György Kurtág, Endspiel – 3. Hören

Gestern Abend live auf France Musique Uraufführung vom 15. November 2018 in der Mailänder Scala mit Hamm: Frode Olsen, Clov: Leigh Melrose, Nell: Hilary Summers, Nagg: Leonardo Cortellazzi, Chor und Orchester der Mailänder Scala, Leitung: Markus Stenz.

György Kurtág: „Fin de partie“ (Endspiel), Oper in einem Akt nach Samuel Beckett

Beim dritten Mal Hören im Zeitraum von zwei Monaten erscheint mir das ganze Stück vorbehaltlos als Meisterwerk. Es lohnt sich wohl immer, ein Werk schon gut in den Ohren zu haben, wenn man in ihm Entdeckungen machen will – und dieses Hören bestand aus einem Fluss ununterbrochener, begeisternder Entdeckungen. Denn die löcherigen, zerfallenen Partien – und es gibt nur solche – werden im quasi informierten, vorgespurten Hören gehaltvoll, plastisch und diskursiv wie die alten Körperpartien, die kraftlos die Bewegungen aufhalten, durch geduldige Physiotherapien wiedererstarken. Ich vertraue endlich der Kurtágschen Konstruktion und darauf, dass sie das im Zerfall Erscheinende in einem virtuosen Band zusammenhält, souverän, nicht nur sporadisch. Ich habe lange gebraucht, um die ästhetische Intention im Trümmerhaufen wahrzunehmen – rekonstruierend verstehen tue ich sie noch nicht – dass das Neue dann zu packen wäre, wenn das Herkömmliche nicht nach einem Prozess des Zerfalls, sondern im Prozess selbst aufgegriffen wird. Erst jetzt will mir das Progressive in Kurtágs Musik wie Schuppen von den Augen fallen.

Donnerstag, 7. Februar 2019 um 5:12 am Themenbereich: Musik                 RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.

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