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Habermaswettbewerb

Mittwoch, 25. April 2012

Ich sitze auf dem Dorfplatz in Frankfurt mit Kopfsteinpflaster, also Gegend des Römers, einer von vielen in einer offenen Beiz, jeder an einem eigenen Tisch mit vielen Papieren, um die runden Tischchen herum Beratertroupeaus. Wir sind Kandidaten und Kandidatinnen eines Wettbewerbes, und jeder hat eine eigene Aufgabe, gestellt von einer Zeitung zusammen mit einer öffentlichen Persönlichkeit. Bei mir wurde, aus Zufall eher als durch Adressierung, die Frage von Habermas formuliert, quasi gesponsert durch Die Zeit. Ich habe Mühe, im Haufen der Papiere einen unbeschriebenen Schreibblock zu finden, jemand hilft, und die Arbeit beginnt. Der Text von Habermas hat es in sich, aber ich bin gut gelaunt, mache Notizen. Daraus wird eine Liste, von der mir schnell klar wird, dass sie mich zu Fall bringt, weil durch diese Hilfsarbeit zu viel Zeit vergeudet wird. Es entsteht ein Towoobahoo, und bald bin ich zwanzig Meter über dem Boden, von einer langhaarigen Blonden wie das Raubopfer eines Adlers in den Klauen festgehalten, sie selbst an der Leine eines Helikopters festgemacht. Ziemlich viel materieller Aufwand, für eine studentische Aktion, kommt es mir in den Sinn, den Wettbewerb haben sie jetzt schon verunmöglicht … und meine Schulter? Der Traum bleibt in dieser Frage schwankend, ob das Ganze im Heute geschieht oder 1992. Eindeutig ist nur, dass die Brille irgendwo auf dem Boden liegt und wohl jetzt schon zertreten ist.

Gestern ein Bild in der Zeitung angestarrt, der junge Axel Springer, und dabei gedacht, man muss doch ziemlich ein Schweinehund sein, wenn man das Leben meistern will.

Am Abend auf Bayern 4 Debussys Pelléas et Mélisande mit dem Orchestre de Paris, Leitung: Louis Langrée, Aufnahme vom 15. April 2011 im Théâtre des Champs-Élysées, Paris. Ich sehe keine Spuren dieses Werks im Traum, auch wenn ich während des Schreibens jetzt, seit dem Aufwachen, mit Genuss wieder mitten in dieser Musik stecke. Zum ersten Mal hat mir der letzte Akt eingeleuchtet: er wird in einer szenischen Darstellung leicht zum Problem, weil er zu viel an Äusserlichkeit enthält, die den Gehalt, der nur auf Inneres zielt, förmlich wegdrückt. Hört man nur die Musik, sind auch die Stimmen mit den Worten folgerichtig und nichts Aufgesetztes.