Donaueschingen 2017

Die letzten drei Tage diverse Konzerte auf SWR 2.

Gut zu hören:

– Andreas Dohmen: a doppio movimento, für E-Gitarre, Harfe, Klavier und großes Orchester (UA). SWR Symphonieorchester, Experimentalstudio des SWR, Gareth Davis (Bassklarinette), Yaron Deutsch (E-Gitarre), Andreas Mildner (Harfe), Nicolas Hodges (Klavier), Leitung: Ilan Volko.

– Chiyoko Szlavnics: Memory Spaces (appearances), für vierzehn Streichinstrumente (2017), UA. Solistenensemble Kaleidoskop.

– Emmanuel Nunes: Un calendrier révolu, für Ensemble (1969, UA erst jetzt), Remix-Ensemble, SWR Vokalensemble, Leitung: Emilio Pomàrico.

– Francesca Verunelli: Man sitting at the piano I, für Flöte und Player Piano (2017), UA. Michael Schmid, Flöte, Player Piano.

Der Flötist hat nur die eigenen Noten vor sich, deren Seitendarstellung dann wechselt, wenn der gespielte Pianopart, der unmenschlich schnell sein kann, es verlangt.

– Misato Mochizuki: Têtes, für Rezitator und Ensemble (Libretto: Dominique Quélen nach Texten von Lafcadio Hearn) (UA): 1. Prologue (Quélen), 2. Diplomatie (Hearn/Quélen), 3. Le fantôme à la tête coupée (Hearn/Quélen), 4. La multiplication des samourais (Quélen), 5. Le fantôme sans visage (Hearn/Quélen), 6. Epilogue (Quélen). Marino Formenti (Klavier), Paul-Alexandre Dubois (Rezitator), Regie: Frédéric Tentelier, Leitung: Enno Poppe.

– Vor Têtes von Mochizuki auch interessant die Bemerkungen von Karl-Heinz Ott über Lafcadio Hearn, von dem der neunzehnjährige Adorno eine Novelle dramatisiert hatte (Adorno, Eine Bildmonographie, 2003, S. 63).

– Márton Illés: Ez-tér, für Orchester (UA). SWR Symphonieorchester, Leitung: Pablo Rus Broseta.

– Chaya Czernowin: Guardian, für Violoncello und Orchester. SWR Symphonieorchester, Séverine Ballon (Violoncello), Leitung: Pablo Rus Broseta.

– Und die andere Werke, die nicht mit Gefallen zu hören waren? Meistens fehlt das grundlegende Formgefühl, das zwischen einer gewählten grossen Form und den kleinen Details und Übergängen vermittelt, oder man überlässt zuviel dem Improvisationsvermögen der MusikerInnen, die prompt im Sumpf des Einfältigen und der schamlosen Wiederholung feststecken. Die gefeierte Suche nach neuen Konzertformen mit dem angeblichen Ziel der grösseren Offenheit erscheint nun definitv als Ideologie. Die Verfahren, bekannt und nie jemals geliebt schon seit dem Ausfransen der Künste im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts, verbauen dem Neuen den Weg (die Aufführungen sind langweilig und berühren kaum), unterstützen indes ungewollt die plumpen Forderungen der Ökonomie, die intellektuelle Anstrengung („das wahrhaft individuelle sich Konzentrieren“) zugunsten des idiotischen Multitaskings aufzugeben. Neues, das einem den Kiefer offenstehen liesse, erwächst aus einem solchen ästhetischen Normengefüge kaum, um so mehr der Verdacht, die Ableitungen vom scheinbar Bekannten dienten nicht zuletzt der Ablenkung vom künstlerischen Unvermögen.

– Das beste Stück? Chaya Czernowin: Guardian. Eines derjenigen Werke, von denen man denkt, sie sollten nie mehr aufhören, weil man am liebsten in ihnen selbst weiterleben möchte.

Sonntag, 22. Oktober 2017 um 6:31 pm Themenbereich: Musik                 RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.

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