Alfred Schnittke: Sinfonie Nr. 5

Gestern Abend auf SWR2 Konzert vom 10. Juni in Stuttgart, Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR, Leitung: Vassily Sinaisky.

Alfred Schnittke: Sinfonie Nr. 5

Mit Schnittkes Musik konnte ich mich nie recht anfreunden, weil mir der Bezug zur Vergangenheit als Feigenblatt erschienen war, das den Komponisten davor bewahren sollte, zur Gegenwart Stellung zu nehmen – sie dünkte mich unredlich. In dieser negativen Haltung hörte ich gestern die fünfte Sinfonie, und sehr auffällig schien mir, wie sie ganz altertümelnd Melodien folgte, deren ruppige Aneinanderreihung das Fehlen konstruktiver Innovationen offenbar zu übertünchen hatte. Es dauerte indes nicht lange, bis mein grimmiger Blick wie eine falsche Maske zu Boden fiel und ich merkte, dass ich dieser Musik völlig gespannt folge. Denn offenbar tut diese Musik nur an ihrer lauten Oberfläche so, als ob sie wie in einem Geneleralbass der Melodie oder Melodiefetzen nachgeordnet wäre. In einem stetigen Prozess, nicht unähnlich einer permanenten Variation, geschieht ein Verschmelzungsprozess, in dem das Ganze zu einer Konstruktion erwächst, die erst am Schluss auf es zurückblicken lässt. Der Vorgang im ästhetischen Werk dünkte mich zunehmend unergründlich und deswegen immens spannend. Die Musik erzeugt keine positive Erwartungshaltung, in der sich eine Spannung aufbaut, die sich an einem Kulminationspunkt zu entladen hätte, aber am Schluss ist man darüber verblüfft, was für ein wunderbares Ganzes sich ergeben hat, das einer eigenen, keineswegs veralteten Sprache folgte – und in der Tat wäre ich ihr ganz gerne noch weiter gefolgt. Vielleicht sollte man diesen Komponisten wieder vermehrt zu hören bekomme

Samstag, 8. Oktober 2011 um 5:40 am Themenbereich: Musik                 RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.

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