Windows Update-Prozess am Laufen ist. Der wird zu Ende geführt und der Computer neugestartet. Wieder das Bild vom Motherboard (anstelle der RAM-Kontrollmeldung) und wieder die Hardwaremeldung. Diese führe ich durch mit dem Versuch, einen Treiber für irgendein Gerät neu zu suchen – es wird keiner gefunden. Ein Chaos im Kopf, einen Zusammenhang zwischen den Ereignissen und Meldungen kann ich nicht erkennen. Der laute Lüfter mit 2800 Umdrehungen gibt zu denken – also muss dringend gehandelt werden. Googel verrät via CMOS, dass ein Problem mit der Board-Battery existieren könnte. Allerdings gibt es auch Leute, die in Foren beschreiben, wie sie nach dem Lauterwerden eines Lüfters keinen Erfolg hatten, als sie ihre Batterie auswechselten. Mein Computer ist vier Jahre alt, und die Laufzeit der Batterie CR2032 CMOS Power beträgt nach Internetangaben drei Jahre. Okay, das muss es sein! Ich finde das Schaltmodell für mein ASUS P4P800 SE und schnell die Batterie, schau durchs Computerfenster und glaube, das Auswechseln selbst machen zu können. Der Interdiscount im Quartier macht sogar mit und hat das Stück. Nun die grosse Kunst, das kantige Möbel am Tischrand mit einem ganzen Zeigefinger, einem halben Mittelfinger, einem steifen und tauben Daumen an einem kurzen Arm mit einem lahmen an der anderen Seite, dessen Finger aber normale Kraft haben, wenn sie nicht aus dem Arm gezogen werden muss, mit grosser Hilfe der beiden Knies und Oberschenkel langsam auf die Seite und auf den Boden zu kippen – beim letzten Manöver dieser Art waren eine externe Festplatte und ihr Adapter schnurrzekurz vom Schreibtisch auf die offene Computerkante gestürzt, jetzt hatte ich bessere Vorbereitungen geleistet, wenigstens mentale. Noch vor dem Kippen hatte ich den Computer geöffnet, den Staub weggeblasen und von der Bodenseite weggewischt, die Ventilatoren mit Druckluft ausgeblasen. Wie kommen die Finger runter zur Batterie, und wie können sie zugleich den kleinen Arretierhaken leicht wegdrücken und das runde Stück herausdrücken? Ich brüllte wie der Stier von Martigny, der mich nicht erwischte, hatte aber nach einer halben Stunde mithilfe eines kleinen, halbspitzen Küchenmessers Erfolg, da die federnde Klinge gleichzeitig den Haken wegdrücken und das geldgrosse Stück herausspicken konnte (natürlich mitten aufs Brett mit all den Verlötungen, aber das kümmerte mich nicht). Die neue Batterie war schnell eingesteckt, und das Aufrichten des Computers hätte ich dank der Kniearbeit auch mit den Ohren machen können. Und jetzt, ist alles gut? Nein! Beim ersten Start wieder die BIOS-Aufforderung, und dieses Mal ist sogar die Zeit aus den Fugen. Langsam verstehe ich: die Batterie war vor zwei Tagen nur beinahe zu Ende, aber wenigstens so viel, dass meine BIOS-Einstellungen keinen Speicherplatz mehr hatten und auf die werkseitigen zurückgesetzt wurden. Das BIOS ist eine Körperregion, die eher Gerichtsmedizinern vertraut sein dürfte als wagemutigen Vipernfotografen. Immerhin läuft alsdann der Computer wieder, mit der richtigen Zeit, und den Startbildschirm hatte ich auch schnell wieder auf die gewohnte Anzeige eingestellt. Zwei Probleme bleiben, der laute Lüfter und der fehlende Treiber an einem Gerät. Gegen den Lüfter setzte ich nun Speedfan ein, das funktioniert höllengut, und der Computer ist jetzt leiser als vorher. Das Treiberproblem betrifft die Soundkarte. Doch wieso? Und wieso kann ich die Software für diese Karte nicht neu installieren? Es muss doch einen Zusammenhang geben! Tatsächlich steht im Zettel dieser hundsmiserablen, billigsten aber leider geschenkten Soundkarte, dass im BIOS der boardeigene Sound ausgeschaltet werden muss. Siehe da, man kommt der Sache auf die Sprünge. Schnell im BIOS den Sound ausgeschaltet, und schon funktioniert der hinzugefügte von der Karte. Und die Seltsamkeit beim Lüfter? Die Werkseinstellung schaltet die Geschwindigkeitsverminderung bei schwacher CPU-Leistung nicht ein, sodass ihr Lüfter nicht unter die 2800 Drehungen gehen kann. Doch die Steuerung von Speedfan kann dies – und in der Tat nur dann, wenn das BIOS das Abbremsen nicht erlaubt. Hätte ich Speedfan vor diesem Batterieumfall installiert, hätte ich wohl meinen müssen, das Programm würde bei mir gar nicht funktionieren. Jetzt ist der Computer deutlich leiser als vor zwei Tagen, genau so leise, wie ich es bei Speedfan einstelle. – Computer finde ich lustig und gut, aber dass in diesen wundersamen und hilfreichen Geräten immer irgendwo noch ein Teilchen vergraben wird, das einem den Umgang mit ihnen zur Hölle machen kann, dünkt mich nur schwer erträglich. Braucht es diese Batterie wirklich, oder hat nur ein Bürochef ein Machtwort gesprochen, damit die Geschichte nicht zu schnell in der Gegenwart ankommt?