Mahlers Sechste

Soeben live auf Bayern 4 Aufnahme vom 7. September 2012 in Leipzig: Nikolaj Znaider, Violine, Gewandhausorchester Leipzig, Dirigent Riccardo Chailly.

Felix Mendelssohn Bartholdy: Violinkonzert e-Moll, op. 64. – Mendelssohn: besänftigend wie immer, wenn auch hier besser gespielt als auch schon gehört.

Gustav Mahler: Symphonie Nr. 6 a-Moll – „Tragische“. – Eine exquisite und superbe Aufführung: Mahlers Musik wirkt aktueller und intellektuell erträglicher, wenn die folkloristischen und dunklen Elemente zwar aufscheinen, aber doch nicht klotzig im Vordergrund herumstehen. So gespielt, ist sie nicht mehr der Boulezschen weiter feindlich. Es gehört zum Luxus unserer Zeit, dass entscheidende Strukturmerkmale eines musikalischen Gebildes zuweilen nicht nur in der Analyse tel quel, sondern triftiger in der Interpretation aufzustöbern sind, von der man eine Zeitlang munkelte, das wahre Musikverständnis müsse sich permanent gegen den Zugriff der Kulturindustrie wehren, könne sich auf die Lektüre des kompositorischen Schriftstückes beschränken und auf die gesellschaftlich-akustische Umsetzung, Darstellung und subjektivistisch getrübte Repräsentation verzichten. Historisch bildet Mahler den Übergang von der Musik als Kunst des Übergangs zur absoluten Meisterung des Übergangs – in der Leipziger Interpretation von Chailly 2012 erscheint ihre Brüchigkeit so klar und in ihren zerfallenen Zusammenhängen so deutlich erkennbar, dass man in ihr die Idee der Modulation schon fast bestreiten und von festen Schichten und verzogenen Decken sprechen möchte, die zueinander allesamt wie in einer Landschaft in einer untergründigen Beziehung stehen.

Freitag, 14. September 2012 um 8:57 pm Themenbereich: Musik                 RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.

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