Kunstunterricht

Abends gleich nach der Disco im Zwei über Messiaens La Nativité du Seigneur, also beim Zubettegehen, überlegt, wie man der Regression der Lernenden an den heutigen schweizerischen Kunsthochschulen entgegenarbeiten könnte: durch vorübergehendes Ersetzen des Unterrichts über Techniken und Technologien durch gewöhnliche soziologische Kurse. Kunst soll nicht weiterhin eine Variation dessen sein, was infantil am Fernsehen geschieht, sondern wieder angestrengte Auseinandersetzung mit handfesten Gesellschaftsfragen. Was bedeuten die Begierden der Massen in allen Gesellschaften der Welt nach reaktionären Politikern und Politiken? Wieso besteht in allen westlich-nördlichen Gesellschaften kein Interesse an vernünftigen ökonomischen Beziehungen zu den afrikanischen, obwohl alle Informationen, die einen zu solchem nötigen, auf dem Tisch liegen? Wieso lässt man es wie ein Naturereignis über sich ergehen, dass die Chance in der sogenannten Finanzkrise nicht am Schopf gepackt wird, die massiven globalen Beziehungsverhältnisse im Rahmen von UNCTAD-Programmen neu zu regeln? Usw. usf. – Am Ende eines fast sechsstündigen Schlafes um vier Uhr ein Traum, wie ich als Schüler nicht einer Kunst-, sondern einer allgemeinen gymnasialen Schule an der Wandtafel stehe und meine Hausaufgaben oder vielleicht besser meine Projektarbeit erkläre. Ich würde in einem abstrakten, 30 x 30cm grossen Ölbild, das im Gesamten wie ein Schmutzfleck aussieht, das ich tatsächlich einmal gemalt hatte (und möglicherweise immer noch im Keller aufbewahre) und das während des mehrwöchigen Malens ideellerweise aus 5cm grossen Quadraten bestand, dessen Grenzen peu à peu verschwanden, nach dem Scannen einen 10 x 15cm grossen Ausschnitt von einer Stelle des Bildes an eine andere kopieren. Ich vollführe die Arbeit im Traum an der Tafel oder am Beamer (habe in Wirklichkeit noch nie ein solches Gerät bedient), und das Bild wird immer schöner, von wirklichem Kopieren kann nicht die Rede sein – schöner aber offenbar nur für mich. Ich erkläre der Klasse, wie mich nun interessiere, wie sich die Spannungen zwischen den Quadraten, die man als solche ja nie hatte erkennen können, verändern würden. Die Wortmeldungen meiner MitschülerInnen zielen alle auf dasselbe: dass meine Arbeit an Seichtigkeit nicht zu übertreffen sei und ich der wirklichen künstlerischen Auseinandersetzung wie gewohnt aus dem Wege ginge.

Dienstag, 23. Dezember 2008 um 5:24 am Themenbereich: Traum                 RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.

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