Frankfurt/New York 1998
Als große Ausnahme gelingt es Balke, das wundersame Werk von Deleuze so griffig und plausibel darzustellen, dass der Eindruck entsteht, auch die Bücher jenseits des Anti-Oedipus und der Kafkaschrift seien dem braven Alltagsverstande zugänglich – mir werden sie immer fremder, da der Widerspruch als die extremste Form der Rätselhaftigkeit von Deleuze zwar ohne Unterlass beschimpft wird, nirgends auf nachvollziehbare Weise aber kritisiert, auf eine Weise, dass der Eindruck entstünde, es dürfe über diese Frage diskutiert werden. Balke gelingt immerhin das Kunststück, die Haltung des Philosophen als ganze derartig durchsichtig zu machen, dass dieselbe in bezug auf den Widerspruch zwar immer noch mysteriös dasteht, für sich selbst aber alle Verdächtigungen des Irrationalismus, der abgedichteten Eigenbrötelei und der provokativen Nichtdiskursivität abzuhalten vermag. Gelingt eine Lektüre sowohl der frühen wie der letzten Deleuzepassagen immer noch nicht – wenigstens in den deutschen Fassungen – kann nun endlich auf nichtnervöse Weise wenigstens sekundär ein fundierter Blick in sie geworfen werden. Vielleicht benötigen wir noch ein paar weitere Werke dieser besonderen Art, bis das Besondere ihres Gegenstandes debattierbar wird; vorläufig zündet mehr das wiederholte Einfache als das komplexe, differenzierte Gebilde selbst, eben weil es das Rätselhafte selbst zur Sprache zu bringen keinen Willen zeigt.
Das Buch leistet gegenüber Deleuze ähnliches wie
München 1999
gegenüber Derrida. Obwohl es zu diesem Philosophen eine Menge guter Texte gibt, ist es eines sowohl der besten wie der grundlegendsten, weil es einem sogar die Phänomenologie verstehbar zu machen weiß. Ebenso angenehm fällt auf, dass auch Akteure gerade dieses Lagers – und es gibt doch mehrere bei Derrida – imstande sind, Derridas Flausen mit Heidegger etwas auf die Seite zu schieben; sie sind beileibe nicht das Wichtigste bei diesem Philosophen.