„Experimentelles“ Traumdispositiv
Vorbemerkung: Diese Notiz geschieht allein wegen der Art des unterbrochenen Träumens, wo wache Phasen mit träumenden über einen längeren, ausgedehnten Zeitraum alternieren, ohne dass ein bestimmtes Thema verlassen würde – nicht wegen den Trauminhalten selbst.
Ich fahre nach einer Tour im Postauto zurück, wahrscheinlich vom Grimsel, zuhinterst im Bus. Noch weit oben, nach weniger als zwanzig Minuten, schaue ich in einer Kurve zurück und sehe, wie man an dieser Stelle, in der Kurve, einen Grat zu sehen bekommt wie unmöglicherweise in solcher Eindrücklichkeit an einem anderen Ort – sowohl die Perspektive wie die Distanz und die Blickhöhe könnten besser nicht sein. Da es nicht in Frage kommt, den Bus anzuhalten, einmal wenden zu lassen, zurückzufahren, dann wieder wenden und an der besagten Stellen stoppen zu lassen, damit ich mehrere Bilder machen könnte, knapp vor, genau an und knapp nach der optimalen Stelle, fahre ich im Bus nach Hause. Das ist nicht Bern, sondern wie in vielen noch gar nicht so viel früheren Träumen der alte Busbahnhof von Luzern. Ich überlege, was zu tun ist, mache mich parat zum Duschen, weiss aber nicht recht, wo ich den Rucksack mit den Kleidern, in denen auch noch fünfzig Franken drinstecken, deponieren soll, ohne dass er geklaut wird. Nun wache ich zum ersten von nicht wenigen Malen auf, sage mir, dass zu duschen gar nicht nötig sei, und suche, nun wieder träumend, einen Platz zum Telefonieren – ob mit einem Handy oder in einer Telefonkabine, ist nicht klar (ich habe am Tag via Zeitung auf Youtube die Sequenz in einem Charly Chaplinfilm gesehen, in der eine Frau mit einem Handy am Ohr eindeutig telefonierend durchs Originalbild aus den Zwanzigerjahren läuft). Ich überlege Verschiedenes und telefoniere mit Verschiedenen, nicht wenige Mal mich auch fragend, ob ich aufstehen solle, ich würde ja doch nicht mehr träumen sondern nur willkürlich traumphantasieren. Durchführbar ist die Idee, dass U.R.d.Ä., der allerdings wie ich selbst kein Fahrpatent hat (was im Traum nicht thematisiert wird), mit einem Lastwagen aufkreuzt. Wir fahren vom Inseli los und sind sehr schnell auf der Grimselpassstrasse in der Kurve, wo die Bildaufnahme auf dem Dach des Lastwagens mit einem Dreibeinstativ, woher es auch kommen mag, tadellos gelingt – es ist nach diesem langen, unterbrochenen Träumen derselbe unwirkliche lange und messerscharfe Grat geblieben, den man unmöglicherweise an einer anderen Stelle auf so beeindruckende Weise hätte fotografieren können.
Das „Experimentelle“ im Titel bezieht sich auf den Traumvorgang und steht in Anführungszeichen, weil es fürs Träumen keine Planung gibt. Fürs Fotografieren der Animation wurde ein grosses Messer auf ein Badtuch geklebt, das über einem Stativ liegt. Im Büchergestell blitzt der externe Flash in der genauen Position der Sonne im Traum. Das Ganze geschieht vor der weissen Stubentür, dem einzigen Fleck in der Wohnung ohne Bild oder sonstige störende Struktur. – Die ersten Bilder wurden äusserst kompliziert sitzend am Tisch mit kleinen Messern durchgeführt; was im Traum besonders erschien, das Bild direkt in der Gratlinie, war dort noch weniger sichtbar als mit dem grossen Messer stehend fingiert.
Sonntag, 31. Oktober 2010 um 4:20 am Themenbereich: Traum RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.