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Von Zappa her

Sonntag, 22. April 2012

Gestern Abend abruptes Reissausmehmen von France Musique und der Oper des Henri SAUGUET : La Chartreuse de Parme, Concert enregistré le 10 février 2012 à l’Opéra de Marseille, opéra en 4 actes, livret d’Armand Lunel, d’après l’œuvre de Stendhal, Uraufführung à Paris, Palais Garnier, le 20 mars 1939. Beginn nach einer halbstündigen Einführung mit der Direktorin der Neuinszenierung Renée Auphan um 19.30 Uhr.

Nach der Spätabendfütterung der Wildhühner auf beiden Fenstersimsen im Sturmregen mürrisches Einsteigen auf Espace 2 auf das gleichermassen unbekannte Werk „Le Poète“ von Levko KOLODUB, opéra en 2 actes du compositeur ukrainien enregistré le 27 janvier 2011à l’Opéra de Kharkov sous la direction de Vitalyi Kutsenko. Da die Einführung durch den Ansager verpasst und die Oper russisch gesungen wurde, musste das Werk des unbekannten Komponisten, über den das Internet noch keine Auskunft gibt ausser derjenigen, dass er noch lebt, rein musikalisch verfolgt werden. Wenn man dem ästhetischen Drängen nicht nachgibt, die Musik historisch einzuschätzen und sie folglich als Unterhaltungsmusik akzeptiert, dünkt sie mich ausserordentlich gut gemacht, trotz der Ortungslosigkeit und der Ignoranz gegenüber den Materialständen des 20. Jahrhunderts keineswegs ohne Faszination: ich höre sehr gerne zu und habe während der zwei Stunden für keinen Moment Gefühle der Abneigung oder Eindrücke des Lächerlichen. Der russische Folklorismus ist sehr stark zurückgehalten zugunsten von Momenten, die mir eindeutig bei Frank Zappa gehört erscheinen, nicht Melodien, sondern kompositorische Wendungen mit den eigentümlichen rhythmischen und harmonischen zappaesken Besonderheiten. Von Zappa her kommt diese Musik, passagenweise, indes bleibt sie in allen Winkeln sowohl frei vom Rock und, wichtiger, völlig frei von Gershwin und Bernstein.

Im Zuge der Globalisierung muss man sich darauf gefasst machen, dass musikalische Werke teils unnötigerweise in heldinnenhafter Ausgrabung neu aufgetischt werden und nur Parfumdüfte der Bigotterie verströmen, teils aus Gegenden einen Weg zu unseren Ohren finden, die noch keine Chancen hatten, in den Lehrinstanzen, von denen es bekanntlich ganz unterschiedliche gibt, die grossen europäischen KomponistInnen des 20. Jahrhunderts zu vermitteln. Die Stellung dieser Werke zur Kunst einerseits, zur Kulturindustrie andererseits, bestimmt das Mass des Interesses, das sie auszulösen vermögen. Ich bin nicht gespannt auf das Gesamtwerk von Levko Kolodub, aber einige seltsam schöne und mit Interesse zu hörende Stücke dürfen sicher noch erwartet werden.