Leerlauftraum
Sehr langer Traum am Ende einer Wanderung, ohne Fotoapparat, aber mit Rennen: es passieren zwar die üblichen Ereignisse, aus denen Alpträume oder sonstwie bedeutungsschwangere Traumverläufe entstehen können – hier geschieht nichts Dramatisches, als ob das Traumgehirn völlig passiv geworden wäre. Ich komme einen Berg herunter und gerate in einen grossen Tannenwald, durchsetzt mit hohen Laubbäumen, wo man nicht das Mittelwallis, sondern die Waadt, Fribourg oder das Chablais erwarten möchte. Der Weg ist breit aber nass und glitschig; einmal sind Stimmen zu hören, von Personen, die auf Nebenwegen bleiben, ungesehen. Dann ein Ereignis, aus dem sich gewöhnlicherweise eine dramatische Wende ergibt: ein grosser Bus fährt durch den Wald herauf, dem auszuweichen schwierig scheint. Er passiert mich aber dann doch so, dass nichts geschieht. Weiter unten kommen ein paar Leute entgegen, die gerade einem Auto entstiegen waren, gerade wie solche, die unweit aufs Land hinaus fahren, um spazieren zu gehen. Obwohl es Sommer ist, wird es sofort Nacht, so dass ich geringfügig in der Orientierung Unsicherheit verspüre und die Leute nach dem Weg frage – eher so, dass es sich um einen freundlich erweiterten Gruss handelt als um eine ernsthafte Frage. Es ist ein typisches Walliser Rentnerpaar, das möglicherweise eine Kurve weiter zwei schwarze Kühlein auf einer Lichtung besuchen geht. Sie murmeln noch etwas von Hunden, und ich sehe mich schon auf der offenen, waldfreien Talebene der heutzutage eher seltenen staubigen Strasse entlang rennen (was ich schon lange nicht mehr kann), in zunehmend schwarzer Nacht, zunächst mit einem kleinen Hund, der um die Beine stiebt, dann zusätzlich mit einem grossen Wolfshund. Ich empfinde keine Angst und beobachte beim Rennen, wie die beiden Hunde sich aufführen, als ob sie (zu) mir gehörten: die Blicke sind nur kurz auf mich gerichtet, als ob sie mir spielerisch demonstrieren wollten, wie unabhängig sie von mir sein könnten, wenn sie nur wollten. Im Moment, da die Nacht undurchdringlich wird, erscheint im Hallogenscheinwerferlicht ein Spielplatz, als ob es eindeutig wäre, dass ich im Osten von Sitten angekommen wäre, von Nax herunter Bramois ohne Wahrnehmung hinter mir lassend, in Vissigen (?), einem Hochhausquartier, in dem ich noch nie war, nördlich des Spitals. Es herrscht eine Stimmung, wie ich sie als Kind liebte, da man im Hochsommer bis weit in die Nacht draussen bleibt. In dieser beleuchteten Sport- oder Freizeitanlage haben alle Kinder eine Stelle von der Grösse eines Quadratmeters, in der sie ihr eigenes Zeichen, am vergleichbarsten mit einem verzerrten chinesischen, zeigen dürfen. Daraus entsteht ein System von Beziehungen. Ich bin nun schon im Anfangsprozess des Aufwachens, in dem ich mich einerseits frage, ob es wohl auch solche gibt, die es nicht schaffen, ihr Zeichen so nah an dem ihrer heimlich Geliebten anzubringen wie sie es möchten und wie sie im Leben später dastehen würden, für sich selbst und für die Meute, andererseits, ob man wohl auf der alten Karte ablesen könnte, dass man an dieser Stelle, die nur eine einzige Strasse aufweist, sehen könnte, dass man nach links gehen müsste, um nach Sitten und zum Bahnhof zu gelangen.
Montag, 6. Juli 2009 um 5:18 am Themenbereich: Traum RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.