Zwei zähe Zitadellen (3)

Noch ein Nest entdeckt, oder vielmehr eine Kluft geöffnet zum Schluss, denn in der Tat verlocht erscheint es, und Grossvater hat immer von da einen Goldklumpen aufbewahrt: Ruden zuunterst in der Gondoschlucht, also Gondo, auch Zwischbergen hinter allen sieben Bergen. – Aber vererbt hatte jener nur, mir, das Sehen der Dinge („Schau, ein Berg!“), nicht ihre Wertschätzung („Da könnte man einen Lift montieren, in Aproz das vom Vieh verschmähte Wasser fassen und dann dick verkaufen…“).
Nervig gestern Abend war nicht die Tatsache, dass doch nicht alles im Wallis gesehen worden wäre, sondern die Frage, ob dem Ereignis als Herausforderung begegnet werden solle oder mit Schulterzucken, das dem Unperfekten Beifall zollt. Man darf immer auch so interpretieren, dass nicht die Strafe des Nachsitzens heute vollzogen worden wäre, sondern der puren Gelegenheit gefolgt wurde, Gondo kurzfristig zu besuchen als wäre nichts Weiteres und kein weiterer Zwang dabei. – Die Schwitznässe in den Kleidern nach einer Stunde Rennen bergauf, wo das Zwischberger Zentrum nur knapp nicht erreicht wurde, bergab, wo der Bus glücklicherweise knapp nicht verfehlt wurde, deutet auf anderes; das ganze Jahr war sie nie so triefend.
Wenn der Vergleich erlaubt wäre, erschiene Trient am anderen Ende der Walliser Welt gegenüber Gondo wie ein sonnenwarmes Hochplateau. In Trient sah ich neben dem Busschauffeur und einer Bewohnerin, die nach Hause ging, niemanden, gleich wie in Bourg St-Pierre am selben Tag, in Gondo selbst wie auch im steilen Hang nach Zwischbergen war ein Kommen und Gehen wie auf Zürichs Bahnhofstrasse. Wer die Leute fragt, „Wohin des Weg’s?“ bekommt ohne Ausnahme dieselbe Antwort: „Von Gondo nach Ruden.“ „Von Zwischbergen nach Gondo.“ „Von Ruden nach Zwischbergen.“ Für Gwundrige: sie reden reines flottfliessendes Walliserdeutsch.

Freitag, 10. November 2006 um 6:45 pm Themenbereich: Zügige Sprüche                 RSS 2.0 Both comments and pings are currently closed.

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