Zwei tschechische Opern
Vorgestern auf Bayern 4 direkt aus München Dvoráks Rusalka (1901) unter Tomás Hanus. Das Werk erscheint mir in den guten Partien wie ein Rinnsal des Rheingolds, nur selten zeigen sich Materialien aus Dvoráks starken Partituren wie beispielsweise der 9. Symphonie „Aus der neuen Welt“. Als Opernkomponist dünkt mich Dvorák nun fade und weit hinter seine Zeit und sein eigenes Vermögen zurückgefallen. Von der skandalträchtigen Inszenierung, in der dem Märchenhaften der verführerischen Mädchenfrauen oder Mädchenseejungfrauen die grauslige Realität der in den letzten Jahren berühmt gewordenen Fälle von Pädophilie entgegengestellt wird, ist im Radio ausser den ihr zuzuordnenden, indes spärlichen Buhrufen nichts zu vernehmen. Da ich beim Hören spontan eine Mädchenidylle halluzinierte und an der musikalischen Interpretation nichts auszusetzen hatte, verstand ich dieselben nicht und überhörte sie.
Gestern auf SWR 2 Janáceks Katja Kabanova (1919-1921) als Live-Aufnahme vom Mai aus Stuttgart unter Michael Schønwandt. Ah, welche Kraft und permanente Inspiration! Kaum ein Moment, wo nicht Materialien aus den besten Instrumentalstücken des Komponisten dem Geschehen Zunder gaben, so dass auch einem Opernhasser der Kiefer nicht selten offen stehen musste. Nicht nur hat das Werk einen Drive, der unaufhaltsam vorwärts in die Katastrophe treibt, sondern die ästhetische Idee des Komponisten ist so durchdacht und einzigartig, dass man sie als ihrer Zeit vorauseilend empfindet, als eine, die heute gerade rechtzeitig angekommen ist.
Montag, 25. Oktober 2010 um 9:56 am Themenbereich: Musik RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.