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19. 08. 2005: "Warenbild"
Man hat sich ausgiebig mit den Fragen des Bildes als Ware abgegeben und die Momente in allen Richtungen hin dargestellt, wenn ein Gebilde nur stereotyp, subjektivistisch und schematisch rezipiert wird, ohne Aufmerksamkeit und Interesse auf das hin, was neu in seiner Entstehung und in seinem Gehalt sein könnte. Die Erscheinungsform wird zu der der grossen Industrien: Nike, Coke, Teufel'n'Bush, Sony, Migros, ARD, Warner, Wergo, Emi etc. sind die relevanten Punkte im künstlerischen Referenzsystem, nicht das Unbekannte und Rätselhafte, das zum Nachdenken Anlass gäbe. Mit der digitalen Mutation des Kapitalismus in den euroamerikanischen Zentren zur Überflussgesellschaft, in der einem Teil der Schlauen und Glücklichen zumindest im Bereich der immateriellen Güter nichts mehr unzugänglich zu sein scheint, ist eine zusätzliche, erweiterte Degenerierung vonstatten gegangen. Es wird neuerdings die moralische Grundidee, die die ganze Ideologie der Masse getragen hatte, dass alle ihre Dinge mit Ausnahme der Anmassungen ihrer Chefs ihren Preis haben, mit Verve und grosser Selbstüberzeugung von sich fern gehalten. Sobald ein Bild an einer beliebigen Stelle erscheint, erscheint es dem Rezipienten als ein Gebilde, das ihm an jeder von ihm gewünschten Stelle in jeder denkbaren Form technischer Qualität erweitert erscheinen soll, nicht mehr als Ware einer Firma, die ihren Preis hätte, sondern als Freeware einmal und als Crack ein andermal, als Dinge des Verwöhnten fetten Kindes, das nur noch wünschen und ansammeln kann und in Verwunderung die Augen reibt, wenn es über alle diese Dinge, die ihm über den Kopf wachsen und die es nur als blossen Haufen erlebt, im einzelnen sich äussern soll. Zum Heulen, ihr.