Hindemith, Puccini: 2 Opern
Gestern Abend auf France Musique Concert donné le 28 janvier 2012, Opéra de Lyon : Festival Puccini plus.
Paul Hindemith & August Albert Bernhard Stramm, Auteur, Sancta Susanna (1922), Opéra en un acte. Orchestre de l’Opéra de Lyon, Chœurs de l’Opéra de Lyon, Maîtrise de l’Opéra de Lyon, Bernhard Kontarsky, Direction musicale.
Giacomo Puccini & Giovacchino Forzano, Librettiste, Suor Angelica (1918), Opéra en un acte. Orchestre de l’Opéra de Lyon, Chœurs de l’Opéra de Lyon, Maîtrise de l’Opéra de Lyon, Gaetano d’Espinosa, Direction musicale.
Erst jetzt durchschaue ich die Vorgänge der drei aufeinanderfolgenden Opernabende. Puccini komponierte während des ersten Weltkrieges drei stark kontrastierende Kurzopern mit Stoffen aus weit entlegenen Zeitaltern, die schon in der Uraufführung zu einem Tryptichon zusammengefasst präsentiert wurden, als drei Akte einer Einheit, auch vom Komponisten genannt Il trittico. Was in Lyon 2012 geschieht, ist aber nicht unüblich, die Präsentierung der einzelnen Teile je an einem Abend zusammen mit einer Kurzoper des zwanzigsten Jahrhunderts eines anderen Komponisten.
Sancta Susanna ist eines von Hindemiths besten Stücken, selbst in der Trilogie, zu der es mit Mörder-Hoffnung der Frauen und Das Nusch-Nuschi gehört. Die expressionistische Explosion ist ungeglättet, die Form ebenso offen und im Kleinen vorwärtstreibend wie das Dargestellte fast hundert Jahre später gewissermassen zeitgemäss: eine junge Nonne wird wegen ihrer weltabgewandten Glaubenszeremonien von den Mitschwestern bewundert, nach zwanzig Minuten zum Teufel gejagt, als ihr Anbetungsdelirium in einem Orgasmus mit dem Kruzifix kulminiert. (Die Handlung ist in Wahrheit brüchiger und gleichzeitig dynamischer, indem eine Nonne der Sancta Susanna erzählt, wie sie solches eben Erwähnte einmal gesehen hätte, worauf die geistige Anbetung bei Susanne erst sich in eine in der Weise bezeichnete satanische verwandelt; durch die Erzählung im Geschehen wird die ganze Mädchengruppe im Kloster sexuell aufgeladen.)
Das Puccinistück Suor Angelica fällt weit ab und wirkt wie aus dem Zentrum dessen, was das Opernleben so überflüssig und hassenswert macht. Eine junge unverheiratete Frau wird in ein Kloster weggesperrt, da sie ein Kind geboren hat. Nach sieben Jahren erhält sie Besuch, der ihr mitteilt, ihr Sohn sei soeben gestorben, worauf sie sich umbringt. So wenig einen der Stoff in seiner historischen Abstraktheit zu berühren vermag, so wenig hatte schon der Komponist einen musikalischen Weg zu ihm gefunden – die Musik hängt mit nichts verbunden wie als Vorwegnahme von Unterhaltungsmusik aus dem Radio in der Luft.
Samstag, 3. März 2012 um 5:08 am Themenbereich: Musik RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.