Dusapin, Debussy, Bartók
Soeben live auf France Musique Concert donné le 25 janvier 2012 im Auditorium de Lyon, Festival French Kiss, Orchestre Philharmonique de Radio France, Myung-Whun Chung, Direction.
Pascal Dusapin, Uncut, Solo pour orchestre N° 7, Créé le 27 mars 2009 à la Cité de la Musique (Paris). – Das Stück ist, zusammen mit allen vorangehenden Solos für Orchester, auf einer der ganz wenigen CDs, die ich mir seit zwanzig Jahren wieder leistete. Erst heute fällt mir aber eine Art Polyrhythmik auf, die den Einsatz von zwei Händen verlangt, wenn der metrische Prozess verfolgt werden soll. In der Tiefe kompliziert, erscheint es auf der Oberfläche ziemlich einfach, mit der Seltsamkeit, als ob es Debussy und Varèse in der Weise weiterentwickeln würde, dass der Zweite als Vorläufer des Ersten betrachtet werden müsste.
Claude Debussy, La Mer L 190, Trois esquisses symphoniques (1903,1905). – La Mer jünger als Amériques? Wenn man an die Präzision denkt, die eine Vagheit im musikalischen und aussermusikalischen Empfinden auslösen soll, nicht ganz und gar abwegig. (In Dusapins Stück figuriert die Präzision klar auf der Oberfläche und wird dann greifbar, wenn sich die Blöcke in Solostimmen isolieren lassen, gerade so, wie es der Titel der sieben Orchesterstücke nahelegt.)
Béla Bartók, Concerto pour orchestre (1943). – Versimpelter Debussy, aufgemöbelter Gershwin: Bartók hatte viele gute Stücke geschrieben, dieses gehört nicht mehr zu ihnen. Es schaut so frisch aus wie eine Meise, die nur noch auf ihren Sperber wartet.
Zusatz: Verfolgt man die Frage über Kunst und Kommerz, dürfen diese letzten Orchesterstücke Bartóks nicht fehlen. Sie zeigen, dass der Verfall an die gesellschaftliche Notwendigkeit nicht aus Liederlichkeit wie bei SchülerInnen Ligetis oder Berios geschieht, sondern aus der gesellschaftlichen Not und dass diese gleichzeitig aus solchen Werken nicht herauszulesen wäre. Schlimm ist nicht, dass einer um des Überlebens Willen zu den guten Werken kommerziell erfolgreiche hinzufügt, sondern dass aus diesen eine verdeckte Kunst niemals mehr hervorschimmert. Die auf Erfolg abgezielten Stücke sind so schlecht wie die Gesellschaft, der sie gefallen sollen.
Freitag, 24. Februar 2012 um 9:24 pm Themenbereich: Musik RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.