Der Bümpliz-Glacier am Kalben

Wer meinte, der einsetzende Regen führe auch zu einer Schnee- und Eisschmelze, irrte heute nicht schlecht. Weil ich von oben herab ein paar apere Flecken auf dem Indermühleweg sehen konnte, machte ich mich nach dem kargen Mittagessen auf den Weg zur Futterbeschaffung. Nach 50 Metern starrenden Blickes Ernüchterung: die Bodendelle vor dem Alten Schloss geriet zum reinsten Märjelensee mit treibenden Schollen auf glitschigem Grund, am weitläufigen Rand urzeitliche graublaue harte Eisgebilde, ums Schloss herum selbst, als hütete der Wirt Aktien der benachbarten Klinik Permanence (später dann Permafrost) und hätte Interesse am Patientenchange dortselbst, nackte Eisglätte bis über den Grand Bisse de Bümpliz hinaus, der sich zu einer formidablen Remaye verwandelte. Gelingt der Sprung über den Spiegelsteg der Gletscherspalte, der auch bei normalen Schneeverhältnissen ohne Eis gefährlich ist, weil er an eine unebene scharfe Kurve anschliesst, muss man sich etwa hundert Meter an der Ostwand des Fellerguts entlanghangeln, bis die Futterstelle erreicht wird, die uns Gebrechlichen als nächste geboten wird. Erst vor der Haustüre wieder zurück gewähre ich, wie der Himmel voll Lärmen dröhnt, als just ein Eisberg vom eigenen Zimmerdach neben mir in den Zufluss des neuen Sees herunterstösst. Nicht nur das Kalben verursacht ein Krachen, das alleine einen nicht wenig faszinieren würde, sondern auch die Flüge der Helikopter, die seit Tagen kaum je pausieren und geradewegs, mal von Süden, mal von Westen oder Nordwesten, die Insel anfliegen. Wer jetzt auf K-Nord liegt, hat nichts zu spassen. Die Helikopter landen auf dieser Ebene, wo dann die Türen fürs Zwangspublikum unendlich lange offenstehen und einen der Rotorenlärm so in die erst gerade neu zusammengesetzten Knochen fährt, als würde einer am Kopfende des Bettes mit einer Motorsäge spielen. Ist ein Bett in diesem Raum gerade leer, wird es nächstens von einem belegt, der auf diese Weise sein Eintreffen angekündigt hat. – Es gibt einige Menschen in dieser wohlgepflegten Gegend, die nichts sehnlicher wünschten als ein paar Stunden wahrhaftiger Sonnenwärme, die die Bodenverhältnisse wieder etwas humaner erscheinen liessen.

Montag, 19. Januar 2009 um 4:14 pm Themenbereich: Vermischtes                 RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.

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