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Ueli Raz
Scribble's errancing
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Archive ab August 2005



September 2005
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Nur in Scribble's errancing:


Notizbuchforum

Vorsingen, lauthals

Ähnlicher Traum wie im Fernsehstudio am 6. September 2005, nach fünfstündigem tiefem Durchschlafen. Ich singe vor einer improvisiert eingerichteten Kommission, vielleicht einer Militärkommission, aus voller Kehle (was ich überhaupt nie gemacht hatte und auch gar nicht kann), ende, da ich über mein Vermögen verblüfft bin, bewusst falsch, was durchschaut und vom Prüfer damit kommentiert wird, dass diese Schlussphrase, Schlussklausel sehr wohl Sinn mache. - Geht es darum, innere Bereitschaft zu haben, etwas oder jemanden zu verraten? Oder nur, etwas noch Verborgenes als Fähigkeit zutage treten zu lassen? Unbehagen, nicht sehr schweres.
lala am 30. 9. 2005 um 03.23 Uhr [link]

Jean Ziegler und Hugo Gisler

Es ist schwierig, nur Mensch ohne weitere Zusätze zu sein und zusehen zu müssen, dass andere Wesentliches in die wunderliche Welt zu setzen vermögen. Sie tun es immer und unentwegt - wir schauen zu, wenn auch im mindesten.
ur am 28. 9. 2005 um 10.03 Uhr [link]

Musik 2005

Es vollzieht sich im Versteckten eine Verdummung im musikalischen Luxus, weil es so viele gute Werke gibt, dass von den nachfolgenden unweigerlich eine Ablenkung ausgeht. Gäbe es nur wenige einzelne aus dieser Fülle und würden wir nur dieselben mehrmals hören, eben weil nur diese zu hören wären - die meisten erschienen uns als das, was sie sind, als Meisterwerke, mit denen als solche Umgang gepflegt würde. Die Masse erscheint beklagenswert nur am gesellschaftlichen Rand und hat doch bereits alle müdmachenden Merkmale des überquellenden Luxus.
lala am 26. 9. 2005 um 19.30 Uhr [link]

Samisdat nicht rühmenswert

Nach aufgehalster Lektüre Wenedikt Jerofejew's Die Reise nach Petuschki. Ein Poem durch eine der wegrationalisierten Amtsstubten des eidgenössischen Finanzdepartements verduftet der Zynismus aus der Phrase, die Zensur der Sowjets hätte sich an denjenigen Massstäben orientiert, die im Westen nur theoretisch diskutiert wurden, ohne im Literaturbetrieb vernünftige Anwendung zu finden. Dass dieses "Poem" - wehrt Euch, Dichter! - auf Deutsch jetzt gleich in einem dritten Verlag erscheinen soll, nachdem es in der Sowjetzeit der Siebziger- und Achtzigerjahre nur als Samisdat zirkulierte, um nach dem Verfall jener Zeiten als Riesenerfolg zu glänzen, wirft ein fahles kaltes Dämmerlicht aus unbegreiflicher Ferne auf das kritische Potenzial des deutschsprachigen Verlagwesens. Ein chronisch Besoffener beschreibt im sprachlichen Horizont eines nüchternen Zehnjährigen willkürlich und ohne inneren Zusammenhang ein paar Momente vor und während einer Zugreise von Moskau in das etwas mehr als 100 Km weit entfernte Petuschki. Keine Ahnung, an welcher Stelle im winzigen Büchlein oder auf welcher Ebene der ästhetischen Reflexion nach der Lektüre LeserInnen je etwas Bemerkenswertes zu formulieren hätten erwägen können.

Gerade sagt mir Maunzidong: "Man sollte dem schlechten Buch als Umschlag eine Schnapsetikette aus unserer Produktion überziehen, die aus einem Sortiment stammt, das nota bene für diejenige hergestellt wurde, die uns den ganzen Russenschnaps einbrockte."




ur am 21. 9. 2005 um 17.10 Uhr [link]

Pas de Maimbré

Vor mehr als fünfundreissig Jahren, als Anzère aus nur zwei Ställen bestand und knorriger noch Antsère hiess, allerdings schon damals eine Seilbahn vor jenen zu installieren wusste, führten die Grosseltern ihr Wundernasenferienkind an einen der schönsten Plätze des Wallis, von welchen sie daraufhin ihm noch einige weitere zu präsentieren wussten. Als die Wundernase begonnen hatte, diese Landschaft gletschersoziologisch in all ihren verwinkelten Klüften unter die Lupe zu nehmen, brauchte sie nicht weniger als zehn lange Jahre, um diesen Ursprungsort der Wahrnehmung des Wallis als paradiesischer Landschaft, welcher Name der Grosseltern Adresse war, wieder zu erkennen. Mit Fug wäre nichts entstanden, wenn ich 1995 mich an den Namen erinnert hätte und nur der Erinnerung wegen dorthin gegangen wäre.
ur am 16. 9. 2005 um 18.27 Uhr [link]

