Drei Varianten von Bauchattacken

1) Die erste Bauchattacke geschah am Abend eines sehr heissen Sommertages 2003, tief unten im Bauch, fünf bis sechs Stunden lang eine Darmkolik, die zum Unwerfen war. Eine Wiederholung gab es erst ein halbes Jahr später, ohne Tageshitze, ohne anzeigbare Ursache. In den nächsten drei Jahr passierten jeweils ungefähr vier mit denselben Eigenschaften. Nur einmal war die Ursache eindeutig: Raclette. Sofort nach der Hämorrhoidenoperation 2006 setzte ein unendlicher Durchfall ein, der fälschlicherweise auf diese Operation und äusserst lange nicht auf die Essgewohnheiten zurückgeführt wurde. Erst im Frühjahr 2009, nachdem sich die Kadenz der Darmkoliken seit einem Jahr so stark beschleunigte, dass innerhalb eines Monats mehr als fünf zu erleiden waren, entschied ich, dass sie mit dem Konsum von Milchprodukten zusammenhängen und bei mir eine Laktoseunverträglichkeit vorliegen muss. Von einem Tag auf den anderen verzichtete ich auf alle Esswaren, von denen es klar ist, dass sie Laktose oder Milchzucker enthalten – und von diesem einen Tag an sind die Darmkoliken nicht wieder erschienen, bis heute nicht mehr.

2) Im Spätsommer desselben Jahres 2009 stellten sich von neuem heftige Bauchschmerzen ein, allerdings nicht tief unten im Bauch, sondern ungefähr in der Mitte. Jede der nicht sehr häufigen Attacken passierte ziemlich genau sechs Stunden nach dem Essen. Dieses bestand immer schon aus viel Gemüse und vielen Früchten, insbesondere Äpfeln. Einige Schmerzattacken waren diffus, als ob der Schmerz aus der Mitte in alle Richtungen ausstrahlte, einige hatten einen kuriosen, aber sehr präzisen Weg, auf dem sie ihr Unwesen trieben: sie begannen im Rücken sehr weit oben, fast unter der Schulter, gingen peu à peu tiefer und wechselten mehrmals die Seite, wie bei einem Murmelspiel. Wenn das Essensstück ganz unten war, hatte sich auch der Schmerz verzogen. Innerhalb von sechs Stunden wiederholte sich das vier- bis sechsmal: nicht das ganze Menü trieb sein Unwesen auf einen Schlag, sondern einige seiner Teile der Reihe nach. Nach langer Lektüre am Internet beschloss ich im Oktober 2009, dass es sich bei diesem Gebrechen um eine Fruktoseunverträglichkeit handele und hörte auf, Gemüse und Früchte mit bekanntem Fruchtzuckeranteil sowie weitere verarbeitete Esswaren zu konsumieren, die diesen besonderen Zucker, der mit dem gewöhnlichen nicht zu verwechseln ist, enthalten. Gemüse gibt es nur noch entkernte Gurken und Zugetti, zusätzlich Kohlrabis, von den Früchten keine ausser manchmal Bananen (weil sie Traubenzucker enthalten, der den Fruchtzucker neutralisiert), im Sommer Himbeeren. Der Hauptteil des Essens besteht neben dem wenigen genannten Gemüse noch aus Reis, Teigwaren, Fleisch, Brot, seltener Ziegenkäse, gewisse Kuchen und dunkle Schokolode. Nach einer verschwitzten langen Wanderung trinke ich nach wie vor einen halben oder einen ganzen Liter Coca Cola, das auf den leeren Magen keine negativen Auswirkungen hat.

3) Dieses Jahr 2010 stellten sich neue Bauchschmerzen ein, die man noch mehr als diejenigen wegen der Fruchtzuckerunverträglichkeit als Attacken beschreiben muss. Sie entstehen später als sechs Stunden nach dem Essen, kommen direkt aus der Bauchmitte und strahlen in alle Richtungen. Wie die Darmkoliken werfen sie einen erbarmungslos um, und man sucht verzweifelt nach einer Stellung, die den Schmerz erträglicher machen würde: zusammengekrümmt in der Hocke, liegend auf dem Rücken, auf der Seite, auf den Zehenspitzen stehend und das rechte Ärmchen die Wand hinauf greifen lassend. Nichts gibt Ruhe, und ich meinte schon aus der Internetlektüre, der ganze Pankraz sei im Eimer. Da ich einen leisen Verdacht hegte, erzwang ich gestern drei Stunden nach dem Nachtessen ein Erbrechen, das kein Ende nehmen wollte, abends um Zehn aber das Übel ans Licht brachte: der frische Blattspinat vom Mittagessen lag immer noch in ganzen Stücken im Magen. Heute Morgen um Sechs ass ich zur Kontrolle genau dasselbe wie gestern Abend, Weissbrot, Salami, Gurke und ein gekochtes Ei. (Normalerweise esse ich um diese Zeit nichts, auch nie am Morgen Fleisch, aber da der Magen über die Nacht nichts mehr zu verdauen hatte und ich diese Kontrolle für sinnvoll hielt, fiel mir die Essenseinnahme nicht schwer.) Siehe da: kein Durchfall stellt sich ein und nicht das Geringste von Bauchschmerzen. Der dritte Feind des Magendarmgebildes scheint in die Falle gegangen zu sein, es ist der Spinat, versteckt hinter den bekannteren Übeltätern des Milchzuckers und des Fruchtzuckers.

Mittwoch, 28. Juli 2010 um 2:40 pm Themenbereich: Kleine Medizin                 RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.

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