John Cage im Pariser Hôpital de Toux

Soeben direkt live auf France Musique aus dem Théâtre de la Ville in Paris das John Cage-Konzert „Vocal pieces / Freeman Etudes / One9“ mit Mayumi Miyata sho (solo), Carolin Widmann violin (solo), Exaudi Vocal Ensemble (12 singers), James Weeks direction.

Ear for EAR (Antiphonies, 1983), Ensemble vocal Exaudi, James Weeks, direction. – Grosse Spannung zwischen zwei mönchischen Männerstimmern und einer ebensolchen mit Riesenhustern im Publikum.

Freeman Etudes 2 et 3, pour violon solo (1977-1990), Carolin Widmann, violon. – Irvine Arditti hörte ich das ganze Stück (1-32) spielen in Frankfurt am 18. 9. 1992. Auch hier heute wieder die ebenso starke Faszination von damals.

Four Solos (1988), Ensemble vocal Exaudi, James Weeks, direction. – Vier freigelassene Cathy Barbarians auf der Bühne; endlich stoppen die PariserInnen das Husten und lachen, zaghaft.

Freeman Etudes 16 et 27, pour violon solo (1977-1990), Carolin Widmann, violon. – Das Pariser Publikum scheint zu wenig diszipliniert, als dass es mit den kompletten Freeman Etudes beglückt werden dürfte. Schade, für mich, jetzt & hier. Die Musik dünkt mich wie vor zehn Jahren ausserordentlich locker & luftig, völlig unangestrengt. Ich klatsch unter Kopfhörern … nur die unzivilisierten Eingeborenen von Paris husten, HUSTEN alles raus, was ihre Raucherlungen hergeben!

Four2 (1990), Ensemble vocal Exaudi, James Weeks, direction. – Cages Musik im Kampf gegen einen Stall belegt mit einem Troupeau von Hustern.

One9, nf 8, pour shô solo (1991), Mayumi Miyata, shô. – Auch im grauslichen Frankfurt war diese Musik schön, 1992, aber viel länger, in einem der letzten von vielen Cagekonzerten. Einige HusterInnen in Paris ertönen mittlerweile wie schon halbwegs in die Hölle abgesunken; der Engelsmusik können sie indes nichts mehr anhaben.

Hymns and Variations pour douze voix amplifiées (1979), Ensemble vocal Exaudi, James Weeks, direction, Christophe Mazzella, réalisation sonore. – Zum Einschlafen geht’s. Ich träum von den Four Solos und den kompletten Freeman Etudes, in denen niemandem etwas weggenommen worden ist wie hier den Tönen ihre Harmonie. Sollen Töne blutt sein?

Ein Tip an die Kulturingenieure des Meliorisationsamtes von Paris wäre es vielleicht, bei den Theatern eine Leibesvisitationsapparatur aufzustellen und alle, die ein Päckchen Françaises, Gitanes oder Gaulloises auf sich tragen, vor den Stadtmauern von Paris auszusetzen. Incipit cultura.

Montag, 12. Dezember 2011 um 10:06 pm Themenbereich: Musik                 RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.

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