Dummes Unbewusstes

Sehr lange Traumgeschichte in langem Tiefschlaf, über sechs Stunden. Am Schluss im Fernsehstudio, wo Leute aus dem Volk eigene Erlebnisse in der Natur kurz und bündig zu präsentieren haben, filmisch. Mein Beitrag kommt in die enge Wahl, eignet sich dramaturgisch besser als andere. Alles geht problemlos, niemand wird lächerlich gemacht, keiner besonders gelobt, auch ich nicht. Aufwachen mit sehr grossem Peinlichkeitsgefühl. Nicht der Inhalt ist peinlich, das Mitmachen bei belanglos Volkstümlichem, sondern das völlige Fehlen von Widerständigkeit gegenüber den Fernsehleuten. Wir machen immer mit.
lala am 6. 9. 2005 um 05.06 Uhr [link]

Monte Moro Traum



Auf dem regulären markierten Weg in der Felswand eines Tales mit friedlichem Motorengeräusch der Landwirtschaft. Auf den Weg gelange ich wegen eines Tipps von jemandem im letzten Tal. Der Weg hat eine eigentümliche Sicherung: ein Fixseil ist auf eine Eisenplatte montiert, die fast den ganzen Weg überdeckt. Es hat nur der halbe Schuh Platz, wenn er sich unter die Platte schiebt - die Ferse ist immer über dem Abgrund. Nach zirka einem Kilometer ragt wegen eines Wegabsturzes die Eisenplatte 10 cm über die Felsen hinaus - den ganzen Weg wieder zurück? Nein: Aufwachen am 26. Oktober 1996.

Am 20. September 1998 hat es auf dem Moropass schöne Bilder gegeben - eine Stelle auf dem Weg erinnert im nachhinein etwas an den alten Traum. Ob es 2005 noch möglich wäre, solche zu wiederholen, ohne Eismeer? So viel Dunst wie dieses Jahr hat das Wallis nie eingedeckt, und wenn er sich zurückzieht, wird die Kälte als Übel ihren Auftritt haben. Mal schau'n!
ur am 5. 9. 2005 um 22.02 Uhr [link]

Zweiweltentheorie

Der moderne Mensch ist nicht mehr Bürger zweier Welten, derjenigen des Sinnlichen und derjenigen des Vorgestellten. Im Zuge der Ökonomisierung und der Verwissenschaftlichung hat sich die erste in diejenige der Tatsachen, der Verknüpfungen in kleine logische Schritte und des Bezahlbaren verwandelt, diejenige des Imaginären in die der Kritik. Brücken zwischen ihnen fallen peu à peu dem Terrorismus zum Opfer, dem der Macht in den westlichen Ländern. Die Bürger der zweiten Welt werden von den Sachverständigen der Naturwissenschaften und der Wirtschaft in die Flucht geschlagen. Aber sie gehören zur selben Welt.
ur am 2. 9. 2005 um 11.55 Uhr [link]

Stier

Die Schlangen auf Ijoli sind langzeitig über alle vernünftigen Massen hinaus behütet. Den furchteinflössenden Muni vom letzten Jahr mit den gelben Stierenaugen und der halbmeterlangen Zunge im schrägen Grind scheint man nun definitiv dort installiert zu haben. Auch Siegfried würde an dieser Stelle nicht ohne Schwert zu den lustigen Drachen vordringen wollen. Keineswegs fühle ich mich als Angsthase. Aber Hoffnung besteht allein darin, dass Susann, Little Emil oder eine der anderen acht Vipern den dicken Schlägertypen bei den Hörnern zu packen oder sonstwo zu pieken vermögen.
ur am 1. 9. 2005 um 21.11 Uhr [link]

Tänzerinnen

Nach einer weiten Reise sind gestern die Tänzerinnen in unserer Disco eingetroffen. Sie zeichnen sich durch ein äusserst vornehmes Geblüt aus, haben sie doch ihre eigene Königin.

   


ur am 1. 9. 2005 um 20.18 Uhr [link]






Ur    Lala   Tsi ("Doggy") Dong